Krokodil von Lacoste verdrängt markenrechtlich andere Reptilien

Auch der Kaiman gehört zur Gattung der Krokodile, steht aber nicht unter dem Schutz des EuGH. Für Lederwaren, Schuhe und sonstige Bekleidungsstücke hat ein Kaiman neben dem Krokodil von Lacoste keine Daseinsberechtigung. Das Krokodil bleibt Alleinherrscher über diese Textilgattungen.

Gegen den Kaiman hat sich der EuGH in einem Verfahren entschieden, das die polnische Gesellschaft Eugenia Mocek und Jadwiga Wenta KAJMAN gegen das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) geführt hat.

Kaiman als Gemeinschaftsmarke angemeldet

Das polnische Unternehmen hatte ein Bildzeichen für verschiedene Waren und Dienstleistungen, darunter Taschen, Bekleidungsstücke, Kissen für Tiere, Schuhe sowie die Vermietung von Immobilien, als Gemeinschaftsmarke angemeldet. Das Bildzeichen der polnischen Firma stellte den Kopf und den nach unten gebogenen Schwanz eines Kaimans im Profil mit geschlossenem Maul dar. Der Körper des Reptils zwischen Kopf und Schwanz wurde durch die Buchstabenfolge KAJMAN dargestellt.

Das HABM lehnte den Markenschutz partiell ab

Das französische Unternehmen Lacoste widersprach der Anmeldung und berief sich auf die zu seinen Gunsten eingetragene ältere Gemeinschaftsmarke mit dem bekannten Krokodil, ebenfalls im Profil, aber mit geöffnetem Maul und nach oben gebogenem Schwanz. Das HABM gab dem Widerspruch von der Lacoste insoweit statt, als es die Eintragung der von dem polnischen Unternehmen angemeldeten Marke für die Marktsegmente Lederwaren, Bekleidungsstücke und Schuhe ablehnte. Gegen diese Entscheidung wandte sich das polnische Unternehmen und beantragte deren Aufhebung vor dem EuGH.

Markenschutz innerhalb der EU nur über das HABM

Im Unterschied zur nationalen Marken gelten Gemeinschaftsmarken für die gesamte EU. Voraussetzung ist die Anmeldung der Marke beim HABM. Die Entscheidungen des HABM können grundsätzlich beim EuGH angefochten werden.

Verwechslungsgefahr ist maßgebliches Entscheidungskriterium

Materiellrechtlich prüfte das Gericht die Gefahr einer Verwechslung der beiderseitigen Marken. Die Kriterien für das Bestehen einer Verwechslungsgefahr sind der Grad an Übereinstimmung in

  • bildlicher,
  • klanglicher und
  • begrifflicher Hinsicht.

Bildliche Ähnlichkeit der Marken nur gering

Die bildliche Ähnlichkeit der beiden Marken ist nach Auffassung des EuGH gering. Zwar bildeten beide Marken Reptilien aus der Ordnung der Krokodile ab. Die breite Öffentlichkeit behalte in der Regel nur ein unvollkommenes Bild einer solchen Marke im Gedächtnis. Dieses Bild bestehe in beiden Fällen aus der Abbildung eines Reptils der Ordnung der Krokodile, beide im Profil, beide mit gebogenem Schwanz. In der Körperlichkeit der beiden Abbildungen bestünden aber so große Unterschiede, dass der Gesamteindruck nur eine geringe bildliche Ähnlichkeit aufweise.

Keine entscheidungserhebliche klangliche Ähnlichkeit

Da die von dem polnischen Unternehmen angemeldete Marke im Gegensatz zur Marke von Lacoste Wortbestandteile enthält, hielt der EuGH die klangliche Ähnlichkeit für irrelevant.

Durchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit

Die begriffliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen stufen die Richter als durchschnittlich ein. Dies begründete das Gericht damit, dass die Bildbestandteile jedes der Zeichen begrifflich ein Reptil aus der Ordnung der Krokodile darstellten.

Erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke von Lacoste

Vor diesem Hintergrund hatte das Gericht zu entscheiden, ob die schwache bildliche Ähnlichkeit und die durchschnittliche begriffliche Ähnlichkeit zu einer Verwechslungsgefahr der beiden Markenzeichen führten.

  • Bei der Prüfung dieser Frage war nach Auffassung des Gerichts dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Marke Lacoste für Lederwaren, Bekleidungsstücke und Schuhe in den vergangenen Jahren eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat.
  • In diesen drei Marktsegmenten könne die Öffentlichkeit bei Wahrnehmung der Markenzeichen nach Auffassung des Gerichts zu dem Schluss gelangen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen aus demselben Unternehmen oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten.

Verwechslungsgefahr gegeben

Die von der Beschwerdeführerin angemeldete Marke kann im Ergebnis nach Auffassung des EuGH von der breiten Öffentlichkeit als Variante der Abbildung des Krokodils von Lacoste wahrgenommen werden, auch wenn eine sich unmittelbar aufdrängende Ähnlichkeit nicht bestünde. Aus diesem Grunde, bejahte das Gericht trotz der schwachen bildlichen Ähnlichkeit und der nur durchschnittlichen begrifflichen Ähnlichkeit das Bestehen einer Verwechslungsgefahr und bestätigte die Entscheidung des HABM.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden

(EuGH, Urteil vom 30.9.2015, T-364/13).

Vgl. zum Thema Markenschutz auch:

Nivea-blau

Kein Markenschutz für „Scheiß drauf“

Farben vor Gericht

Trotz Glöckchen – kein markenrechtlicher Schutz für den Osterhasen: Einordnung

Schlagworte zum Thema:  Markenrecht