Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitigkeiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sozialgerichtliches Verfahren. Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse. Wertgutscheinverfahren. Asylbewerberleistungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die mittlerweile aufgegebene Praxis der Gewährung von Leistungen nach § 3 AsylbLG nach dem sogenannten Wertgutscheinverfahren.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage über die Rechtmäßigkeit der Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Form von Wertgutscheinen.

Der am E. geborene Kläger F. Staatsangehörigkeit bezog von der Beklagten in der Zeit von Oktober 2011 bis einschließlich Mai 2013 Leistungen nach § 3 AsylbLG in Form von Wertgutscheinen. Zusätzlich erhielt der Kläger Geldleistungen nach § 3 Abs.1 Satz 4 AsylbLG (sogn. Taschengeld). Seit dem 01.06.2013 werden Leistungen nach § 3 AsylbLG von der Beklagten ausschließlich in Form von Bargeld erbracht.

Die Gewährung von Wertgutscheinen erfolgte durch die Beklagte zunächst auf der Grundlage eines Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 14.05.2007. Darin heißt es: “Aus gegebenen Anlass weise ich darauf hin, dass das in § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) normierte Sachleistungsprinzip auch weiterhin zu beachten und umzusetzen ist. Die unmittelbare Sachleistungsgewährung ist und bleibt das vorrangige Leistungsprinzip dieses Gesetzes, um auch zukünftig sicher zu stellen, dass durch Art, Umfang und Form der Leistungsgewährung kein Anreiz geschaffen wird, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen und Schlepperbanden der Nährboden entzogen wird. Das Argument der Wirtschaftlichkeit wurde dabei im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens dem Gesetzeszweck als nachrangig eingestuft. Hieran gilt es festzuhalten. Zur Sicherung des Lebensunterhalts der nach § 3 AsylbLG leistungsberechtigten Personen sieht das Gesetz vorrangig die Gewährung von Sachleistungen und einem ergänzenden Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens vor. Das durch das Gesetz vorgegebene vorrangige Sachleistungsprinzip gilt auch für Leistungsberechtigte, die außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht sind. Soweit sich aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls das Sachleistungsprinzip nicht umsetzten lässt, kann anstelle der vorrangig zu gewährenden Sachleistungen auf andere Leistungsformen zurückgegriffen werden, soweit dies nach den Umständen erforderlich ist. Andere Leistungsformen sind Wertgutscheine, andere vergleichbare unbare Abrechnungen oder Geldleistungen.„

Aufgrund eines Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 27.02.2013 gab die Beklagte sodann zum 01.06.2013 die bisherige Bewilligungspraxis auf. In dem Erlass heißt es u. a.: “Meine diesbezügliche mit Erlass vom 14.05.2007 - 14.22-12235-8.4.3- vertretene Rechtsauffassung zu Gewährung von Geldleistungen als ultima ratio gebe ich auf. Künftig bleibt es den Leistungsbehörden überlassen, ob eine Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 AsylVfG im Rahmen des § 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 AsylbLG unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten selbst zu bestimmen, ob die Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbar unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.„

Am 26.02.2013 ließ der Kläger gegen den “aktuellen Leistungs- und Bewilligungsbescheid, mit dem sie ihm Leistungen nach dem AsylbLG lediglich in Form von Wertgutscheinen bewilligen„ Widerspruch erheben. Zugleich wird beantragt, für die Zukunft die Auszahlung von Asylbewerberleistungen in Form von Wertgutscheinen zu unterlassen. So bestünde nach Ansicht des Klägers zwischen den in § 3 AsylbLG genannten Alternativleistungsformen kein Rangverhältnis derart, dass Wertgutscheine und unbare Hilfe Vorrang vor Geldleistungen hätten. Insoweit könne nicht darauf abgestellt werden, dass nach der Gesetzesformulierung die alternativen Leistungsformen in einer bestimmten Reihenfolge aufgezählt würden. So sei es sprachlich nicht möglich, mehrere Dinge zu benennen, ohne dies in irgendeiner Weise nacheinander und damit in einer bestimmten Reihenfolge zu tun. Auch ergäben sich aus den Materialien zur Gesetzgebung keinerlei Hinweise darauf, die die bisherige Gesetzesauslegung durch die Beklagte tragen könnten. Vielmehr sei es so gewesen, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat 1997 eine zunächst vorgesehene Rangfolge der Leistungsgewährung gestrichen wurde. Schließlich sei es auch so, dass die Mehrzahl der Länder und Kreise AsylbLG-Leistungen als Geldleistungen erbringen. Jedenfalls müsse die Beklagte als Leistungsbehörde über die Frage der Art und Weise der Leistungsgewährung die an sich...

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