A. Einführung
Rz. 1
Im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um eine berechtigte oder unberechtigte Kündigung können vielfältige Ansprüche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen, die nachfolgend auch durchgesetzt werden müssen:
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So kann ein (vorläufiger) Beschäftigungs- bzw. Weiterbeschäftigungsanspruch durchzusetzen sein. |
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Ist die Kündigung des Arbeitnehmers ungerechtfertigt, jedoch eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar, so kann das Gericht nach § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. |
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Wird die Kündigung ausgesprochen oder eine Vertragsaufhebung in einem Vergleich vereinbart, können Ansprüche auf restliche Vergütung oder auf ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis durchzusetzen sein. |
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Nicht selten verweigert der Arbeitgeber die Herausgabe von Arbeitspapieren, während der Arbeitnehmer mit der Herausgabe von Arbeitsmitteln, die der Arbeitgeber ihm zur Verfügung gestellt hat, in Verzug gerät. |
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Der Arbeitnehmer nimmt nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung auf, die gegen seine nachvertraglichen Pflichten oder gegen ein ausdrückliches Wettbewerbsverbot verstößt. |
Rz. 2
Im Rahmen der nachfolgenden Darstellung sollen die rechtlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung arbeitsrechtlicher Titel unter besonderer Beachtung der im Zusammenhang mit einer Kündigung entstehenden Vollstreckungstitel erläutert werden. Im Rahmen eines solchen Handbuches können dabei nur die Besonderheiten des Arbeitsrechtes aufgearbeitet werden. Soweit nachfolgend die Bestimmungen der ZPO Anwendung finden, wird allein die Überleitung in die Grundzüge der dortigen Verfahrensweise geleistet. Im Übrigen muss auf die Fachliteratur zur Zwangsvollstreckung nach der ZPO verwiesen werden. Dabei muss beachtet werden, dass sich seit der letzten Auflage des Werks mit der Fortentwicklung der Regelung zur Kontopfändung durch das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz der neuen Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV), die ab dem 22.12.2022 neue Formulare gebracht hat, die nun zum 1.9.2024 verbindlich werden, wieder wesentliche Parameter verändert haben. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der erheblichen Kostensteigerungen von durchschnittlich 10 % mit dem Dritten KostRMoG seit dem 1.10.2021. Vor dem Hintergrund der erheblichen Kosten muss deshalb auch immer über ein alternatives Vorgehen nachgedacht werden.
Rz. 3
Eine Darstellung der umfangreichen Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung ist in einem solchen Handbuch mit dem Schwerpunkt auf dem materiellen Recht nicht möglich. Insoweit bleiben die nachfolgenden Ausführungen auf die Darstellung beschränkt, in welchen Fällen welches Rechtsmittel statthaft ist. Eine Darstellung der Rechtsmittel nur im Überblick erscheint für die Praxis nicht hilfreich. Insoweit wird auf das Spezialwerk des Autors mit der umfangreichen Darstellung der Rechtsmittel und ihrer Voraussetzungen einschließlich der Muster für alle Rechtsmittel verwiesen.
B. Rechtliche Grundlagen
I. Ausgangspunkt der Vollstreckung aus arbeitsrechtlichen Titeln
Rz. 4
Ausgangspunkt der Zwangsvollstreckung aus arbeitsrechtlichen Titeln in Zusammenhang mit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist § 62 ArbGG, der für das Urteilsverfahren einerseits die Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit arbeitsrechtlicher Titel regelt, andererseits die anwendbaren Vollstreckungsregeln der ZPO im Achten Buch, §§ 704 ff. ZPO benennt. Soweit § 62 ArbGG keine Sonderregelung enthält, finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung nach der ZPO Anwendung. Dies gilt insbesondere für Prozessvergleiche oder sonstige Titel nach § 794 ZPO. Sie sind aber in der Regel unmittelbar rechtskräftig, sodass es auf die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht ankommt.
Rz. 5
§ 62 ArbGG gilt dabei für alle Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die ein Einspruch oder die Berufung zulässig ist. § 64 Abs. 7 ArbGG erklärt § 62 ArbGG auch für das Berufungsverfahren für anwendbar, sodass von § 62 ArbGG im Ergebnis alle Urteile der Arbeitsgerichte und der Landesarbeitsgerichte erfasst werden. Für Versäumnisurteile des BAG gilt § 62 Abs. 1 S. 1 ZPO dagegen nicht, weil in § ...