Gebührenvereinbarung zwischen Anwalt und Mandant kommt auch per E-Mail zustande
Der Fall betraf einen Strafverteidiger, der mit seinem Mandanten per wechselseitiger E-Mail eine Vergütungsvereinbarung von rund 1.500 € vereinbart hatte, was dem Dreifachen der gesetzliche Gebühren entsprach. Später wollte der Mandant davon nichts mehr wissen. Wegen der Übermittlung per eMail sei die Form nicht gewahrt. Das Amtsgericht sah das genauso und wies die Zahlungsklage des Anwalts ab. Das LG Görlitz kassierte den Entscheid wieder ein.
Elektronisch übermittelte Textform genügt
§ 3a RVG sieht für anwaltliche Vergütungsvereinbarungen, wie die vorliegende, lediglich die Textform vor. „Danach genügt der wechselseitige Austausch von Angebot und Annahmeerklärung in Textform, wobei nach einhelliger Auffassung eine auf elektronischem Wege übermittelte, reproduzierbare Erklärung ausreichend ist. Erforderlich für die Einhaltung der Textform ist darüber hinaus lediglich, dass der Urheber der Erklärung kenntlich ist“ erläuterte das Gericht.
In formaler Hinsicht genügten also die dem Mandanten ohne Unterschrift des Anwalts übermittelte Vergütungsvereinbarung, wie auch die E-Mail des Mandanten vom 27.7.2010 der Textform entsprochen habe. Die E-Mail des Mandanten sei auch als Annahme des Angebotes auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu verstehen.
Weder Missverständnis noch geheimer Vorbehalt
Der Anwalt hatte in seinem vorangegangenen Anschreiben sowie im zugleich übersandten Text der Vergütungsvereinbarung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Betrag aus der Vergütungsvereinbarung als „Zusatzbetrag" zur gesetzlichen Vergütung versteht. Der Mandant konnte also nicht dem Missverständnis erliegen, der Anwalt berechne eine Art „Vorschuss".
In Anbetracht der eindeutigen Formulierungen in Anschreiben und Vergütungsvereinbarung sowie der weiteren Umstandes, dass die sogleich übersandte Rechnung ausdrücklich auf die Vergütungsvereinbarung Bezug nimmt, stellt die Bezahlung der Vergütung durch den Mandanten und dessen nachfolgende schriftliche Mitteilung, dass die Bezahlung erfolgt sei und einer Tätigkeit des Anwalts damit „nichts mehr im Wege" stehen „sollte" bei der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben eine Einverständniserklärung dar.
Willenserklärungen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben auszulegen
Die Relativierung durch Verwendung des Wortes „sollte“ und der Umstand, dass der Mandant nicht - wie gefordert - die unterschriebene Vergütungsvereinbarung an den Anwalt zurücksandte, haben dem gegenüber kein entscheidendes Gewicht. „Denn Willenserklärungen sind unter Berücksichtigung von Treu und Glauben auszulegen; der Empfänger darf dabei von einem redlichen Geschäftspartner ausgehen.
Der geheime Vorbehalt bei Abgabe einer Willenserklärung (§ 116 BGB) ist unbeachtlich, gleiches gilt für Verhaltensweisen, mit denen der Erklärende entgegen dem an sich eindeutigen Sinngehalt seiner Erklärung, so wie ihn sein Geschäftspartner verstehen darf, sich formal eine „Hintertür" offenhalten möchte, befand das Gericht.
(LG Görlitz, Urteil vom 1.3.2013, 1 S 51/12).
-
Angemessene Beileidswünsche beim Tod von Mitarbeitern, Mandanten und Geschäftspartnern
1.4051
-
Anwalt darf die anwaltlich vertretene Gegenseite nicht direkt kontaktieren
1.273
-
Abschreibung: Gebrauchter PKW als Geschäftswagen sinnvoll?
955
-
Fristverlängerung bei Gericht beantragen - Fehlerquellen und Haftungsgefahren
852
-
Drohung des Anwalts mit Mandatsniederlegung zur Unzeit
5272
-
Anwalt muss laut BGH auf Mandantenfrage unverzüglich antworten
4691
-
Beziehung gescheitert, Geschenke zurück?
458
-
Wann macht eine Streitwertbeschwerde Sinn?
380
-
Nach der Trennung: Umgang mit dem Hund im Wechselmodell
351
-
Gegenstands-, Streit- und Verfahrenswert als Grundlagen der Wertberechnung
317
-
Justiz-Kontroverse in den USA um „Boneless-Wings“
15.09.2024
-
Ausschluss eines Rechtsanwalts aus der Partnergesellschaft
10.09.2024
-
Wer als Anwalt beigeordnet wird, hat Anspruch auf Vergütung
09.09.2024
-
Bußgeld für namenloses Schlauch-Paddelboot
06.09.2024
-
AGH bestätigt Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung bei ignorierter Kammeranfrage
02.09.2024
-
Neuer US-Trend: Postings von Wahl-Selfies
01.09.2024
-
Beitragshöhe zum Versorgungswerk: Ehrenamtliche Einkünfte sind Teil der Gesamteinnahmen
28.08.2024
-
Internetbewertung von Anwälten ohne vorheriges Mandat
27.08.2024
-
BRAK beschließt neue Auslegungshinweise zum Geldwäschegesetz
13.08.2024
-
Anwaltliche Verschwiegenheitspflicht vom EuGH gestärkt
13.08.2024