Zuordnung, Vorsteuerabzug und Änderung der Nutzung

Für die Zuordnung eines Fahrzeugs zum Unternehmen und den Vorsteuerabzug ist die geplante Verwendung zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgebend. Dabei ist auf die voraussichtliche Verwendung des Fahrzeugs im ersten Besteuerungszeitraum abzustellen.

Soll das Fahrzeug nicht wenigstens zu 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet werden, entfällt eine Zuordnung zum Unternehmen grundsätzlich. Ein Vorsteuerabzug kann auch nicht teilweise vorgenommen werden.

Praxis-Tipp: Die Verwendung des Fahrzeugs im ersten Besteuerungszeitraum ist sachgerecht zu schätzen. Wenn es sich um eine Ersatzbeschaffung für ein bisher im Unternehmen genutztes Fahrzeug handelt, ist die bisherige Nutzung als Schätzgrundlage heranzuziehen. Grundlage für die Schätzung ist das Verhältnis der gefahrenen Kilometer.

Wird das Fahrzeug zu mindestens 10 % unternehmerisch genutzt, muss unterschieden werden, ob das Fahrzeug zu nichtwirtschaftlichen Zwecken i. e. S. oder privat mitbenutzt wird:

  • Wird das Fahrzeug unternehmerisch und nichtwirtschaftlich i.e.S. genutzt, kann der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Fahrzeugs nur insoweit vorgenommen werden, wie das Fahrzeug unternehmerisch genutzt wird. Der auf den geschätzten Anteil der nichtwirtschaftlichen Nutzung entfallende Vorsteuerbetrag ist grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Dabei ist der nichtwirtschaftlich genutzte Teil des Fahrzeugs als separater Gegenstand anzusehen.
  • Wird das Fahrzeug sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwendet, kann der Unternehmer das Fahrzeug dem Unternehmen ganz, gar nicht oder teilweise zuordnen. Ein vollständiger Vorsteuerabzug ist nur dann möglich, wenn das Fahrzeug dem Unternehmen vollständig zugeordnet worden ist.

Wichtig: Die Mindestnutzung von 10 % für unternehmerische Zwecke muss der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt nachweisen bzw. glaubhaft machen. Die Finanzverwaltung geht regelmäßig davon aus, dass ein Zweit- oder Drittfahrzeug eines Einzelunternehmers oder das Alleinfahrzeug eines nur nebenberuflichen Unternehmers die Voraussetzung nicht erfüllt. Dies gilt bei Personengesellschaften entsprechend, wenn ein Gesellschafter mehr als ein Fahrzeug privat nutzt, für die weiteren privat genutzten Fahrzeuge.

Die Grundsätze gelten entsprechend auch für die Aufwendungen aus dem Betrieb und der Erhaltung des Gegenstands. Dabei ist zu beachten, dass die Aufwendungen ein eigenes Zuordnungsobjekt bilden (Abschn. 15.2c Abs. 9 UStAE).

Abhängig von der Nutzung ergeben sich folgende Besonderheiten:

  • Sonstige Leistungen und vertretbare Gegenstände (z. B. Wartungsarbeiten und Benzin) unterliegen dem Aufteilungsgebot; ein Vorsteuerabzug ist grundsätzlich nur in der Höhe möglich, in der eine Verwendung für unternehmerische, den Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke geplant ist. Bei sowohl unternehmerisch wie auch privat verwendeten Fahrzeugen, die dem Unternehmen vollständig zugeordnet worden sind, wird es aber nicht beanstandet, wenn der Vorsteuerabzug vollständig vorgenommen wird und diese Aufwendungen dann bei der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe mit erfasst werden. Praxis-Tipp: Durch diese Vereinfachungsregelung hat sich in der Praxis bei den auch für private Fahrten verwendeten Fahrzeuge von Unternehmern trotz geänderter Grundaussage eigentlich nichts geändert. Der Vorsteuerabzug kann für alle auch die Privatnutzung betreffenden Ausgaben vorgenommen werden, die Aufwendungen gehen dann aber in die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe mit ein.
  • Einheitliche Gegenstände, die für das Fahrzeug verwendet werden (z. B. nach Auffassung der Finanzverwaltung der Kauf eines Satzes Winterreifen) sind eigenständig – unabhängig von der Nutzung des Fahrzeugs als solches – zu beurteilen. Damit ist für den Vorsteuerabzug das (geplante) Verwendungsverhältnis dieses Gegenstands maßgeblich. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer aber auch auf das Verhältnis der Nutzung des Fahrzeugs abstellen.

