Zusammenfassung

Seit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) 2010 ist das vorherige Aktivierungsverbot bei selbst erstellten immateriellen Wirtschaftsgütern aufgehoben und durch ein Wahlrecht ersetzt. Dadurch hat sich das HGB den IFRS angenähert, ohne deren Komplexität nachzuvollziehen.

Durch die Aktivierung von Entwicklungskosten wird zunächst der Aufwand verringert und die Eigenkapitalbasis gestärkt.

Vor allem auf Mittelständler, die sich bisher nicht mit der Aktivierung von Entwicklungsprojekten auseinandergesetzt haben, kommt damit eine Menge Arbeit zu.

Diese Aktivierung hat gleichzeitig direkte Auswirkungen auf das Controlling. Wie können die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden, ohne die Kreativität der Angestellten in den Bereichen F+E zu sehr einzuschränken?

1 Die Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände

1.1 Rechtsgrundlagen

Für immaterielle Vermögensgegenstände, die die Kriterien eines Vermögensgegenstands erfüllen, besteht ein Aktivierungswahlrecht (§ 248 HGB). Ein selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstand ist entsprechend der allgemeinen HGB-Definition dann gegeben, wenn er einzeln verwertbar ist durch

  • Veräußerung,
  • Verbrauch,
  • Verarbeitung oder
  • Nutzungsüberlassung.

Ob ein solcher Vermögensgegenstand vorliegt, muss im Einzelfall geprüft werden. Allerdings bleibt das Aktivierungsverbot für folgende Positionen erhalten:[1]

  • Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens,
  • Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals,
  • Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen und
  • Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.

Ausgenommen vom Aktivierungsverbot sind Entwicklungskosten – für viele Unternehmen ein sehr wichtiger Anteil ihrer Ausgaben. So besteht für die Entwicklungskosten ein Aktivierungswahlrecht.[2]

[1] Gem. § 248 HGB.
[2] Gem. § 248 Abs. 2 HGB: "Selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens können als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden."

1.2 Zweck der Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände

Vorteile der Aktivierung

Doch was wird mit einer Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände bezweckt? Hier verfolgte der Gesetzgeber zwei Hauptziele:

  • Stärkung der Eigenkapitalbasis: Durch die Aktivierung von Entwicklungskosten steigt der Periodengewinn zunächst, was zu einer Stärkung der Eigenkapitalbasis führt. Dies soll besonders jungen, innovativen Unternehmen in der Aufbauphase zugute kommen. Vor dem Hintergrund der während der Verabschiedung des BilMoG auf dem Höhepunkt befindlichen Wirtschaftskrise war die Stärkung der Eigenkapitalbasis allerdings für ein breiteres Spektrum entwickelnder Unternehmen interessant.
  • Verbesserte Kapitalbeschaffung: Die gestärkte Eigenkapitalbasis soll es den gerade erwähnten jungen Unternehmen mit Produkten in der Entwicklung ermöglichen, sich leichter Kapital zu beschaffen.

Erhalt steuerlicher Abzugsfähigkeit

Zudem blieb die steuerliche Abzugsfähigkeit erhalten, sodass Unternehmen für die Aktivierung ihrer Entwicklungskosten nicht mit höheren Steuern bestraft werden. Auch dürfen die aufgrund der Aktivierung von Entwicklungskosten höheren Gewinne nicht zur Gewinnausschüttung verwendet werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Aktivierungsmöglichkeit zur Stärkung der Unternehmenssubstanz beiträgt.

1.3 Abgrenzung der Forschungs- und Entwicklungskosten

Aktivierung von Entwicklungskosten

In Anlehnung an die IFRS (IAS 38) wird eine Unterscheidung zwischen Forschungs- und Entwicklungskosten getroffen:

  • Für Forschungskosten gilt ein Aktivierungsverbot.
  • Entwicklungskosten können als Herstellungskosten immaterieller Vermögensgegenstände aktiviert werden, sofern gewisse Kriterien erfüllt sind.

Eine Aktivierung ist ausgeschlossen, wenn Forschung und Entwicklung nicht verlässlich voneinander unterschieden werden können.[1]

Da die Unterscheidung im Alltag oft nicht leicht ist, gibt es eine Definition der beiden Begriffe, die besonders den sequenziellen Ablauf von Forschung und Entwicklung betont:[2]

  • Forschung ist die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen oder Erfahrungen allgemeiner Art, über deren technische Verwertbarkeit und wirtschaftliche Erfolgsaussichten grundsätzlich keine Aussagen gemacht werden können.
  • "Entwicklung ist die Anwendung von Forschungsergebnissen oder von anderem Wissen für die Neuentwicklung von Gütern oder Verfahren oder die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen."
 
Praxis-Beispiel

Forschungstätigkeiten

Beispiele für Forschungstätigkeiten sind:

  • Aktivitäten, die auf die Erlangung neuer Erkenntnisse ausgerichtet sind.
  • Die Suche nach sowie die Abschätzung und endgültige Auswahl von Anwendungen für Forschungsergebnisse und anderem Wissen.
  • Die Suche nach Alternativen für Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen.
  • Die Formulierung, der Entwurf sowie die Abschätzung und endgültige Auswahl von möglichen Alternativen für neue oder verbesserte Materialien, Vorrichtungen, Produkte, Verfahren, Systeme oder Dienstleistungen.
 
Praxis-Beispiel

Entwicklungstä...

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