Konfliktpotenzial

Mit dem Einsatz von Strahlflugzeugen ist die Zahl der Flugbewegungen seit Anfang der 60er Jahre sprunghaft angestiegen. Damit hat sich auch die Lärmsituation in der Umgebung von Flugplätzen erheblich verschärft. Heute sind Fluggastzahlen von über 30 Mio. Passagieren schon fast eine Selbstverständlichkeit für einen Internationalen Verkehrsflughafen, wobei Großflughäfen mit der Funktion internationaler Drehkreuze diese Zahlen um ein Mehrfaches übertreffen. Zudem sind Start- und Landebahnen mit einer Länge von rund 4000 m gegenüber rund 2000 m Anfang der 60er Jahre heute für einen Internationalen Verkehrsflughafen allgemein üblich. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Umfang des Lärmteppichs in der Umgebung eines solchen Flughafens und die Anzahl der lärmbetroffenen Flugplatznachbarn.

Handlungsbedarf

Angesichts der dargestellten Entwicklung waren Politik und Verwaltung zum Handeln aufgerufen. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 1981 Anlass, sich in einer Entscheidung mit der Pflicht des Gesetzgebers zu befassen, die damaligen Regelungen zur Bekämpfung des Fluglärms nachzubessern.[1]

Lärmschutz an der Quelle

Wirksamer Schutz gegen Fluglärm muss in erster Linie durch eine möglichst weitgehende Minderung des Lärms an der Quelle, d.h. am Flugzeug selbst und seinen Triebwerken, ansetzen. Einerseits ist dafür zu sorgen, dass lärmarme Flugzeuge entwickelt und gebaut werden. Zum anderen ist sicherzustellen, dass diese Flugzeuge so schnell wie möglich zum Einsatz kommen.

Internationale Abstimmung

Dabei ist eine Abstimmung auf internationaler Ebene notwendig, weil die Produktion von Verkehrsflugzeugen auf relativ wenige große Hersteller in aller Welt konzentriert ist. Entscheidend für die Entwicklung der Lärmschutztechnik im Flugzeugbau sind daher die internationalen Vereinbarungen der International Civil Aviation Organisation (ICAO). Deren Abkommen sind auch die Grundlage für Entscheidungen der Europäischen Union mit Verbindlichkeit für deren Mitgliedstaaten. Dementsprechend dürfen auf den Flughäfen der Europäischen Union ab dem 1.4.2004 nur noch Flugzeuge starten und landen, die die Lärmschutzanforderungen des Kap. 3 Anhang 16 zum ICAO-Abkommen erfüllen (sog. Kapitel-3-Flugzeuge). Diese deutlich leiseren Flugzeuge haben zahlenmäßig in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und inzwischen die alten lauteren Flugzeugtypen verdrängt.

Nationale Maßnahmen

Der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber hat zum einen die Vorgaben der Europäischen Union durch Änderung der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)[2] umgesetzt (§ 11 LuftVO) und in § 11a LuftVO Flüge ziviler Flugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit im deutschen Luftraum grundsätzlich verboten. Zum anderen wurde mit dem am 3.4.1971 in Kraft getretenen Fluglärmgesetz[3] erstmals zum Schutz der Nachbarschaft in der Umgebung von Verkehrsflughäfen und Militärflugplätzen mit Strahlflugzeugbetrieb eine gesetzliche Grundlage für die Erstattung von notwendigem baulichen Schallschutz am vorhandenen besonders lärmbelasteten Wohngebäudebestand sowie für die Einschränkung der baulichen Nutzung im Lärmschutzbereich dieser Flugplätze zur Vermeidung künftiger Konfliktfälle geschaffen. Diese gesetzliche Regelung hat auch zu Verschärfungen der Lärmschutzanforderungen bei der behördlichen Zulassung von Flugplätzen nach dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG)[4] geführt.

Derzeitige Situation

In den auf das Fluglärmgesetz von 1971 folgenden Jahren wurden von der Rechtsprechung die Anforderungen an den Lärmschutz der Nachbarschaft bei der behördlichen Zulassung von Flugplätzen Schritt für Schritt verschärft. Diese Rechtsprechung hat letztlich in das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1.6.2007 Eingang gefunden, mit dem zum einen das Fluglärmgesetz novelliert wurde[5] und zum anderen durch Änderung des LuftVG verbindliche gesetzliche Vorgaben für den baulichen Schallschutz in Form von Lärmgrenzwerten für die behördliche Zulassung von Flugplätzen festgelegt wurden.

Allgemeine Luftfahrt

Dem Schutz der Nachbarschaft vor Fluglärm der Allgemeinen Luftfahrt einschließlich des Sportflugzeugbetriebs dient die Landeplatz-LärmschutzVO.[6] Nach diesem Regelwerk ist der Luftverkehr mit Luftfahrzeugen bis zu 9 t höchstzulässiger Startmasse an Landeplätzen, die vom Bundesministerium für Verkehr bekannt gegeben werden, zeitlichen Beschränkungen unterworfen.

[1] Vgl. BVerfG, Beschluss v. 14.1.1981, 1 BvR 612/72, NJW 1981, 1655.
[2] Luftverkehrs-Ordnung i.d.F. v. 27.3.1999, BGBl I 1999, 580.
[3] Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm v. 30.3.1971, BGBl I 1971, 282.
[4] Luftverkehrsgesetz i.d.F. v. 10.5.2007, BGBl I 2007, 698.
[5] Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm i.d.F. v. 31.10.2007, BGBl I 2007, 2550.
[6] Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung (Landeplatz-LärmschutzVO) v. 5.1.1999, BGBl I 1999, 35.

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