Hinweis: Die Finanzverwaltung ist offensichtlich bemüht, die Auswirkungen der Rechtsprechung für die Praxisfälle wieder auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Probleme ergeben sich immer dann, wenn sich der BFH zu Sonderfällen des Steuerrechts in einer generalisierenden Form äußert und bekannte (und oftmals auch bewährte) Grundsätze des Steuerrechts ohne große Not und zwingende systematische Vorgaben verwirft, ohne sich über die Tauglichkeit der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen in Alltagsfällen Gedanken zu machen.

Beispiel: Rechtsanwalt R hatte 2013 ein Fahrzeug erworben, das er sowohl für unternehmerische Fahrten (mindestens 10 % der Gesamtfahrleistung) als auch für private Zwecke nutzen will. Das Fahrzeug wurde dem Unternehmen zugeordnet. In 2014 erwirbt R einen Satz Winterreifen und hat Aufwendungen für Benzin und Wartungskosten.

Grundsätzlich könnten die Vorsteuerbeträge für Benzin und Wartung nur in dem Verhältnis abgezogen werden, in dem R das Fahrzeug für unternehmerische Zwecke nutzt. Er kann (und wird in der Praxis) aber den vollen Vorsteuerabzug vornehmen und dann die Aufwendungen dafür in der Berechnung des Privatanteils nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG mit berücksichtigen. Gleiches gilt für die Winterreifen, die eigentlich ein eigenständiges Zuordnungsobjekt darstellen sollen, für die die Vorsteuer aber im gleichen Verhältnis abgezogen werden kann, in dem das Fahrzeug in diesem Besteuerungszeitraum für unternehmerische Zwecke genutzt wird.

Kann ein Fahrzeug dem Unternehmen nicht zugeordnet werden, da die Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke von 10 % nicht erreicht wird, können Vorsteuerbeträge aus Aufwendungen, die sich ausschließlich auf eine unternehmerische Nutzung beziehen, in vollem Umfang abgezogen werden (z. B. Reparaturaufwendungen für Unfallkosten aus einer unternehmerischen Fahrt).

Änderung der Nutzung bei nichtwirtschaftlicher Mitbenutzung

Wird ein Fahrzeug sowohl unternehmerisch als auch nichtwirtschaftlich genutzt, kann der Unternehmer das Fahrzeug nur insoweit dem Unternehmen zuordnen, wie es unternehmerisch genutzt wird. Die Vorsteuer ist nur i. H. der geschätzten unternehmerischen Verwendung möglich. Ändert sich in der Folgezeit innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraums die Verwendung des Fahrzeugs, können sich die folgenden Fälle ergeben:

  • Der Anteil der unternehmerischen Verwendung verringert sich: Der Unternehmer muss eine Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (unentgeltliche Wertabgabe) der Besteuerung unterwerfen. Dabei können aber lediglich die auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum verteilten Anschaffungskosten berücksichtigt werden, da die laufenden Aufwendungen nur insoweit zu einem Vorsteuerabzug führen können, wie das Fahrzeug in diesem Besteuerungszeitraum tatsächlich für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Praxis-Tipp: Aus den laufenden Aufwendungen ist die Vorsteuer insoweit abzugsfähig, wie das Fahrzeug (geschätzt) in diesem Besteuerungszeitraum für unternehmerische Fahrten verwendet wird. Stellt sich bei der Erstellung der Jahressteuererklärung heraus, dass der Anteil der unternehmerischen Nutzung höher oder niedriger ist, erfolgt eine Anpassung in der Jahressteuererklärung (Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE).
  • Der Anteil der unternehmerischen Verwendung erhöht sich: Eigentlich würde eine Vorsteuerberichtigung ausscheiden, da das Fahrzeug nur i. H. der geschätzten unternehmerischen Verwendung dem Unternehmen zugeordnet werden konnte. Aus Billigkeitsgründen kann der Unternehmer aber eine Vorsteuerberichtigung vornehmen. Praxis-Tipp: Um zu einer Vorsteuerberichtigung zu kommen, müssen aber die Voraussetzungen nach § 44 UStDV für eine Berichtigung erfüllt sein. Insbesondere bedeutet dies, dass die Verwendungsänderung mindestens 10 % -Punkte erreichen muss oder der Berichtigungsbetrag mehr als 1.000 EUR beträgt. Geringfügige Änderungen der unternehmerischen Nutzung zugunsten des Unternehmers führen damit nicht zu einer Vorsteuerberichtigung.

