1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 197a ist durch das 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144) eingefügt worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit nicht in Verfahren gelten, an denen Personen beteiligt sind, die eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes nicht bedürfen. Der Gesetzgeber sieht insbesondere bei Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander, Streitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern sowie in Vertragsarztverfahren eine Gebührenprivilegierung als nicht sachgerecht an (BT-Drs. 14/5943 S. 29). In § 197a Abs. 3, eingefügt durch das 7. SGGÄndG mit Wirkung zum 1.1.2005, ordnet der Gesetzgeber an, dass für die Träger der Sozialhilfe der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit ebenfalls im Fall von Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Sozialleistungsträgern nicht gilt. Mit Wirkung zum 3.12.2011 hat der Gesetzgeber die Vorschrift des § 197a Abs. 1 Satz 1 dahingehend ergänzt, dass der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit auch nicht in Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2, BT-Drs. 17/3802 S. 29; vgl. BSG, Beschluss v. 23.4.2021, B 5 SF 2/21 S) gilt.

Die Vorschrift wurde in Abs. 3 durch Art. 20 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2020 geändert. Es wurde ergänzt, dass die Vorschrift auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 SGB IX gilt.

In Verfahren nach § 197a finden im Verhältnis zwischen dem Staat und den Beteiligten die Vorschriften des GKG sowie im Verhältnis zwischen den Beteiligten untereinander bestimmte Vorschriften der VwGO Anwendung. Die Vorschriften der §§ 183 bis 195 gelten nicht für Kläger und Beklagte.

 

Rz. 2

Überleitungsvorschrift ist Art. 17 des 6. SGGÄndG v. 17.8.2001 (BGBl. I S. 2144; vgl. Komm. zu Art. 17 im Anschluss an § 223).

2 Rechtspraxis

2.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 3

§ 197a bestimmt abschließend, in welchen Verfahren der Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens durchbrochen wird. Wenn Kläger und Beklagter eines Verfahrens nicht zu den in § 183 genannten Personen in einem Rechtszug i. S. d. kostenrechtlichen Vorschriften gehören sowie in Verfahren nach § 202 Satz 2 (Verfahren wegen überlanger Dauer des Gerichtsverfahrens) finden

  • im Verhältnis zwischen dem Staat und den Beteiligten die Vorschriften des GKG und
  • im Verhältnis der Beteiligten untereinander bei der Kostengrundentscheidung die in § 197a aufgezählten Vorschriften der VwGO

Anwendung.

Für die Bestimmung des anzuwendenden Kostenrechts ist entscheidend, in welcher Eigenschaft die Hauptbeteiligten (der Kläger und der Beklagte) an dem Verfahren teilnehmen (BSG, Urteil v. 31.3.2022, B 2 U 5/20 R). Die Zugehörigkeit eines Beigeladenen zu dem kostenprivilegierten Personenkreis i. S. v. § 183 ist unerheblich. Es ist auf die Beteiligtenrolle im jeweiligen Rechtszug abzustellen (BSG, Beschluss v. 12.1.2022, B 12 R 26/21 B). In jeder Instanz ist zu prüfen, ob der Kläger bzw. der Rechtsmittelführer oder der Beklagte bzw. der Rechtsmittelgegner der Vorschrift des § 183 unterfällt. Entscheidend ist die formale Stellung der Beteiligten und ihre Eigenschaft im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung (BSG, Urteile v. 3.8.2006, B 3 KR 24/05 R, v. 5.10.2006, B 10 LW 5/05 R; Beschluss v. 13.4.2006, B 12 KR 21/05 B, und Urteile v. 17.2.2009, B 2 U 38/06 R, und v. 28.6.2022, B 12 R 3/20 R). Bei Verneinung der Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 183 ist § 197a anzuwenden. Diese Grundsätze gelten auch in selbstständigen Antragsverfahren, wie. z. B. Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b, oder gesondert geregelten Beschwerdeverfahren, an denen eine kostenprivilegierte Person nicht teilnimmt, z. B. Verfahren nach § 192 Abs. 4 (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 3.3.2017, L 18 KN 92/16 B; LSG Thüringen, Beschluss v. 17.1.2017, L 5 SB 1136/15 B), Verfahren von Sachverständigen (BSG, Beschluss v. 1.3.2022, B 10 SF 3/21 S, vgl. Rz. 6).

 

Rz. 4

Das anzuwendende Kostenrecht während eines mehrere Instanzen umfassenden Verfahrens kann wechseln. Ein Wechsel des Kostenrechts tritt z. B. im Fall des § 183 Satz 2 ein, wenn ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren in der nächsten Instanz fortführt (BSG, Urteil v. 3.8.2006, B 3 KR 24/05 R; BSG, Beschluss v. 22.10.2015, B 13 R 190/15 B). Falls ein nach § 183 kostenrechtlich privilegierter Beigeladener Rechtsmittel einlegt und damit Rechtsmittelführer des nächstinstanzlichen Verfahrens wird, findet § 197a auf das Rechtsmittelverfahren keine Anwendung. Es gelten die §§ 184 bis 195 für das Rechtsmittelverfahren (BT-Drs. 14/5943 S. 29; BSG, Beschluss v. 13.4.2006, B 12 KR 21/05 B). Im Fall des Wechsels des Kostenrechts sind für jede Instanz getrennt Kostenentscheidungen zu treffen.

 

Rz. 5

Im Fall der objektiven Klagehäufung (§ 56) eines Klägers oder Rechtsmittelführers, bei der ein Streitgegenstand von § 183 und der andere von § 197a erfasst wird, finden bei der einheitlichen Kostenentscheidung (siehe hierzu Ko...

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