Leitsatz

Wird der zum Betriebsvermögen gehörende Pkw eines selbstständig tätigen Arztes während des privat veranlassten Besuchs eines Weihnachtsmarkts auf einem Parkplatz abgestellt und dort gestohlen, ist der Vermögensverlust der privaten Nutzung zuzurechnen und nicht Gewinn mindernd zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist ein selbstständig tätiger Arzt. Der zu seinem Betriebsvermögen gehörende Pkw wurde während des Besuchs eines Weihnachtsmarkts auf einem Parkplatz abgestellt und dort gestohlen. Nach Angaben des Klägers hatte er einen Kollegen aus beruflichen Gründen aufsuchen wollen und wegen seiner frühen Ankunft noch einen Abstecher zum Weihnachtsmarkt gemacht. Wegen der Verletzung einer Obliegenheitspflicht des Klägers leistete die Kaskoversicherung keinen Schadenersatz.

Der Kläger machte den Restbuchwert als Betriebsausgabe geltend. Das FA versagte den Abzug.

Das FG wies die Klage ab: Der Verlust eines betrieblichen Fahrzeugs anlässlich einer Privatfahrt mindere nicht den Betriebsgewinn (EFG 2005, 24).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück:

Da der Besuch des Weihnachtsmarkts privat veranlasst gewesen sei, sei auch das Abstellen des Pkw auf dem Parkplatz und damit der Verlust durch Diebstahl der Privatsphäre zuzuordnen.

Auf Anfrage des XI. Senats haben der IV. und der X. Senat des BFH erklärt, dass gegen diese Entscheidung keine Bedenken bestünden.

 

Hinweis

1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH teilen die Kosten eines Pkw-Unfalls das rechtliche Schicksal der Fahrtkosten. Dient eine Fahrt privaten Zwecken und sind deshalb die Fahrtkosten privat veranlasst, sind die Unfallkosten der Privatsphäre zuzuordnen und nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar (BFH, Urteil vom 6.4.1984, VI R 103/79, BStBl II 1984, 434).

2. Wird der Pkw nicht durch einen Unfall beschädigt, sondern auf einem Parkplatz abgestellt und dort gestohlen, ist zu klären, ob der Verlust des Pkw beruflich bzw. betrieblich oder privat veranlasst ist.

Eine betriebliche oder berufliche Veranlassung ist nicht bereits von vornherein deshalb anzunehmen, weil der gestohlene Pkw zum Betriebsvermögen gehört. Denn das den Verlust "auslösende Moment" ist nicht die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen, sondern der Diebstahl. Ein Diebstahl verhält sich aber zu der privaten oder betrieblichen Sphäre des Steuerpflichtigen neutral (BFH, Urteil vom 9.12.2003, VI R 185/97, BFH-PR 2004, 253).

3. Ist danach für die Berücksichtigung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben nicht ohne Weiteres die Zugehörigkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen ausschlaggebend, kann nur entscheidend sein, ob die Verwendung des Pkw im Zeitpunkt des Diebstahls der privaten oder der beruflichen bzw. betrieblichen Sphäre zuzurechnen ist.

Dazu hat der BFH bereits entschieden:

4. Will man Wertungswidersprüche zu dem letztgenannten Urteil vermeiden, dann muss in folgerichtiger Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung der Verlust eines zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw dann der Privatsphäre zugeordnet werden, wenn das Fahrzeug anlässlich einer Privatfahrt entwendet wurde. Dementsprechend hat es auch der IV. Senat des BFH für möglich gehalten, das Abstellen eines betrieblichen Pkw am Urlaubsort der privaten Nutzung zuzurechnen (Urteil vom 20.11.2003, IV R 31/02, BFH-PR 2004, 176).

5. Wird – wie im Besprechungsfall – für den Verlust durch Diebstahl kein Ersatz von einer Versicherung geleistet, stellt sich nicht die Frage nach der steuerlichen Behandlung der Leistungen einer Kaskoversicherung (vgl. dazu BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 31/02, BFH-PR 2004, 176).

Da Streitgegenstand nur die Frage war, ob der Restbuchwert als Betriebsausgabe zu berücksichtigen war, war auch nicht zu entscheiden, ob eine Nutzungsentnahme in Höhe des tatsächlichen Werts (Teilwerts) des Pkw im Zeitpunkt des Diebstahls vorlag (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 23.1.2001, VIII R 48/98, BFH-PR 2001, 176; Wassermeyer, Der Betrieb 2003, 2616).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.4.2007, XI R 60/04

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