Wichtig: Macht der Unternehmer von der Billigkeitsregelung Gebrauch und führt eine Vorsteuerberichtigung durch, gilt das Fahrzeug auch insoweit als dem Unternehmen zugeordnet. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird ein nach Ablauf des Berichtigungszeitraums veräußertes Fahrzeug insoweit steuerbar veräußert, wie es in diesem Besteuerungszeitraum für unternehmerische Zwecke verwendet wurde, mindestens aber insoweit, wie es bei Erwerb dem Unternehmen zugeordnet worden war.

Beispiel: Verein V unterhält ein Fahrzeug, das sowohl für unternehmerische als auch für nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet wird. Aufgrund der geschätzten Verwendung für unternehmerische Zwecke zieht der Verein von insgesamt berechneten 9.500 EUR USt 40 % (= 3.800 EUR) bei Erwerb Anfang Juli 2014 ab. Im Besteuerungszeitraum 2016 wird das Fahrzeug wegen außergewöhnlich umfangreicher Verwendung im Unternehmen zu 60 % unternehmerisch genutzt. Im Jahr 2020 wird das Fahrzeug im Herbst für (netto) 10.000 EUR verkauft, nachdem es in 2020 zu 70 % (alternativ 20 %) unternehmerisch verwendet worden ist.

V konnte bei Erwerb das Fahrzeug nur zu 40 % dem Unternehmen zuordnen, da es nur in dieser Höhe unternehmerisch genutzt worden war. Für 2016 ergibt sich – aus Billigkeitsgründen – eine Vorsteuerberichtigung zugunsten von V, da sich eine höhere unternehmerische Nutzung ergeben hatte. V kann im Rahmen der Vorsteuerberichtigung (9.500 EUR x 1/5 x 20 % =) 380 EUR geltend machen.

Bei Verkauf des Fahrzeugs ist der 5-jährige Berichtigungszeitraum abgelaufen. Der Verkauf gilt als insoweit unternehmerisch veranlasst, wie das Fahrzeug in diesem Besteuerungszeitraum für unternehmerische Zwecke verwendet wurde. Damit entfallen vom Nettoverkaufspreis 70 % (= 7.000 EUR) auf die steuerbare und steuerpflichtige Lieferung, es entsteht eine Umsatzsteuer von (7.000 EUR x 19 % =) 1.330 EUR. In der Alternative würden nur 20 % des Verkaufspreises für den steuerbaren Umsatz herangezogen werden können, allerdings darf die damalige Zuordnung zum Unternehmen nicht unterschritten werden, sodass 40 % als steuerbar und steuerpflichtig veräußert gelten, es entsteht eine Umsatzsteuer von (4.000 EUR x 19 % =) 760 EUR.

Weist der Unternehmer auch für den aus dem nichtwirtschaftlichen Bereich heraus verkauften Teil des Fahrzeugs USt gesondert aus, führt dies zu einem unberechtigten Steuerausweis (§ 14c Abs. 2 UStG).

Miet- oder Leasingfahrzeuge

Mietet oder least der Unternehmer ein Fahrzeug und verwendet es auch für nichtwirtschaftliche oder private Zwecke, gilt Folgendes:

  • Die Leistung gilt grundsätzlich nur insoweit als für das Unternehmen bezogen, wie das Fahrzeug für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Ein Vorsteuerabzug kann nur insoweit vorgenommen werden, wie das Fahrzeug unternehmerisch genutzt wird.
  • Wird das Fahrzeug auch für private Zwecke verwendet, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Vorsteuerabzug aus den Leasing- oder Mietzahlungen – sowie auch aus den laufenden Unterhaltskosten - im vollen Umfang vorgenommen wird und die Nutzung für die privaten Fahrten der Besteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vorgenommen wird.