Rechtsfolgen der Bestandskraft
Ist ein Planfeststellungsbeschluss etwa nach Ausschöpfung des Rechtswegs unanfechtbar geworden, sind nach § 9 Abs. 3 und § 11 LuftVG i.V. mit § 14 BImSchG Beseitigungs- und Änderungsansprüche jeglicher Art gegenüber einem planfestgestellten Flugplatz ausgeschlossen. Diese Vorschriften ergänzt § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG dahingehend, dass auch Ansprüche auf Unterlassung der Benutzung der planfestgestellten Flugplatzanlagen nicht durchgesetzt werden können. Die Rechtskraft einer bestandskräftigen sog. isolierten Genehmigung reicht zwar nicht ganz so weit. Sie schließt aber nach § 11 LuftVG i.V. mit § 14 BImSchG privatrechtliche Ansprüche auf (auch teilweise) Einstellung des Flugbetriebs eines unanfechtbar genehmigten Flugplatzes aus. Daher stellt sich für lärmbetroffene Flugplatznachbarn die Frage, ob trotz der Unanfechtbarkeit der Zulassungsentscheidung nachträglich noch Ansprüche auf weiteren zusätzlichen Schallschutz und auf Entschädigung geltend gemacht werden können, wenn technische Schallschutzmaßnahmen nicht realisierbar sind.
Anspruchsgrundlagen
Die rechtliche Möglichkeit für derartige Ansprüche eröffnen für planfestgestellte Flugplätze die Vorschriften des § 75 Abs. 2 Satz 1 bis 4 VwVfG. Danach haben lärmbetroffene Nachbarn bei nicht voraussehbaren nachteiligen Wirkungen eines Vorhabens einen Anspruch gegenüber der Planfeststellungsbehörde auf nachträgliche Planergänzung durch Anordnung von Schutzvorkehrungen und bei deren Nichtrealisierbarkeit auf Entschädigung. Für sog. isolierte Genehmigungen fehlt es an einer derartigen ausdrücklich gesetzlichen Reglung. Nach der Kommentarliteratur sind aber die Vorschriften des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG als für das Fachplanungsrecht allgemein geltende Regelungen auch auf bestandskräftige Genehmigungen anzuwenden. Diese Meinung lässt sich damit begründen, dass sich in § 14 BImSchG, auf den § 11 LuftVG Bezug nimmt, eine den Vorschriften des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG fast inhaltsgleiche Regelung findet.
Vorrang des Fachplanungsrechts
Nach der Rechtsprechung des BGH haben die genannten Vorschriften des Fachplanungsrechts Vorrang vor denen des Zivilrechts mit der Folge, dass zivilrechtliche Entschädigungsansprüche nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommen. Der Lärmschutz lärmbetroffener Flugplatznachbarn konzentriert sich danach auf die Vorschriften des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG. Diesen Vorrang des Fachplanungsrechts versteht der BGH in einem umfassenden Sinn dahingehend, dass es sämtliche fachplanungsrechtlich erhebliche Fluglärmbeeinträchtigungen im Verhältnis zwischen dem Flugplatzunternehmer und der lärmbetroffenen Nachbarschaft zu einem Ausgleich bringt. Insoweit regelt das Fachplanungsrecht nach Meinung des BGH den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten durch die behördliche Anordnung baulicher Schallschutzmaßnahmen einerseits und im Falle ihrer Nichtrealisierbarkeit durch Entschädigungsleistung andererseits derart abschließend, dass auch hinsichtlich einer Entschädigung für einen Minderwert des Grundstücks kein Raum für einen Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verbleibt.
Atypische Lärmbelastung
Entscheidende Voraussetzung für einen Lärmsanierungsanspruch ist nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, dass die nachträglichen Lärmeinwirkungen, gegen die sich ein Flugplatznachbar zur Wehr setzt, nicht voraussehbar waren. In diesem Zusammenhang gilt nach der Rechtsprechung, dass allein in der – zum Teil auch erheblichen – Steigerung von Flugbewegungszahlen und einer damit einhergehenden Zunahme des Fluglärms unter Ausnutzung der genehmigten Kapazität eines Flugplatzes noch keine unvorhersehbaren Wirkungen des Flugplatzbetriebs im Sinne dieser Vorschrift zu sehen ist. Denn bei verständiger Würdigung der Situation müssen die Anwohner etwa eines Verkehrsflughafens damit rechnen, dass der Flughafen im Zuge der allgemeinen Entwicklung expandiert und seine genehmigte Kapazität mit der Folge einer zunehmenden Lärmbelastung der Umgebung ausgeschöpft wird.
Ein nicht voraussehbarer atypischer Geschehensablauf wird von der Rechtsprechung aber dann angenommen, wenn die mit der Steigerung der Flugbewegungen verbundenen Lärmeinwirkungen auf ein benachbartes Wohngrundstück die verfassungsrechtlich zumutbare Schwelle zu Gesundheitsgefährdungen überschreiten, die bei äquivalenten Dauerschallpegeln von 70 dB(A) am Tag und von 60 dB(A) in der Nacht angenommen werden.
Neue Rechtslage durch FluglG?
Was die Anwendbarkeit der Vorschriften in § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG als Anspruchsgrundlage für Lärmsanierungsmaßnahmen betrifft, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung verbindlicher Lärmgrenzwerte und der ausdifferenzierten Regelung von Lärmsanierungsansprüchen im FluglG eine abschließende spezielle Regelung schaffen wollte, mit der die Vorschriften des § 75 VwVfG verdrängt werden. Der VGH Kassel hat diese Rechtsfrage in der Begründung zu einer Entscheidung zwar angesprochen, sie aber letztlich offe...