Rz. 231
Voraussetzung der Zwangsvollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs ist in jedem Fall, dass der Arbeitgeber objektiv in der Lage ist, den Arbeitnehmer auch tatsächlich weiter zu beschäftigen und damit den Anspruch zu erfüllen. Diese Voraussetzungen sind auch noch in der Zwangsvollstreckung zu prüfen.
Rz. 232
Ist der Arbeitsplatz etwa durch die Stilllegung des gesamten Betriebes oder einer Betriebsstätte oder einer Produktionsschiene entfallen, ohne dass der Arbeitsplatz anderweitig zur Verfügung steht, so steht dies einer Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise bzw. originär der Zwangshaft entgegen.
Rz. 233
Unmöglich ist die Zwangsvollstreckung wegen eines Weiterbeschäftigungsanspruches unter anderem auch dann, wenn ein Amt im Zuge einer Verwaltungsreform aufgelöst und die darin zunächst zusammengefassten Sachaufgaben auf verschiedene andere Ämter verteilt werden. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass die Umstrukturierung nicht lediglich zur Verhinderung der Vollstreckung der Weiterbeschäftigung vorgenommen wurde.
Rz. 234
Grundsätzlich muss also beachtet werden, dass sich der Arbeitgeber der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nicht dadurch entziehen kann, dass er den Arbeitsplatz durch Umorganisation entfallen lässt. Es obliegt dem Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Umorganisation nicht der Verhinderung des Weiterbeschäftigungsanspruches diente, sondern der Arbeitsplatz als Reaktion auf äußere Zwänge oder vorrangige unternehmerische Gesichtspunkte fortgefallen ist. Allein die Entscheidung des Arbeitgebers, die bisherigen Aufgaben eines Arbeitnehmers auf andere Beschäftigte zu übertragen, führt ebenfalls nicht dazu, dass dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich wird.
Rz. 235
Macht der Arbeitgeber bereits im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren geltend, das ihm die Weiterbeschäftigung unmöglich sei, ohne damit durchdringen zu können, weil das Arbeitsgericht seine Darlegungen als unsubstantiiert ansieht, so kann der Arbeitgeber diesen Einwand gleichwohl in der Zwangsvollstreckung im Verfahren über die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO erneut vorbringen, sofern er seinen Vortrag nunmehr weiter substantiieren kann oder ein anderer Grund der Unmöglichkeit vorliegt. Nach anderer Auffassung ist der Unmöglichkeitseinwand grundsätzlich nur zu berücksichtigen, wenn er auf Umständen beruht, die nach der Rechtskraft der zu vollstreckenden Entscheidung eingetreten sind.
Rz. 236
In den Fällen des § 102 BetrVG kann das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers durch eine einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG entbinden, wenn entweder die Klage des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder gar mutwillig erscheint oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder aber der Widerspruch des Betriebsrates gegen die Kündigung offensichtlich unbegründet ist. Allein aus dem Umstand, dass der bisherige Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers weggefallen ist, kann nicht geschlossen werden, die gem. § 102 Abs. 5 BetrVG begehrte Weiterbeschäftigung sei unmöglich geworden. Dies gilt, wenn in einem Betrieb bzw. Unternehmen mehrere gleichartige Arbeitsplätze existieren, auf die der Arbeitnehmer im Wege der Direktionsrechtsausübung versetzt werden könnte, und wenn einzelne dieser Arbeitsplätze wegfallen.
Rz. 237
Der Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruches steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber nach der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellt. Von dieser Möglichkeit kann der Arbeitgeber nur dann Gebrauch machen, wenn er dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt hat oder aber besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen.
Rz. 238
Unberücksichtigt bleibt im Zwangsvollstreckungsverfahren der Einwand, dem Arbeitnehmer sei erneut – diesmal aus anderen Gründen – gekündigt worden. Diesen Einwand hat der Arbeitgeber mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend zu machen.
Rz. 239
Praxishinweis
Hat der Arbeitgeber gegen die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung Berufung eingelegt und stützt er diese auf eine erneute Kündigung (Folgekündigung), so kann und muss er im Berufungsrechtszug die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil in entsprechender Anwendung von § 769 ZPO verlangen. Hierzu bedarf es keiner gesonderten Vollstreckungsgegenklage, die mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig wäre. Auch ist nicht erforderlich, dass überwiegende Erfolgsaussichten für die erhobenen nachträglichen Einwendungen bestehen. Es bedarf keiner Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils i.S.v. § 62 Abs. 1 ArbGG.
Rz. 240
Soweit dritte Personen die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ablehnen, etwa ein wichtiger oder gar der einzige Auftra...