VG-Beschluss: Übermittlung von Halterdaten an Parkplatzbetreiber

Kundenparkplätze vor Supermärkten oder sonstigen gewerblichen Einrichtungen werden häufig von kommerziell geführten privaten Unternehmen betrieben. Dürfen Straßenverkehrsbehörden die Daten von Fahrzeughaltern auf Anfrage an die Betreiber übermitteln?

Der Kunde darf sein Fahrzeug dort in der Regel nur für eine begrenzte Zeit abstellen. Bei Überschreitung der Höchstparkdauer wird eine Vertragsstrafe fällig.

Problem der Übermittlung von Halterdaten an private Parkplatzbetreiber

Das VG Schleswig-Holstein hat sich mit der Frage befasst, ob die zuständige Straßenverkehrsbehörde dem Betreiber eines solchen Parkplatzes auf entsprechende Anfrage Auskunft über den Halter eines betroffenen Fahrzeuges geben kann. Im konkreten Fall hatte eine Fahrzeughalterin ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Supermarktes abgestellt und dort die zulässige Parkdauer um 20 Minuten überschritten. Diverse auf dem Parkplatz aufgestellte Anzeigetafeln wiesen unübersehbar auf eine höchstzulässige Parkdauer von 1 Stunde hin.

Auskunftserteilung durch die Behörde auf Anfrage

Die Betreiberin des Supermarktes, die den Kundenparkplatz in eigener Regie betrieb, bat die zuständige Straßenverkehrsbehörde um Mitteilung der Halterdaten. Die Behörde erteilte die gewünschte Auskunft.

Fahrzeughalterin rügt Datenschutzverstoß

Die Fahrzeughalterin sah in der Weitergabe der Halterdaten einen Verstoß gegen den Datenschutz und forderte die Behörde zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Als diese der Aufforderung nicht nachkam, beantragte die Halterin im Eilverfahren Verurteilung der Straßenverkehrsbehörde zur Unterlassung der Weitergabe ihrer Halterdaten im Zusammenhang mit Parkvorgängen auf Privatgrundstücken.

Eilantrag zurückgewiesen

Das angerufene VG wies den Eilantrag zurück. Nach Auffassung des VG bestand keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Gemäß § 39 Abs. 1 StVG sei die Straßenverkehrsbehörde befugt, angefragte Fahrzeug- und Halterdaten auf Anfrage mitzuteilen, wenn

  • der Empfänger unter Angabe des betreffenden Kennzeichens oder der betreffenden Fahrzeugidentifizierungsnummer
  • darlegt, dass er die Daten zur Geltendmachung, Sicherung oder Vollstreckung oder zur Befriedigung oder Abwehr von Rechtsansprüchen
  • im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr oder
  • zur Erhebung einer Privatklage wegen im Straßenverkehr begangener Verstöße benötigt.

Straßenverkehrsbehörde durfte Auskunft erteilen

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren nach der Bewertung des VG im konkreten Fall erfüllt. Die Tatsache, dass es sich bei einem Supermarktparkplatz um ein Privatgrundstück handelt, ändert nach Auffassung des VG nichts an der Berechtigung der Weitergabe der Halterdaten. Der von der Vorschrift geforderte Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr sei immer dann gegeben, wenn ein Parkplatz der Allgemeinheit offensteht und der Berechtigte den Parkplatz zur allgemeinen Nutzung freigegeben hat.

Unterlassungsanspruch unbegründet

Damit war nach der Entscheidung des VG ein Anspruch auf Unterlassung der Datenübermittlung gegenüber der Straßenverkehrsbehörde nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erforderlichen summarischen Prüfung nicht gegeben. Demgemäß hat das VG den Unterlassungsantrag als unbegründet zurückgewiesen.

(VG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 19.9.2020 23,10 B 76/23)

Hintergrund:

Die Praxis vieler Supermärkte und sonstiger gewerblicher Betriebe, auf ihren Kundenparkplätzen nur eine begrenzte kostenfreie Parkdauer zu gestatten und bei Überschreiten die Zahlung einer Vertragsstrafe zu fordern, hat die Rechtsprechung seit langem abgesegnet.

Vertragsstrafe bei Überschreiten der Parkzeit

Viele Supermarktketten haben das Betreiben bzw. die Überwachung ihrer Kundenparkplätze auf Privatunternehmen übertragen. Diese dürfen im Fall einer Überschreitung der zulässigen Parkzeit ein privates „Knöllchen“ in Form einer Vertragsstrafe anordnen. Als angemessen sieht die Rechtsprechung Vertragstrafen um die 30 EUR an. Auch das Abschleppen des Fahrzeugs im Fall großer Überschreitungen der erlaubten Parkdauer mit anschließender Verpflichtung des Fahrers zur Begleichung der Abschleppkosten wurde vom BGH gebilligt. (BGH, Urteil v. 5.6.2009, V ZR 144/08).

Rechtsgrundlage ist Nutzungsvertrag mit dem Parkplatzbetreiber

Voraussetzung für die Geltendmachung einer Vertragsstrafe bzw. das Abschleppen ist nach der Rechtsprechung eine eindeutige gut sichtbare Beschilderung am Parkplatz, die auf die zulässige Parkzeit und die Kosten im Fall eines Verstoßes hinweist. Auf der Grundlage dieser Hinweistafeln schließe der Fahrer einen Nutzungsvertrag mit dem Betreiber ab. Vertragspartner ist hier also grundsätzlich der Fahrer, nicht der Fahrzeughalter (BGH, Urteil v. 18.12.2019, XII ZR 13/19).

Halter muss potenzielle Fahrer benennen

Wer als Halter in Anspruch genommen wird und selbst nicht gefahren ist, ist nicht verpflichtet, den konkreten Fahrer aber zu benennen. Laut BGH muss er jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast die insgesamt in Betracht kommenden möglichen Fahrer benennen (BGH, Urteil v. 18.12.2019, XII ZR 13/19). Weigert sich der Halter, den verantwortlichen Fahrer zu benennen, so kann der Parkplatzbetreiber vom Halter eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend verlangen, dass sein Fahrzeug in Zukunft nicht mehr verbotswidrig auf dem Parkplatz abgestellt wird (BGH, Urteil v. 18.12.2015, V ZR 160/14).

Halterhaftung für Abschleppkosten

Für die Abschleppkosten haftet ggflls. auch der Halter gegenüber dem Parkraumbewirtschafter. In diesem Fall liegt nach Ansicht des BGH eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse des Fahrzeughalters vor (BGH, Urteil v. 11.3.2016, V ZR 102/15). Allerdings darf das Abschleppen im konkreten Fall nicht unverhältnismäßig sein (z. B. Abschleppen von einem ständig nahezu leeren Parkplatz).

Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Datenschutz