Zusammenfassung

 
Überblick

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann vor allem (aber nicht nur) wegen Hausgeldes, das nicht entrichtet wurde[1], schlechten Hausgeldmanagements bzw. schlechten Mahnwesens in eine Liquiditätskrise geraten[2], also in eine Situation, in der sie erwartungsgemäß oder überraschend nicht über genügend Mittel verfügt, ihre laufenden Verbindlichkeiten zu begleichen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – eigentlich: die Wohnungseigentümer – muss dann Mittel und Wege finden, um (am besten dauerhaft) der Liquiditätskrise zu entkommen.

Aufgabe des Verwalters ist es, eine solche Liquiditätskrise möglichst zu verhindern. Ist dies nicht möglich, muss der Verwalter sofort reagieren. Seine Aufgabe besteht dann darin, die Wohnungseigentümer unverzüglich – am besten in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung – über die Sachlage zu informieren und den Wohnungseigentümern die Wege aus der Krise vorzustellen. Dann ist es an den Wohnungseigentümern, einen der vorgestellten Wege zu wählen. Kommt es zu keiner Lösung, muss der Verwalter erwägen, sein Amt niederzulegen. Eine Gemeinschaft ohne Geld ist dauerhaft nicht zu verwalten.

1 Wege aus der Krise

Um einer Notlage zu begegnen, gibt es im Wesentlichen 4 Wege: Bei kleineren Lücken wird gern – und häufig unzulässig – die Erhaltungsrücklage genutzt. Daneben ist bei größeren Lücken der allgemeine Weg die Erhebung einer Sonderumlage, z. B. als Ausfalldeckungssonderumlage, oder – bei falschen Ansätzen im Wirtschaftsplan – als Nachtragshaushalt. In neuerer Zeit wird daneben wieder vermehrt über den Abschluss von Darlehensverträgen diskutiert. Diese bleiben hier allerdings ausgeblendet, da sie hier nicht als Mittel angesehen werden, einer bloßen Liquiditätskrise entgegenzutreten. Am besten ist die vorsorgliche Bildung einer Liquiditätsrücklage. Es sind aber auch Versicherungen möglich.

2 Rückgriff auf die Erhaltungsrücklage

In der Verwalterpraxis wurde und wird ggf. auch noch bei Liquiditätsengpässen von Verwaltern gern in die Erhaltungsrücklage "gegriffen".[1] Dieser Weg ist ebenso bewährt wie – ist er nicht vorbereitet – nach der Rechtsprechung unzulässig.[2] Die von einem Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG auf die Erhaltungsrücklage gezahlten Mittel sind nach h. M. nämlich bereits mit dem Beschluss über die Vorschüsse zweckgewidmet und dürfen daher vom Verwalter ohne eine Bestimmung der Wohnungseigentümer mit ihrem Eingang auf dem für das Hausgeld bestimmten Konto nur für den Zweck "Erhaltung" eingesetzt werden.[3] Werden die Mittel ohne Erlaubnis zweckfremd eingesetzt, verhält sich der Verwalter pflichtwidrig und kann auf Schadensersatz haften.

Will der Verwalter die Mittel der Erhaltungsrücklage nutzen, müssen die Wohnungseigentümer das vereinbaren oder sie müssen es beschließen. Dabei ist auch nach der WEG-Reform 2020 unklar, ob ein einmaliger Beschluss ausreicht oder der Beschluss jährlich gefasst werden sollte.[4] Beide Wege zeigen – auch weil zusätzlich die Erhaltungsrücklage wieder aufgefüllt werden muss –, dass andere Methoden vorzuziehen sind.

 

Musterbeschluss: Ermächtigung des Verwalters zu Rückgriff auf Erhaltungsrücklage bei einem Liquiditätsengpass

TOP XX: Ermächtigung zu Rückgriff auf Erhaltungsrücklage bei Liquiditätsengpass

  1. Der Verwalter wird für den Fall, dass das Gemeinschaftsvermögen nicht ausreicht, die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ______ [Name] zu bedienen, ermächtigt, einmalig [alternativ: zweimalig] Teile der Erhaltungsrücklage in Höhe von 3/12 der für das Jahr ___ [Angabe des Jahres] insgesamt geplanten Zuführung zur Bedienung von Betriebs- und Verwaltungskosten umzuwidmen.
  2. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats ist unverzüglich in Schriftform über den konkreten Anlass und die Höhe der umgewidmeten Mittel zu informieren.
  3. Ist absehbar, dass die umgewidmeten Mittel nicht ausreichen, ist eine Versammlung einzuberufen; deren Gegenstand sind die Information über die Vermögenslage und Mittel, einer Illiquidität entgegenzutreten. Ferner ist zu klären, wie die Erhaltungsrücklage wieder aufgefüllt wird.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

______________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

Misslich ist die Verwendung der Mittel der Erhaltungsrücklage in jedem Fall. Da die Mittel für die Erhaltung angesammelt und als notwendig angesehen worden waren, sind sie der Erhaltungsrücklage wieder zuzuführen.[5] Die Erhaltungsrücklage ist damit immer nur ein Weg zur Zwischenfinanzierung. Besser ist daher ein Weg, der eine (Wieder-)Auffüllung der Erhaltungsrücklage vermeidet.

 

Abrechnung der umgewidmeten Erhaltungsrücklage

Hat sich der Verwalter mit Einverständnis der Wohnungseigentümer zur vorübergehenden Herstellung der Liquidität oder der Finanzierung des Hausgeldinkassos der Mittel der Erhaltungsrücklage bedient, muss er hierüber abrechnen. Ist die Forderung mittlerweile be...

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