Irreführende Werbung für Telefon-Flatrates

Die Werbung für eine Telefon-Flatrate ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn der Anbieter den Verbraucher nicht deutlich darauf hinweist, dass Hunderte von Festnetznummern mit einer Ortsvorwahl von der Flatrate ausgenommen sind.

Vor dem LG Koblenz musste der für günstige Telefonangebote bekannte Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen „1&1 Telecom GmbH“ eine Niederlage einstecken. Mit einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil hat das Gericht das Unternehmen auf eine Klage des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv) zur Unterlassung einer irreführenden Werbung für „Flattelefonie in alle dt. Festnetz- und Mobilfunknetze“ verurteilt.

Preisdetails öffneten sich erst nach Scrollen und mehreren Klicks

Der vzbv hatte sich an der Werbung des Telefonanbieters für Allnet-Flat-Tarife gestört. Auf ihrer Website warb die Beklagte für diverse Flattarife zu monatlichen Festbeiträgen zu je 9,99 bzw. 14,99 EUR. Wenn der Verbraucher das auf der Website neben den Preisen befindliche Sternchen anklickte, öffneten sich Popup Fenster mit Titeln wie „Telefon FLAT ins deutsche Festnetz“ und „Telefon FLAT in alle deutschen Mobilfunknetze“. Um in den unteren Teil der Popupfenster zu gelangen, musste der Verbraucher auf der Seite herunterscrollen. Dort konnte er die Tarifdetails anklicken, worauf sich ein Hyperlink auf eine zwei Seiten umfassende PDF-Datei mit den Preisen für die Allnet-Flat-Tarife öffnete.

100-Seiten-Liste mit Ausnahmen von der Flatrate

Die Preisliste informierte darüber, dass Gespräche und Weiterleitungen in das deutsche Festnetz kostenfrei sind. Eine Fußnote am Ende der zweiten Seite der Preisliste informierte darüber, dass Servicedienste, die über geographische Festnetznummern realisiert werden, von der Flatrate ausgenommen sind. Über einen weiteren Hyperlink gelangte der Verbraucher zu einem 100 Seiten starken PDF-Dokument, das eine Auflistung Hunderter kostenpflichtiger Verbindungen enthielt, sämtlich Telefonnummern mit einer normalen Ortsvorwahl (keine Servicerufnummern), darunter viele Nummern, die beispielsweise zur Teilnahme an Telefonkonferenzen erforderlich sind und die in Zeiten von Corona und Home-Office besonders häufig Verwendung fanden und noch finden.

Irreführung beurteilt sich nach dem angesprochenen Verbraucherkreis

Diese Angebotstechnik bewertete das Gericht als Irreführung des Verbrauchers. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn

  • sie unwahre Angaben enthält oder
  • sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung.

Entscheidend für die Beurteilung einer Irreführung sind nach der Entscheidung des LG die Erwartungen des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (BGH, Urteil v. 2.10.2003, I ZR 150/01 – Focus/Spiegel-Urteil).

Zusatzkosten bei geographischen „Normalnummern“ überraschend

Die Werbeaussage „FLAT- Telefonie in alle deutschen Festnetz- und Mobilfunknetze“ versteht der durchschnittliche Verbraucher nach Auffassung des Gerichts dahingehend, dass er in dem beworbenen Tarif uneingeschränkt im deutschen Festnetz und in den deutschen Mobilfunknetzen telefonieren kann, ohne dass hierfür über das pauschale monatliche Entgelt hinausgehende Kosten anfallen. Zwar sei den meisten Verbrauchern bekannt, dass bestimmte Servicedienstleistungen zusätzliche Kosten verursachen können, solche zusätzlichen Kosten erwarte der Verbraucher allerdings nur bei den in diesem Zusammenhang bekannten Vorwahlnummern wie 0180, 0137 oder 0900. Solche zusätzlichen Kosten erwarte er aber nicht bei den üblichen deutschen geographischen Vorwahlnummern.

Flat-Charakter werbetechnisch besonders hervorgehoben

Die Werbung für einen Tarif mit Festnetz-Flatrate, von der Hunderte von Festnetzrufnummern ausgenommen sind, ohne dass dies durch einen deutlichen Hinweis kenntlich gemacht werde, bewertete das Gericht als Werbung mit unwahren Angaben (BGH, Urteil v. 18.12.2014, I ZR 129/13). Dies folge u.a.  daraus, dass die Beklagte den Begriff „FLAT“ mit Großbuchstaben und auffälliger farblicher Gestaltung besonders hervorgehoben habe, während die Verbraucher mehrfach hätten klicken und scrollen müssen, um zu den Informationen über die große Zahl kostenpflichtiger Servicedienste mit Festnetzrufnummer zu gelangen.

Irreführung eines erheblichen Teils des angesprochenen Verbraucherkreises

Mit dieser Art der Werbung war nach der Bewertung des Gerichts nicht gewährleistet, dass der durchschnittliche Verbraucher die erheblichen tatsächlichen Einschränkungen der in dem Begriff FLAT enthaltenen Werbeaussage vor seiner Entscheidung über den Vertragsabschluss mit der Beklagten zur Kenntnis nehmen und dies seiner Kaufentscheidung zu Grunde legen würde. Deshalb sei von der Irreführung eines erheblichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise auszugehen.

Klage des vzbv erfolgreich

Im Ergebnis verurteilte das LG die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung der vom vzbv beanstandeten irreführenden Werbung.

(LG Koblenz, Urteil v. 8.2.2022, 3 HK O 43/20)

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