Bezugnahmeklausel: Betriebsvereinbarung ändert Vergütung nicht

Eine individuell im Arbeitsvertrag vereinbarte Klausel zur Vergütung, die auf tarifvertragliche Grundsätze verweist, kann nicht durch eine Betriebsvereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers abgelöst werden. Das hat nun das BAG zur sogenannten dynamischen Bezugnahmeklausel entschieden.

Zur arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel hatte es zuletzt immer wieder Neuerungen durch Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – beispielsweise zur Wirkung nach einem Betriebsübergang oder bei kirchlichen Arbeitgebern – und auch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegeben.

Mit einer solchen Vereinbarung kommt es dazu, dass über eine Klausel im Arbeitsvertrag die Normen eines Tarifvertrags für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten. Bei der dynamischen Bezugnahmeklausel gilt – anders als bei einer statischen – nicht nur die eine Fassung des Tarifvertrags bei Unterschrift des Arbeitsvertrags – ohne dass die Arbeitsvertragsparteien automatisch an Änderungen des Tarifwerks gebunden wären. Vielmehr teilt das Arbeitsverhältnis die Dynamik der Tarifverträge und nimmt an der Entwicklung der tarifvertraglichen Vorschriften teil.

Der Fall: Bezugnahmeklausel als individuelle Vereinbarung

In einem aktuellen Fall hat das BAG nun erneut über die Wirkung einer dynamischen Bezugnahmeklausel entschieden. Die Richter sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Betriebsvereinbarung die individualvertraglich vereinbarte Vergütung nach tariflichen Grundsätzen nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abändern kann. Der Arbeitnehmer, im konkreten Fall ein Masseur, muss letztlich nach dem für ihn günstigeren Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden.

Der Kläger ist seit 1991 als Masseur in einem Senioren- und Pflegezentrum beschäftigt. Nachdem er einige Monate dort gearbeitet hatte, verständigte er sich mit seinem damaligen Arbeitgeber in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag darauf, die Arbeitszeit zu reduzieren. Wörtlich heißt es, die Vergütung betrage „monatlich in der Gruppe BAT Vc/3 = DM 2.527,80 brutto".

Betriebsvereinbarung soll für alle Arbeitsverträge gelten

Weitere zwei Monate später einigte sich der damalige Arbeitgeber mit dem Betriebsrat auf eine Betriebsvereinbarung, nach der „analog die für die Angestellten des Bundes und der Länder vereinbarten Bestimmungen des Lohn- und Vergütungstarifvertrages - BAT vom 11. Januar 1961" gelten sollten. Zudem sollte die Betriebsvereinbarung automatisch für Arbeitsverträge gelten, die in der Zeit vor der Vereinbarung geschlossen wurden – also auch für den Vertrag des Masseurs.

Viele Jahre später - nachdem ein neuer Arbeitgeber das Senioren- und Pflegezentrum per Betriebsübergang erworben hatte – kündigte dieser die Betriebsvereinbarung Ende 2001. Gut vier Jahre später, im März 2006, vereinbarte der beklagte Arbeitgeber mit dem Masseur im Zusammenhang mit einer Arbeitszeiterhöhung eine Erhöhung des Gehalts, während „alle übrigen Bestandteile des bestehenden Arbeitsvertrages … unverändert gültig“ blieben.

Dynamische Bezugnahme – oder nicht?

Daraufhin hatte der Mitarbeiter die Auffassung vertreten, ihm stehe aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme eine Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung (TVöD/VKA) beziehungsweise dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu.

Das Unternehmen meinte dagegen, eine dynamische Bezugnahme auf die herangezogenen Tarifwerke liege nicht vor.

BAG: Betriebsvereinbarung nur für AGB, Vergütung jedoch individuell

Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, war die Revision des Masseurs vor dem Vierten Senat des BAG erfolgreich. Der Mitarbeiter hatte mit dem ursprünglichen Arbeitgeber eine Vergütung nach den jeweils geltenden Regelungen des BAT und nachfolgend des TVöD/VKA arbeitsvertraglich vereinbart. Daraus folgt die Pflicht des jetzigen Arbeitgebers, nach der jeweiligen Entgelttabelle des TVöD/VKA zu vergüten.

Die Betriebsvereinbarung ändere daran nichts, entschieden die Richter. Dabei sei nicht entscheidend, ob die kollektivrechtliche Regelung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wirksam war. Sie vermochte bereits deshalb die Vergütungsabrede nicht abändern, weil es sich bei der arbeitsvertraglichen Abrede nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handelte. Vielmehr war die Vergütung eine individuell vereinbarte Hauptleistungspflicht und damit keine der AGB-Kontrolle unterworfene Regelung.

Hinweis: BAG, Urteil vom 11. April 2018, Az. 4 AZR 119/17; Vorinstanz: LAG Düsseldorf,
Urteil vom 25. Oktober 2016, Az. 8 Sa 500/16

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