Rz. 15

Die personelle Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung setzt nicht voraus, dass an beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungsverhältnisse derselben Personen bestehen, es genügt, wenn eine oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Für die Durchsetzung eines entsprechenden Willens in einem Unternehmen ist in der Regel der Besitz der Mehrheit der Stimmrechte erforderlich. Eine personelle Verflechtung ist regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Unternehmen beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen. Dies gilt entsprechend, wenn das reziproke Verhältnis hinsichtlich der Stimmenrechtsverhältnisse besteht. Ob eine Beherrschungsidentität vorliegt, richtet sich i. d. R. nach den zivilrechtlichen Mehrheitsverhältnissen. Allerdings kann die von der Personengruppentheorie aufgestellte Vermutung gleichgerichteter Interessen erschüttert werden. Dazu ist darzulegen und nachzuweisen, dass bei Beschlussfassungen ernstliche Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, die auf unterschiedliche geschäftliche Interessen der betreffenden Gesellschafter und die Aufgabe des Willens, die geschäftliche Betätigung durch eine "Doppelkonstruktion" zu verwirklichen, schließen lassen. Es darf sich nicht um Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall handeln, die innerhalb jeder Gesellschaftsform und auch bei völliger Identität der Beteiligten und ihrer Beteiligungen auftreten können.[1]

Bei extrem entgegengesetzter Beteiligung (Anteil des A am Besitzunternehmen = 5 %, am Betriebsunternehmen = 95 %, Anteil des B am Besitzunternehmen = 95 %, am Betriebsunternehmen = 5 %) findet die Personengruppentheorie keine Anwendung.[2]

Für die personelle Verpflechtung reicht es aus, wenn die Besitzkapitalgesellschaft die Betriebs(kapital)gesellschaft beherrscht, weil sie die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hält; es ist nicht erforderlich, dass auch die Besitz-Kapitalgesellschaft von einem ihrer Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe mit gleichgerichteten Interessen beherrscht wird.[3] Die Herrschaft über die Betriebsgesellschaft braucht nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung zu beruhen. Sie kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden; Voraussetzung ist, dass die die Besitzgesellschaft beherrschende Person/Personengruppe in der Beteiligungsgesellschaft bedingt durch ihre Stimmrechtsmacht ihren einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann.[4]

 

Rz. 16

Die ständige Rechtsprechung des BFH, dass bei der Würdigung, ob eine Beherrschung des Betriebsunternehmens anzunehmen ist, die Beteiligung des Ehegatten des Besitzunternehmens bei diesem mitgezählt wird, da entsprechend der Lebenserfahrung eine – widerlegbare – Vermutung besteht, dass Ehegatten gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgten, ist durch den Bundesverfassungsgerichts-Beschluss v. 12.3.1985[5] aufgehoben. Das Bundesverfassungsgericht vertritt die Auffassung, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 6 GG unvereinbar ist, wenn bei der Beurteilung der personellen Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen als Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsaufspaltung von der – wenn auch widerlegbaren – Vermutung ausgegangen wird, Ehegatten verfolgten gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen. Eine Zusammenrechnung von Anteilen der Eheleute ist nur gerechtfertigt, wenn hierfür konkrete Umstände vorliegen. Es müssen zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft Beweisanzeichen gegeben sein, die für die Annahme einer personellen Verflechtung durch gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen sprechen.[6]

Praktische Bedeutung hat diese Rechtsprechung durch das so genannte "Wiesbadener Modell" erlangt. "Wiesbadener Modell" bedeutet, dass je ein Ehegatte das Besitzunternehmen bzw. die Betriebs-GmbH beherrscht, dass die Ehegatten jedoch an keinem der beiden Unternehmen gemeinsam beteiligt sind.

Sind die an das Betriebsunternehmen vermieteten Grundstücke und die Anteile an der Betriebs-GmbH Gesamtgut einer ehelichen Gütergemeinschaft, sind die Voraussetzungen der personellen Verflechtung erfüllt, das gilt auch dann, wenn die Ehefrau kein Stimmrecht bei der GmbH hat, denn der Ehemann übt in der GmbH das Stimmrecht als Verwalter des Gesamtguts aus.[7]

Wie die Anteile von Ehegatten (Eltern), so werden auch die Anteile von volljährigen Kindern grundsätzlich nicht zusammengerechnet[8], begründen also keine personelle Verflechtung. Hinsichtlich der Zusammenrechnung der Anteile von Eltern und minderjährigen Kindern gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung[9] Folgendes: "Eine personelle Verflechtung liegt vor, we...

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