Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Luxusfahrzeugen

Der Vorsteuerabzug aus dem nur gelegentlichen Erwerb eines PKW steht einem Unternehmer mit andersartiger Haupttätigkeit nur dann zu, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder die wirtschaftliche Haupttätigkeit des Unternehmers unmittelbar, dauernd und notwendig erweitert wird.

Hintergrund: Erwerb von Luxusfahrzeugen

Streitig war der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von zwei hochpreisigen Fahrzeugen in 2015.

Die A GmbH ist die geschäftsführende Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG (KG). Die A erhielt als Komplementär-GmbH eine Haftungsvergütung von 2.500 EUR im Jahr und verzichtete auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A sowie alleiniger Kommanditist der KG ist GF. Das zunächst als einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen des GF übernahm die KG in 2015 im Wege der Ausgliederung.

In 2015 erwarb die A GmbH ein Fahrzeug zum Kaufpreis von 319.327 EUR zzgl. 60.672 EUR USt und ein weiteres Fahrzeug zum Kaufpreis von 125.966 EUR zzgl. 23.933 EUR USt. In der Bilanz der A GmbH wurden die Fahrzeuge im Umlaufvermögen aktiviert und eine Verbindlichkeit gegenüber GF passiviert, der die Fahrzeuge vom Konto seines Einzelunternehmens vor Ausgliederung bezahlte. Anlässlich einer USt-Sonderprüfung stellte die Prüferin noch in 2015 fest, dass beide Fahrzeuge verschlossen, abgedeckt und nicht zugelassen in einer Halle abgestellt waren.

Das FA versagte der A GmbH den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Fahrzeuge.

Das FG gab der Klage statt. Die A GmbH habe die Fahrzeuge mit Verkaufsabsicht erworben. Der Erwerb und der Verkauf seien nachhaltig ausgeübt worden. Das ergebe sich aus der Häufigkeit und Dauer der von GF selbst zunächst als Einzelkaufmann und später im Rahmen der KG bzw. der A GmbH ausgeübten Tätigkeiten auf dem Markt für hochpreisige Fahrzeuge.

Entscheidung: Keine wirtschaftliche Betätigung

Der BFH widerspricht der Auffassung des FG. Der Erwerb der Fahrzeuge begründet bei eigenständiger Betrachtung keine wirtschaftliche oder unternehmerische Tätigkeit der A GmbH.

Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs

Der Vorsteuerabzug ist gegeben, soweit Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 168 Buchst. a MwStSystRL). Die Verwendung für Zwecke der besteuerten Umsätze erfordert, dass der Steuerpflichtige diese Umsätze im Rahmen seiner "wirtschaftlichen Tätigkeiten" ausführt (Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL). Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 MwStSystRL definiert diese dahingehend, dass sie alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden (einschließlich ...) umfasst. Dieser objektive Begriff erstreckt sich auf einen weiten Bereich, wobei die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird. Eine Tätigkeit ist im Allgemeinen wirtschaftlich, wenn sie nachhaltig ist und gegen Entgelt ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt (EuGH "Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA" v. 15.4.2021, C-846/19, EU:C:2021:277, Rz. 47).

Wirtschaftliche Tätigkeit

Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen (Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 MwStSystRL). Der Begriff "Nutzung" bezieht sich auf alle Vorgänge, die darauf abzielen, aus einem Gegenstand nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Allerdings sind der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen i.S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL. Eine "wirtschaftliche Tätigkeit" liegt dagegen vor, wenn aktive Schritte zum Vertrieb unternommen werden. Auf die Zahl und den Umfang der Umsätze kommt es dabei nicht an (EuGH "Paulo Nascimento Consulting" v. 17.10.2019, C-692/17, EU:C:2019:867, Rz. S. 25).

Die bloße Verkaufsabsicht genügt nicht

Das FG-Urteil beruht darauf, bereits die bloße Verkaufsabsicht genüge, um eine wirtschaftliche Tätigkeit anzuerkennen. Dem widerspricht der BFH. Allein der mögliche Verkauf eines Gegenstands ist nicht ausreichend, um eine eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Der bloße Erwerb in der Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten Werts zu erzielen, genügt für sich nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass Umstände vorliegen, die zeigen, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhält (BFH v. 27.1.2011, V R 21/09, BStBl II 2011, 524, Rz. S. 26).

Eigenständigkeit verschiedener Unternehmer

Das FG hat aus den Tätigkeiten des GF als Einzelkaufmann sowie "im Rahmen" der KG und als Gesellschafter-Geschäftsführer der A GmbH abgeleitet, die A GmbH sei beim Erwerb der Fahrzeuge nicht nur gelegentlich, sondern nachhaltig unternehmerisch tätig geworden. Auch hier ist der BFH anderer Auffassung. Es ist nicht ersichtlich, weshalb trotz der Eigenständigkeit verschiedener Unternehmer eine Tätigkeit des GF im Rahmen seines Einzelunternehmens oder im Rahmen der A KG geeignet sein könnte, eine unternehmerische Tätigkeit der A GmbH im Hinblick auf den Erwerb der beiden Fahrzeuge zu begründen.

Keine unternehmerische Verwendung

Bei der A GmbH fehlen jegliche Hinweise darauf, dass sie wie ein Händler tätig war oder aus der Nutzung der Fahrzeuge Einnahmen erzielen wollte. Anhaltspunkte dafür, dass sie über den bloßen Erwerb und den Verkauf der Fahrzeuge hinaus die Absicht hatte, die Fahrzeuge unternehmerisch zu verwenden, liegen nicht vor. Denn beide Fahrzeuge standen ungenutzt in einer Halle.  

Zwar erbringt die A GmbH steuerpflichtige Leistungen der Geschäftsführung und Haftungsübernahme gegenüber der KG und ist danach Unternehmerin i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Fahrzeugerwerbe sind jedoch keine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung ihrer steuerbaren Tätigkeit, die gleichfalls zu einem Handeln als Steuerpflichtiger führt (BFH v. 13.11.2019, V R 30/18, BStBl II 2021, S. 248). Die Tätigkeit der A GmbH unterscheidet sich nicht von dem privaten Erwerb eines Vermögenswertes, der unverändert ggf. gewinnbringend infolge Zeitablaufs veräußert werden soll.

Hinweis: Kein Zuordnungswahlrecht

Der A GmbH stand auch kein Zuordnungswahlrecht zu. Dieses bezieht sich auf den Erwerb eines gemischt (für unternehmerische und private Zwecke) genutzten Gegenstands (BFH v. 4.5.2022, XI R 29/21 (XI R 7/19), BFH/NV 2022, 881, Rz. S. 30). Im Streitfall, in dem zu entscheiden ist, ob ein Gegenstand überhaupt für eine wirtschaftliche Tätigkeit erworben wurde, kommt es darauf nicht an.

Parallelentscheidung zur Versagung des Vorsteueranspruchs des Einzelkaufmanns

Vor der Ausgliederung auf die A GmbH & Co.KG hatte der Unternehmer (GF) unter seiner einzelkaufmännischen Firma (Handel mit Metallschritt) branchenfremd ein vergleichbares Fahrzeug erworben. Auch in diesem Fall hat der BFH mit nahezu gleichlautender Begründung den Vorsteuerabzug (entgegen dem FG-Urteil) versagt (BFH v. 8.9.2022, V R 27/21).

BFH Urteil vom 08.09.2022 - V R 26/21 (veröffentlicht am 12.01.2023)

Alle am 12.01.2023 veröffentlichten BFH-Entscheidungen

Schlagworte zum Thema:  Vorsteuerabzug, GmbH