Kein Markenschutz für „Scheiß drauf“

Der Begriff „Scheiß drauf“ ist nicht markenrechtsfähig. Der Wortfolge fehlt es an Unterscheidungskraft; eine herkunftsweisende Funktion kommt ihr nicht zu. Zudem enthält der Begriff eine grobe Verletzung des guten Geschmacks und ist sittenwidrig.

Ein Markenanmelder beantragte beim Münchner Patent- und Markenamt die Eintragung einer Wort-/Bildmarke „Scheiß drauf“. Verwendung sollte die Wort-/Bildmarke finden für Textilien, Dienstleistungen und Musik-CDs. Das Markenamt lehnte den Markenschutz ab. Die Wortfolge verletze den guten Geschmack. Insbesondere bei Verwendung für Textilien  und dort insbesondere für Unterwäsche könne die Wortfolge im Sinne einer Aufnahme von Ausscheidungen aufgefasst werden. Im übrigen handle sich um einen allgemeinen, umgangssprachlichen Fluch, der von jedermann für alle möglichen Sachverhalte verwendet werden könne. Der Wortfolge fehle daher auch die für eine Markenanmeldung erforderliche Unterscheidungskraft.

„Scheiß drauf“ als schützenswerte Lebenseinstellung

Der Markenanmelder war mit dieser Sichtweise des Markenamtes nicht einverstanden. Der Begriff sei nicht im Sinne einer Darmentleerung in eine Unterhose zu verstehen, vielmehr vermittle die Begriffsfolge eine Lebenseinstellung, die den Verwender von kleinkarierten Erbsenzählern abgrenzt. Sprüche, die eine Lebenseinstellung verkörpern, seien bisher vom Markenamt immer anerkannt worden wie „ Geiz ist geil“(Saturn) oder „Ich bin doch nicht blöd“ (Media-Markt). Auch die Marke „Vergiss den Scheiß“ sei vom Markenamt akzeptiert worden.

Es fehlt jegliche Unterscheidungskraft

Das BPatG ließ sich von dieser Argumentation nicht beeindrucken. Nach Ansicht der Richter fehlt dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Hiernach bedeute Unterscheidungskraft

  • die einem Zeichen innewohnende Eignung,
  • die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und
  • dadurch von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH, Beschluss v. 19.2.2014, I ZB III/13).

Die Unterscheidungskraft fehle, wenn Wortzeichen aus Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestünden, die allgemein gebräuchlich sind und von der Allgemeinheit nicht als Herkunftsnachweis verstanden würden (BGH, Beschluss v. 14.6.2010, I ZB 115/08). „Scheiß drauf“ erschöpfe sich in einer mehr oder weniger originellen Selbstdarstellung durch einen sogenannten “Fun-Spruch“. Der Spruch habe keinerlei Kraft, der angebotenen Ware eine besondere Identität zu verleihen.

Die Wortfolge wäre als angemeldete Marke anstößig

Im übrigen stelle das Zeichen eine Geschmacksverletzung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG dar. Nach dieser Vorschrift sind Kennzeichnungen vom Markenschutz ausgeschlossen, welche gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen. Das BPatG betonte, dass entgegen der Ansicht des Anmelders hierbei nicht auf den Zeitgeist, sondern auf die Sicht eines durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Publikums abzustellen sei (EuGH, Urteil v. 5.10.2011, T-526/09; BGH, Beschluss v. 2.10.2012, I ZB 89/11). Die hier angemeldete Wortfolge enthält nach Ansicht der Richter eine gravierende Verletzung des zivilisatorischen Konsens und damit des guten Geschmacks. Die Grenze eines angemessen Sozialverhaltens sei durch den Spruch überschritten. Dies gelte auch in einer Zeit, in der die Anschauungen über Sitte und Moral sich gelockert hätten. Die Liberalisierung der allgemeinen Anschauung bedeute nicht, dass die Verwendung eines auf unterstem Sprachniveau angesiedelten Begriffes als amtlich registrierte Marke nicht als anstößig empfunden würde.

Keine Gleichbehandlung in der Geschmacklosigkeit

Ein Rechtsanspruch auf Eintragung kann der Markenanmelder nach Ansicht des Senats schließlich auch nicht nach dem Prinzip herleiten, dass ähnlich geschmacklose Anmeldungen bereits vom Markenamt akzeptiert wurden (EuGH, Beschluss v. 12.2.2009, C-39/08). Soweit das Deutsche Patent- und Markenamt ähnliche Marken bereits eingetragen habe, beruhe dies auf einer Beurteilung, die der Senat - zumindest teilweise - nicht teile. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung bestehe insoweit nicht. Das Rechtsmittel des Markenanmelders hatte somit keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde hat das BPatG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit allerdings ausdrücklich zugelassen.

(BPatG, Beschluss v. 13.4.2015, 27 W (pat) 531/14)

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