Kein Anspruch auf bessere Leiharbeitnehmervergütung

Eine Arbeitnehmerin hat keinen Anspruch auf ein höheres Gehalt, das vergleichbaren Leiharbeitnehmenden gezahlt wird. Das stellte das LAG Mecklenburg-Vorpommern fest. Der Gleichstellungsgrundsatz schütze Leiharbeitnehmende vor einer Schlechterstellung, nicht aber Stammarbeitnehmende. 

Um gesetzliche Schutzvorschriften in der Leiharbeit gibt es viele rechtliche Auseinandersetzungen. Oftmals weichen die Arbeitsbedingungen sowie die Vergütung von Leiharbeitnehmern und Leiharbeitnehmerinnen negativ von denen der Stammarbeitnehmenden ab.

Im vorliegenden Fall war das anders: Die Leiharbeitnehmer und -arbeitnehmerinnen wurden besser bezahlt. Anlass für die Beschäftigte eines Callcenters, Auskunft über die Arbeitsbedingungen und insbesondere die Vergütung der entliehenen Kolleginnen und Kollegen zu fordern. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied, es handelte sich bei ihrer Beschäftigung nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung. Einen Anspruch auf die gleiche Vergütung schloss das Gericht aus.

Der Fall: Ist Arbeitnehmerin eigentlich Leiharbeitnehmerin?

Die Arbeitnehmerin war seit Januar 2013 als Callcenteragentin in einem Servicecenter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kein Tarifvertrag Anwendung. Der Arbeitgeber ist ein konzernabhängiges Unternehmen mit bundesweit rund 2.500 Mitarbeitenden an 21 Standorten. Mit etwa 900 Mitarbeitenden hat das Unternehmen selbst einen Arbeitsvertrag geschlossen. Darüber hinaus setzt das Unternehmen Leiharbeitnehmende ein - von diesen sind mehr als 1.500 Konzernangehörige, rund 70 stammen aus konzernfremden Unternehmen.

Die Arbeitnehmerin arbeitet an einem Standort mit 45 Beschäftigten. Sie selbst und eine weitere Mitarbeiterin sind aufgrund eines Arbeitsvertrags mit dem Unternehmen selbst beschäftigt, während die Teamleiterin und unmittelbare Vorgesetzte sowie die weiteren Beschäftigten von einem (konzernangehörigen) Unternehmen entliehen sind. Weitere Vorgesetzte sind aufgrund der besonderen Konstellation nach der Postpersonalreform verbeamtet und dem Arbeitgeber zugewiesen.

Leiharbeitnehmer erhalten mehr Gehalt

Die entliehenen Callcenteragenten erhalten eine deutlich bessere Vergütung als die Arbeitnehmerin. Mit ihrer Klage machte die Arbeitnehmerin geltend, dass sie ebenfalls als Leiharbeitnehmerin beschäftigt werde. Sie verlangte gerichtlich Auskunft über die für vergleichbare (Leih-)Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts. Ziel war es, Ansprüche auf gleiches Gehalt wie das der Leiharbeitnehmenden geltend zu machen.

Als Begründung für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung brachte sie vor, dass nicht der Arbeitgeber den Betrieb führe, sondern das (konzernangehörige) Unternehmen, das - abgesehen von den Führungskräften - auch den größten Teil der Callcenteragenten stelle. Die Leitung der Betriebsstätte liege ausschließlich in ihren Händen, argumentierte sie.

LAG: Keine Leiharbeit, kein Anspruch auf Leiharbeitnehmergehalt

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern war anderer Meinung. Es entschied, dass die Arbeitnehmerin nicht als Leiharbeitnehmerin tätig ist. Vielmehr sei sie als Stammarbeitnehmerin im Betrieb des Arbeitgebers eingebunden. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass ein Arbeitnehmer nicht deshalb zu einem Leiharbeitnehmer wird, nur weil seine direkten Vorgesetzten und die Mehrzahl der Mitarbeitenden im Betrieb - so wie im vorliegenden Fall - als Leiharbeitnehmer aus einem anderen (konzernangehörigen) Unternehmen oder als zugewiesene Beamte beschäftigt sind. Die Arbeitnehmerin unterliege vorliegend nicht den Weisungen eines Dritten. Ihre Vorgesetzten stünden zwar nicht in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis zum Arbeitgeber, verfolgten jedoch mit ihrer Tätigkeit dessen Betriebszwecke, indem sie den Betrieb des Servicecenters organisierten und damit zum wirtschaftlichen Ergebnis des Arbeitgebers beitragen würden.

Gleichstellungsgrundsatz schützt Leiharbeitnehmer, nicht Stammarbeitnehmer

Die Arbeitnehmerin habe auch keinen Anspruch auf Gewährung der Arbeitsbedingungen oder auf das Entgelt der besser vergüteten Leiharbeitnehmenden, stellte das LAG Mecklenburg-Vorpommern fest. Ein Verleiher dürfe seine verliehenen Arbeitnehmenden besser vergüten als ein Entleiher seine Stammarbeitnehmenden. 

Der in § 8 Abs.1 AÜG verortete Gleichstellungsgrundsatz schütze Leiharbeitnehmende vor einer Schlechterstellung gegenüber einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer oder einer Stammarbeitnehmerin. Er gewährleiste jedoch keinen Schutz der Stammarbeitnehmern und -arbeitnehmerinnen.


Hinweis: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9. Januar 2024, Az. 5 Sa 37/23, Vorinstanz: Arbeitsgericht Schwerin, urteil vom 2. Februar 2023, Az. 1 Ca 456/22


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Schlagworte zum Thema:  Arbeitnehmerüberlassung, Urteil, Gleichstellung