Mit dem "PAS" wird eher ein beziehungsdynamisches Erklärungsmodell angeboten und nicht ein krankheitswertiger Zustand diagnostiziert. Im Prinzip widerlegt sich das "PAS" wegen der heterogenen Symptomatik der angeblich Betroffenen selbst. Normalerweise wird in der Medizin ein Syndrom auch dadurch gekennzeichnet, dass immer dieselbe Symptomatik zu einem Symptomenkomplex kondensiert ist, der eine bestimmte diagnostische Entität widerspiegelt. Jede/r Betroffene leidet unter derselben Symptomatik. Beim "PAS" leiden jedoch die Kinder angeblich, beeinflusst durch einen Elternteil ("Brainwashing", "Mind Control") unter völlig heterogenen Symptomen (Ablehnung eines Elternteils, Verunglimpfung, absurde Rationalisierungen der Verunglimpfung, fehlende Ambivalenz, Phänomen "eigenständiges Denken", reflexartige Unterstützung des entfremdenden Elternteils, fehlende Schuldgefühle, entliehene Szenarien, Ausweitung der Feindseligkeiten auf die erweiterte Familie des entfremdeten Elternteils) und die angeblich ebenfalls von "PAS" betroffenen Elternteile leiden wiederum unter einer anderen Symptomatik (ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber dem anderen Elternteil, angeblich bewusste oder unbewusste Beeinflussung bzw. Manipulation des Kindes, Umgangseinschränkung oder -verweigerung, eingeschränkte bis fehlende "Bindungstoleranz" oder der abgelehnte Elternteil leidet unter der Ablehnung "ohne guten Grund" durch das Kind bzw. dessen betreuenden Elternteil).

Objektiver, fairer und weniger durch irrationale Beschuldigungen der manipulativen Beeinflussung geprägt als die "PAS"-Pseudodiagnose ist die Nutzung etablierter klassifikatorischer Codes in Gerichtsverfahren, wie z.B. im DSM-5, im Abschnitt II unter "Other Conditions that may be a Focus of Clinical Attention", der Code V61.29 CAPRD, Child-Affected-by-Parental-Relationship-Distress.[11]

Das Bundesinstitut für Arzneimittel, welches die ursprüngliche Zuständigkeit des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für die Herausgabe der offiziellen deutschen Version solcher Diagnosemanuale (bezeichnet als "German Modification", also ICD-10 GM) innehat, hat für Deutschland jedoch noch keine amtliche Fassung der 11. Revision herausgegeben.

[11] DSM-5, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Aufl., 2013, Hrsg. American Psychiatric Association.

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