1 Vorbemerkung

1.1 Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG sind die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren steuerfrei. Die Vorschrift erfasst somit neben den in § 4 Nr. 8 Buchst. a und b UStG angesprochenen Kredit- und Sortengeschäften einen weiteren typischen Bereich der Bankgeschäfte. Zweck der Befreiung auch solcher Finanzgeschäfte ist es, Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der als Vorsteuer abzugsfähigen Umsatzsteuer verbunden sind, zu beseitigen und eine Erhöhung der Verbaucherkosten zu vermeiden.[1] Von der Steuerbefreiung profitieren aber nicht nur die Kreditinstitute, sondern alle Unternehmer, die die bezeichneten Umsätze bewirken. Das ergibt sich insbesondere aus EuGH v. 5.6.1997.[2] Nach der Entscheidung hängt die Steuerbefreiung der Durchführung von Zahlungsvorgängen (im Streitfall wurden die Leistungen von einem Rechenzentrum erbracht) nicht von einem bestimmten Unternehmenstyp oder dem Umstand ab, dass die Leistungen im Wege der EDV bewirkt werden. Die Steuerbefreiung bleibt auch unberührt davon, dass die Leistungen nicht unmittelbar gegenüber dem Kunden eines Kreditinstituts erbracht werden. Sie müssen aber eigenständigen Charakter haben und für steuerbefreite Finanzdienstleistungen spezifisch und wesentlich sein.

[1] Vgl. EuGH v. 19.4.2007, C-455/05, Velvet & Steel Immobilien, BFH/NV Beilage 2007, 3.
[2] EuGH v. 5.6.1997, C-2/95, Sparekassernes Datacenter (SDC), HFR 1997, 618.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 2

Der Regelungsinhalt der Vorschrift war zum 1.1.1980 im Wesentlichen unverändert aus § 4 Nr. 8 UStG 1973 übernommen worden.

 

Rz. 3

MWv 17.8.1994 war die Steuerbefreiung auf die Vermittlung der in der Vorschrift aufgeführten Umsätze ausgedehnt worden.[1] Seither ist die Vorschrift unverändert geblieben. Der amtlichen Gesetzesbegründung[2] ist zu der Ausdehnung auf die Vermittlungsumsätze Folgendes zu entnehmen:

"Die Erweiterung der Steuerbefreiung trägt der Fassung des Art. 13 Teil B Buchstabe d Nr. 3 der Sechsten EG-Richtlinie Rechnung. Danach ist auch die Vermittlung dieser Umsätze zu befreien. Die Änderung dient der Klarstellung."

[1] Art. 1 Nr. 3 Buchst. d Doppelbuchst. aa, Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des UStG und anderer Gesetze v. 9.8.1994, BGBl I 1994, 2058, BStBl I 1994, 655.
[2] BT-Drs. 12/7686.

1.3 Unionsrecht

 

Rz. 4

§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG beruht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen". § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG setzt damit nur einen Teil dieser Richtlinienvorschrift um. Die übrigen Tatbestände dieser Steuerbefreiung finden sich in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG.

 

Rz. 5

Das nationale Recht stimmt zwar nicht wortwörtlich mit der Richtlinienvorschrift überein, da statt von "Geschäft mit Schecks und anderen Handelspapieren" von "Inkasso von Handelspapieren" die Rede ist. Hierin liegt jedoch kein Umsetzungsmangel, da die übrigen Umsätze nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL unter § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG fallen.

2 Umsätze im Einlagengeschäft

 

Rz. 6

Der Begriff des Einlagengeschäfts wird in der Vorschrift nicht näher bestimmt. Von daher ist m. E. auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über das KreditwesenKWG[1] abzustellen. Danach versteht man unter Einlagengeschäft die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden. Je nach Fälligkeit wird hier nach Sichteinlagengeschäften (in Eintagesfrist fällige Gelder auf Girokonten), Termineinlagengeschäften (im Voraus auf bestimmte Fristen festgelegt) und Spareinlagengeschäften (gekennzeichnet durch Ausfertigung einer Urkunde) unterschieden.[2]

 

Rz. 7

Die Steuerbefreiung, um die es hier geht, bezieht sich nicht auf die Leistung des Einlegers. Diese fällt, falls umsatzsteuerbar, als Kreditgewährung bereits unter § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG (vgl. § 4 Nr. 8 Buchst. a Rz. 5ff.). Steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG sind die Leistungen, die an den Einleger (Kreditgeber) erbracht werden. Diese bestehen i. d. R. in Zinszahlungen für das von dem Einleger zur befristeten Nutzung überlassene Kapital. Diese Zinszahlungen selbst sind, soweit sie reinen Entgeltcharakter haben, d. h. Gegenleistung zur steuerfreien Kreditgewährung in Form der Einlage sind, mangels Wirtschaftlichkeit der Geldzahlung nicht umsatzsteuerbar. Unter die Steuerbefreiung fallen insoweit eher die – unselbstständigen – Nebenleistungen zu den Zinszahlungen, wie z. B. die Kontoführung zulasten des Einlegers.

 

Rz. 8

Zu den steuerfreien Umsätzen im Einlagengeschäft gehören auch Kontenauflösungen, Kontensperrungen, die Veräußerung von Heimsparbüchsen und sonstige mittelba...

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