Kündigung wegen Streichung einer Hierarchieebene

Arbeitgeber sind voll beweisbelastet für die betrieblichen Gründe der Kündigung. Bei einer Stellenaufgabe müssen sie die Aufgaben und Zeitanteile des Gekündigten aufarbeiten. Ebenso gründlich gilt es die Freiräume bei den anderen Mitarbeitern zu erklären, welche die zusätzliche Übernahme der Aufgaben erlauben. 

Einziger Personalverantwortlicher stellt Hierarchieebene dar

Das LAG Köln hatte einen Klassiker der betriebsbedingten Kündigung zu entscheiden. Geliefert wurde der Fall von einem bundesweit agierenden Messebauunternehmen. Der 200-Mann starke Betrieb hatte mit Auftrags- und Umsatzrückgängen zu kämpfen und nahm sich deshalb vor, mit Beginn des Geschäftsjahres insgesamt 15 Stellen zu streichen. Einer der Köpfe, die rollen sollten, war der eines 56jährigen Mitarbeiters, der die Schreinerei in Kerpen leitete. Das Unternehmen meinte dessen Hierarchieebene, die nur aus ihm bestand, streichen zu können. Das ist legitim und bei gut durchdachter Umsetzung auch möglich. Auf das Kündigungsschreiben vom 28.7.2016 folgte die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Köln. Das kassierte die Kündigung. In der Berufungsinstanz bestätigten die LAG-Richter diese Entscheidung.

Beweislast von Unternehmen nicht ernst genug genommen

Die Gerichte konnten bei Beachtung der ständigen BAG-Rechtsprechung nicht anders entscheiden. Dazu hatte die Messebaufirma in diesem Prozess schlicht zu wenig Fakten geliefert; ihr anwaltlicher Vertreter sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Wankelmütig war seine Haltung bereits im Vortrag zu den betrieblichen Gründen der Kündigung. In erster Instanz bemühte er noch sowohl außer- als auch innerbetriebliche Gründe, nämlich den Auftragsrückgang und zusätzlich die Unternehmerentscheidung der Streichung der Hierarchieebene. In zweiter Instanz beschränkte er sich auf die innerbetriebliche Unternehmerentscheidung. Wegen der viel zu pauschalen, kaum mit Fakten und Zahlen belegten Angaben, griffen aber weder die einen noch die anderen Gründe.

Arbeitgeber muss Anhaltspunkte für dauerhaften Auftragsrückgang liefern

Beim Vortrag zum Auftrags- und Umsatzrückgang beschränkte sich das Unternehmen auf eine solche Tendenz für die letzten 1 ½ Jahre sowie einen Umsatzrückgang im Budget für das laufende Geschäftsjahr i.H.v. 10 Mio. EUR. Zu Recht monierten die Kölner Arbeitsrichter, dass

  • weder erkennbar sei, aufgrund welcher Auftrags- und Personalplanungen der Arbeitgeber von einem dauerhaften Auftragsrückgang ausgehe, noch
  • inwieweit ein Umsatzrückgang den Wegfall von Beschäftigungsbedürfnissen zur Folge habe.

Wegfallende Aufgaben und Umverteilung auf Kollegen müssen zeitlich analysiert werden

Lehrbuchmäßig wurde die Variante der Kündigung durchexerziert, die auf der Entscheidung beruht, eine Hierarchieebene zu streichen. Der Arbeitgeber muss in einem solchen Fall konkret erläutern,

  • in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig entfallen und
  • im Einzelnen darstellen, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal künftig ohne überobligationsmäßige Leistungen, also im Rahmen ihrer bestehenden Arbeitszeit, erledigt werden können.

Die Aufgaben des Gekündigten wurden von der Messebaufirma im Wesentlichen aufgezählt (Materialbestellung, Verwaltung von Fundusteilen aus der Schreinerei, Steuerung des Maschinenparks, Arbeitseinteilung, Urlaubs- und Abwesenheitsplanung für das ihm unterstellte 20köpfige Team), nicht aber der zeitliche Anteil, den die einzelnen Arbeiten in der 40 h-Woche des Gekündigten in Anspruch nahmen. Nur grob behauptet und nicht belegt wurde, dass das Aufgabenfeld auf 10 bis 20 h pro Woche geschrumpft sein soll. Nach der ursprünglichen Planung sollten die Leitungsaufgaben von dem sog. Plant Manager und die Fachaufgaben (Materialbeschaffung, Fundusteile usw.) von dem Schreinerei-Team übernommen werden. Anhand dieser „Brocken“ - ohne weitere Belege oder eine Darstellung der zeitlichen Freiräume bei den einzelnen Mitarbeitern, die die Zusatzaufgaben übernehmen sollten – konnte das OLG Köln die anvisierte Umverteilung nicht nachvollziehen.

Schmankerl mit Lerneffekt

Während des laufenden Prozesses kündigte der Plant-Manager sein Arbeitsverhältnis. Das Unternehmen entschied, seine Stelle nicht nachzubesetzen. Seine Aufgaben und die des Gekündigten sollten nun wiederum andere Mitarbeiter übernehmen. Das alles aber war für die Kündigung, über die das LAG Köln zu entscheiden hatte, nicht mehr relevant, da es allein auf die Sachlage zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ankommt.

(LAG Köln, Urteil v. 13.10.2017, 4 Sa 109/17).