Rz. 8
Ob und inwieweit die Praxis die Vorstellungen des Gesetzgebers überhaupt annimmt, bleibt abzuwarten. Nach Ansicht des Verfassers wird es sich ggf. empfehlen, die damit zusammenhängenden Probleme nach dem folgenden Grobschema zu prüfen:
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Gibt es eine Abrede zur Findungsphase und in welcher Form?
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Wenn nur mündlich: Auslegung und Prüfung, in welchem Zusammenhang dies mit einem späteren (mündlichen) oder schriftlichen Vertrag steht; |
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wenn schriftlich: Prüfung, welche Konsequenzen sich daraus im Hinblick auf Honorar und ggf. Haftung ergeben. |
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Prüfung, ob dies ggf. Nachfolgeüberlegungen zu Problemen der "stufenweisen" Beauftragung erfordert; |
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Klärung der Schnittstelle zur nachfolgenden Beauftragung, z.B. gab es eine (Teil-)Abnahme der Leistungen aus der Findungsphase? Wie fand die Überführung der Ergebnisse in den Vertrag statt? Gibt es Gesamtschuldprobleme bei wechselnden Planern zwischen Findungsphase und nachfolgendem Auftrag? |
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Prüfung der Belehrungspflichten des § 650r Abs. 1 S. 2 BGB bei Verbraucherverträgen. |
Unklar bleibt derzeit auch, welche Haftungsfolgen sich aus möglichen Pflichtverletzungen im Bereich der Findungsphase ergeben; in Betracht kommen aber sämtliche werkvertraglichen Rechte (vgl. § 650p Abs. 1 BGB neu).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang jedoch die soweit ersichtlich erste obergerichtliche Entscheidung des OLG Frankfurt. In dieser Entscheidung hat das OLG Frankfurt entschieden, dass der Auftragnehmer eines nach dem 1.1.2018 geschlossenen, die Zielfindungsphase ausdrücklich aufnehmenden Architektenvertrags Honorar für darüber hinausgehende Leistungen nur unter der Voraussetzung beanspruchen kann, dass er die mindestens erforderlichen Ergebnisse jener Phase dem Auftraggeber zur Prüfung vorgelegt und hierzu eine klare Billigungserklärung erhalten hat. Dies erfordert mindestens eine Kosteneinschätzung, die erkennen lässt, worauf sie sich bezieht und woraus sie hergeleitet ist. Im entschiedenen Fall war die Leistungsphase 1 auch vollständig in die Zielfindungsphase integriert – damit schuldete der Auftragnehmer im Rahmen der Grundlagenermittlung auch die Klärung des wirtschaftlichen Rahmens des Bauherren. Auch im Übrigen waren Leistungen aus der Zielfindungsphase in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vollständig erbracht worden. Wenn der Auftragnehmer danach ohne ausdrückliche Zustimmung des Auftraggebers zu den Ergebnissen der Zielfindungsphase Leistungen erbringt, prescht er insoweit vor. In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des BGH vom 17.11.2022 von Bedeutung – in dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 650r Abs. 1 S. 2 BGB erst nach Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB zu laufen beginnt.