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Warum die Bezahlkarte für Asylsuchende sinnvoll ist

Die Bezahlkarte für Asylsuchende ist seit einigen Monaten ein breit diskutiertes Thema. Dass sie kommt, ist inzwischen keine Frage mehr, denn einige Landkreise haben sie bereits für eine begrenzte Anzahl an Asylsuchenden eingeführt. Die Frage ist also nicht ob, sondern warum und in welcher Form es sie geben wird. 

Bislang wurden und werden Asylbewerber:innen mit unterschiedlichen Hilfeleistungen versorgt. Sie erhalten entweder eine Flüchtlingsunterkunft oder die Mietkosten werden vom Staat übernommen. Außerdem bekommen Asylsuchende in bar zwischen 132 € und 204 € als sogenanntes Taschengeld für den “notwendigen persönlichen” Bedarf sowie weitere 180 € bis 269 € für den “notwendigen” Bedarf. Zum “notwendigen” Bedarf zählen Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung und Drogerieartikel. Dieser Betrag darf auch in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen gewährt werden.

In der Vergangenheit wurde dies bereits praktiziert. Die Ausgabe von Sachleistungen verursachte dabei den größten Aufwand, da Sachleistungen zunächst eingekauft, sortiert, verwahrt und anschließend verteilt werden müssen. Als praktikabler stellte sich die Ausgabe von Gutscheinen heraus. Gutscheine für bestimmte Händler sollten lenken, dass die Hilfsgelder tatsächlich auch für notwendige Leistungen des täglichen Bedarfs und nicht beispielsweise für Glücksspiele oder zur Bezahlung von Schleusern verwendet werden.

Gutscheine stehen jedoch in der Kritik, da sie Asylbewerber:innen stigmatisieren können. Bezahlt ein Asylsuchender mit einem Papiergutschein, kann er an der Kasse als hilfsbedürftig identifiziert werden. Außerdem grenzen Papiergutscheine die Entscheidungsfreiheit der Asylsuchenden erheblich ein, da sie nur bei bestimmten Händlern eingesetzt werden können.

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Keine Stigmatisierung dank der Bezahlkarte

Die Bezahlkarten stellen dafür einen Lösungsansatz dar, denn neutral gestaltete Karten stigmatisieren Asylsuchende nicht, sondern können bequem und kontaktlos für Zahlungen des täglichen Bedarfs genutzt werden. Weiterhin bieten die Karten eine sehr breite Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten, da sie je nach Kartenanbieter zum Beispiel bei allen Mastercard- oder Visa-Akzeptanzpartnern in ganz Deutschland oder einer festgelegten Region innerhalb Deutschlands einsetzbar sind.

Erste Bezahlkarten im Thüringer Landkreis Greiz

Der Landkreis Greiz in Thüringen ist einer der ersten, der eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt hat. Die betreffenden Asylsuchenden erhalten dort nach wie vor ihr monatliches Taschengeld in bar, der Betrag für den notwendigen Bedarf wird hingegen zu Beginn eines Monats nicht mehr als Bargeld ausgezahlt, sondern auf die wiederaufladbare Bezahlkarte geladen. Die Bezahlkarte ist in der Zahlungsfähigkeit auf den Landkreis Greiz eingestellt. So wird als positiver Nebeneffekt die regionale Wirtschaft unterstützt.

In Greiz wird also nur der Betrag für den notwendigen Bedarf auf die Karte geladen. Für das Taschengeld müssen Asylbewerber:innen immer noch jeden Monat beim Amt erscheinen. Möglich wäre aber auch, beide Beträge auf die Karte zu laden und damit die Asylsuchenden sowie die Behörden erheblich zu entlasten. Denn die Auszahlung von Bargeld benötigt viel Personal. Außerdem kann bei sehr großen Bargeldbeträgen auch der Schutz durch Polizeibeamte notwendig werden, was wiederum Aufwand und Kosten verursacht.

Bargeld ist nicht gänzlich verzichtbar

Da es im Alltag immer wieder Situationen gibt, in denen man ohne Bargeld nicht bezahlen kann, ist es sinnvoll, das so genannte Taschengeld den Asylsuchenden als Bargeld zur Verfügung zu stellen. Mit der Bezahlkarte können grundsätzlich auch Bargeldabhebungen getätigt werden. Der Betrag für den Bargeldbezug kann in diesem Fall auf die Höhe des Taschengelds begrenzt werden. So kann der sehr aufwendige Prozess der Barauszahlungen deutlich vereinfacht werden - die vollständige Leistung wird gewissermaßen per Knopfdruck gewährt.

Behörden sollten bei der Wahl der Bezahlkarten genau prüfen, welche Optionen des Bargeldbezugs diese bieten. Geldautomaten verlangen in der Regel bestimmte Gebühren, die dem Asylbewerber vom Guthaben abgezogen werden könnten. Das wiederum entspricht nicht dem Zweck der Sozialleistung und stellt eine Benachteiligung für die Asylsuchenden und die Behörden dar. Kartenanbieter sollten generell darauf achten, dass keine Gebühren zu Lasten der Asylbewerber:innen entstehen, um ihnen ihre Sozialleistung vollumfänglich bereitzustellen. Dies zu gewährleisten, liegt in der Verantwortung der Behörden. Barabhebungen könnten zum Beispiel kostenlos realisiert werden, wenn diese in Deutschland an den über 36.000 Supermarktkassen stattfinden. Zwar wird im Supermarkt für Barabhebungen oftmals ein Mindestumsatz vorausgesetzt, hierbei können Asylsuchende jedoch ohnehin benötigte Lebensmittel einkaufen, während sie bei Gebühren am Geldautomaten einen finanziellen Verlust haben.

Bezahlkarten digitalisieren die Verwaltung

Die Austeilung von Bargeld an Asylsuchende ist bei der heutigen Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß. Laut einer Studie von Statista wurden im Jahr 2022 knapp 60% der Einkäufe mit Karte getätigt. Die Zahl steigt kontinuierlich. Immer mehr Supermärkte eröffnen Self-Service-Kassen, bei denen Kunden ihre Einkäufe selbst scannen und anschließend mit Karte bezahlen können. Die meisten Selbstbedienungskassen akzeptieren kein Bargeld. Asylsuchende ohne Bankkonto sind somit benachteiligt, denn sie haben oftmals keinen Zugang zu dieser Zahlungsform. Eine Bezahlkarte erweist sich hier als nützlicher.

Nicht nur Supermärkte versuchen beispielsweise mit den oben genannten Selbstbedienungskassen Personal einzusparen, auch Banken schließen immer mehr Filialen und nutzen die Möglichkeiten, die das digitale Zeitalter bietet. Was in der freien Wirtschaft aufgrund des Konkurrenzdrucks unumgänglich ist, nämlich sich den neuen technischen Möglichkeiten anzupassen und Prozesse kosteneffizient zu gestalten, wäre als Standard auch in den Behörden und staatlichen Prozessen von großem Vorteil, um Steuergelder möglichst im Sinne der Gesellschaft einzusetzen.

In anderen Ländern, z.B. in Frankreich, gibt es die Bezahlkarte für Asylsuchende schon seit 2016. Welche Erfahrungen machen die Behörden mit der Bezahlkarte? Darüber und Details zur Verwaltung der Bezahlkarten lesen Sie im nächsten Artikel dieser Themenserie.

Schlagworte zum Thema:  Sozialleistungen, Flüchtlinge, Digitalisierung