Scheinwerkvertrag: Überlassungserlaubnis schützt nicht

Für Unternehmen birgt ein Scheinwerkvertrag mit einem Dienstleister ein hohes Risiko. Viele hofften bisher, dass sie dieses Risiko minimieren könnten, indem der Dienstleister eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorweist. Doch das LAG Baden-Württemberg urteilte nun anders.

Beim Blick in das Gesetz ist klar: Hat ein Verleiher nicht die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, so sind sämtliche Verträge – also zum Entleiher wie zum Leiharbeitnehmer – nach § 9 Nr.1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) unwirksam. Die Folge: Qua Gesetz (§ 10 Absatz 1 AÜG) gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen. Beginn ist der für die Tätigkeit vorgesehene Zeitpunkt, zudem kommen Equal-Pay-Ansprüche in Betracht.

Sicherheitserlaubnis als Schutz vor § 10 AÜG

Für einen Entleiher ist das ein sehr riskantes Ergebnis. Aber auch, wenn Unternehmen Werk- oder Dienstverträge statt Zeitarbeit mit einem Dienstleister vereinbaren, kann die Folge von § 10 AÜG teuer kommen. Stellt sich nämlich ein Werk- oder Dienstvertrag – aus welchen Gründen auch immer – in der Gesamtbetrachtung als Scheinvertrag zur Umgehung von Arbeitnehmerüberlassung heraus, so wäre § 10 AÜG direkt anzuwenden – wenn keine Erlaubnis zur Überlassung besteht.

Daher sind einige Dienstleister dazu übergegangen, zur Sicherheit eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu beantragen. Gerade im Grenzbereich zwischen Werk- oder Dienstvertrag auf der einen und Arbeitnehmerüberlassung auf der anderen Seite, sollte eine Erlaubnis vor der Folge des § 10 AÜG schützen. Zumal das BAG die analoge Anwendung des § 10 AÜG zumindest im Zusammenhang mit der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung kritisch sieht. Die Praxis einer Erlaubnis quasi auf Vorrat und zur Sicherheit hat das LAG Baden-Württemberg nun jedoch als rechtsmissbräuchlich beanstandet. In der Folge haben die Richter ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher bestätigt.

Scheinvertrag: eingegliedert und weisungsgebunden

Im konkreten Fall verlangte ein Entwicklungsingenieur ein Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzbetrieb, der Firma Evo-Bus in Mannheim. Seit 2011 war er durchgehend in derselben Abteilung auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt. Vertraglich angestellt war er jedoch nacheinander bei drei verschiedenen Drittfirmen. Der Einsatz erfolgte über sogenannte Rahmenwerkverträge zwischen den Drittfirmen und Evo-Bus.

Das LAG war jedoch davon überzeugt, dass der Ingenieur voll in die betriebliche Organisation bei Evo-Bus eingegliedert war. Zudem unterstand er nicht (nur) den Weisungen seines vertraglichen Arbeitgebers, sondern gerade im Hinblick auf seine Arbeitsleistung dem Weisungsrecht des Einsatzunternehmens, was trotz gegenteiliger vertraglicher Bezeichnungen bewusst so gewollt war. Laut LAG lag demnach ein Scheinwerkvertragsverhältnis vor.

Rechtsmissbrauch: Vorrats-Erlaubnis schützt nicht

Zwar verfügten alle Drittunternehmen über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Es stelle  jedoch ein widersprüchliches Verhalten sowohl der Drittfirmen als auch des beklagten Unternehmens Evo-Bus dar, sich nunmehr auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis mit der jeweils bestehenden (Vorrats-) Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu berufen, argumentierte das LAG. Schließlich gehe weder aus dem Arbeitsvertrag zwischen dem Ingenieur und den Drittunternehmen, noch in den Werkverträgen zwischen den Drittunternehmen und Evo-Bus transparent hervor, dass der Einsatz als Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können.

Vielmehr haben sich Verleiher und Entleiher während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des AÜG stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Klägers zu verhindern versucht. Da sich die Verleiher nicht auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen dürfen, ist der Arbeitsvertrag zwischen den Drittunternehmen und dem Kläger nichtig. Es gilt vielmehr sei ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen.

Ob das LAG eine grundsätzliche Entscheidung treffen wollte oder ob die Eigenheiten des Einzelfalls zu diesem Ergebnis geführt haben, lässt sich wohl erst bei Vorlage der Entscheidungsgründe (bislang liegt erst eine Pressemeldung vor) beurteilen. Danach wird sich wohl auch klären, ob sich auch das BAG mit dieser Fallkonstellation noch beschäftigen muss.

Hinweis: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 3. Dezember 2014, Az. 4 Sa 41/14; Vorinstanz: ArbG Stuttgart, Urteil vom 8. April 2014, Az. 16 Ca 8713/13

Schlagworte zum Thema:  Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag