Häusliches Arbeitszimmer eines Gutachters

Das häusliche Arbeitszimmer eines unter anderem von Gerichten beauftragten psychologischen Gutachters kann den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellen. So entschied das FG Münster. .

Entsprechend können dann die hierauf entfallenden Aufwendungen ohne betragsmäßige Begrenzung als Betriebsausgaben abziehbar sein.

Betriebsausgabenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer

Vor dem FG Münster ging es um folgenden Fall: Der Steuerpflichtige ist als selbstständiger psychologischer Gutachter tätig. Im Streitjahr 2020 machte er Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.400 EUR als Betriebsausgaben geltend, indem er sein häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt seiner Tätigkeit ansah. Das Finanzamt teilte diese Auffassung jedoch nicht und erkannte die Aufwendungen lediglich in Höhe von 1.250 EUR an. Den qualitativen Schwerpunkt der Arbeit sah das Finanzamt in den für die Begutachtung unerlässlichen Explorationen der zu begutachtenden Personen. Nach erfolglosem Einspruch legte der Steuerpflichtige Klage ein.

Qualitativer Schwerpunkt

Das FG gab seiner Klage statt. Der für den vollständigen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erforderliche Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung bestimmt sich vorrangig nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit. Diesen sieht das FG im Arbeitszimmer des Steuerpflichtigen liegend. Denn Kern seiner Gutachtertätigkeit ist es, unter Ermittlung der erforderlichen Tatsachengrundlage eine Prognoseentscheidung zu treffen. Alleiniger Schwerpunkt dieser Tätigkeit sind die im Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten der Auswertung der Akten und der Explorationen und die darauf aufbauenden, für das Treffen und die Begründung der Prognoseentscheidung erforderlichen Recherche-, Rechen-, Bewertungs- und Schreibarbeiten.

Demgegenüber stellen die Explorationen selbst keinen weiteren wesentlichen Teil der Tätigkeit des Steuerpflichtigen dar. Sie sind zwar wichtige Bausteine für die Prognoseentscheidungen, werden aber wegen der freiwilligen Teilnahme der Probanden nicht immer von den Auftraggebern verlangt und sind auch nicht in jedem Fall erforderlich. Alternativ zur Exploration gibt es auch andere Analyseinstrumente, die der Steuerpflichtige in einem erheblichen Teil der Gutachten verwandt hatte. Zudem ist die Durchführung der Explorationen weitgehend standardisiert.

Außentätigkeit und häusliches Arbeitszimmer

Die Entscheidung macht deutlich, dass auch bei einer mit Außendiensttätigkeit verbundenen beruflichen Tätigkeit die Annahme des Schwerpunkts der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer und damit der dort zu verortende Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nicht ausgeschlossen sein muss. Im Streitfall sah das FG zumindest bei einem psychologischen Gutachter den alleinigen Schwerpunkt der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer durch Auswertung der Akten und der Explorationen und die darauf aufbauenden, für das Treffen und die Begründung der Prognoseentscheidung erforderlichen Recherche-, Rechen-, Bewertungs- und Schreibarbeiten.

FG Münster, Urteil v. 18.8.2022, 8 K 3186/21 E