Anerkennung einer Berufskrankheit im Beamtenrecht

Wird bei einem Beamten eine Krankheit diagnostiziert, die erst nach Stellung der Diagnose in der Anlage 1 zur BerufskrankheitenVO gelistet wird, so kann die Krankheit nicht als Berufskrankheit anerkannt werden.

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gegenüber einem Beamten im Ruhestand entschieden. Der Beamte war Bediensteter einer Justizvollzugsanstalt. Über einen Zeitraum von ca. zweieinhalb Jahren hatte er Gefangene beaufsichtigt, die mit der Fertigung von Bürosesseln befasst waren. Hierbei wurden 2 verschiedene lösungsmittelhaltige Klebstoffe verwendet. Das Einatmen der hierbei entstehenden Dämpfe kann gesundheitsschädlich sein und bei hoher Dosierung Schädigungen des Nervensystems hervorrufen.

Diagnose einer Nervenkrankheit kurz vor Listung der Krankheit

Bei dem Justizvollzugsanstaltbediensteten trat wenig später eine Erkrankung des peripheren Nervensystems auf. Der behandelnde Arzt und später auch der Amtsarzt stellten eine Polyneuropathie, ausgelöst durch Lösungsmittel, fest. Unmittelbar nach Erstellung der Diagnose wurde diese Krankheit am 1.12.1997 für den Fall der Exposition zu organischen Lösungsmitteln in Anlage 1 der BerufskrankheitenVO gelistet. Auf den Antrag des Beamten hin weigerte sich die Anstellungskörperschaft, die Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen mit der Begründung, die diagnostizierte Krankheit sei zur Zeit der Erstellung der Diagnose noch nicht gelistet gewesen.

Beamter wehrt sich gegen die Nichtanerkennung

Gegen diese Entscheidung klagte der Ruhestandsbeamte. Er argumentierte, eine rückwirkende Anerkennung solcher Krankheiten sei grundsätzlich möglich. Die Anerkennung könne nicht davon abhängen, ob eine Diagnose zufällig noch im November oder erst im Dezember erstellt werde.

Listung einer Krankheit ist Voraussetzung für die Anerkennung

Das letztinstanzlich mit der Sache befasste BVerwG hatte - wie schon die Vorinstanzen -  kein Mitleid mit dem Beamten und argumentierte formal. Die Aufnahme einer Erkrankung als Berufskrankheit in der Anlage 1 zur BerufskrankheitenVO sei materiellrechtlich eine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit. Diese Regelung sei aus Gründen der Gleichbehandlung der Beamten starr und formal auszulegen, da andernfalls eine klare Grenzziehung für die Anerkennung nicht möglich sei. Daher gebiete auch der Grundsatz der Rechtssicherheit die Ausrichtung an der formalen Aufnahme einer Krankheit in die Liste der Berufskrankheiten.

Der Zeitpunkt der Diagnosemöglichkeit ist entscheidend

Es kommt nach Auffassung des Gerichts im übrigen auch nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Erstellung der Diagnose an, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die Diagnose zum ersten Mal mit Sicherheit hätte gestellt werden können. Dieser Zeitpunkt könne beim Kläger durchaus vor November 1997 liegen und sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr ohne weiteres reproduzierbar. In jedem Fall sei die Diagnose beim Kläger bereits einige Wochen vor der Listung als Berufskrankheit sicher erfolgt, so dass der Zeitpunkt für die Anerkennung in jedem Fall verpasst sei.

Rückwirkende Anerkennung einer Berufskrankheit bei Beamten nicht möglich

Das Gericht setzte sich auch mit dem Hinweis des Klägers auf die Möglichkeit einer rückwirkenden Anerkennung auseinander. Dieser Hinweis war allerdings nach Auffassung der Richter nicht zutreffend. Die Möglichkeit der rückwirkenden Anerkennung von Berufskrankheiten beträfe ausschließlich die gesetzliche Unfallversicherung und hätte damit keine Wirkung für Beamte. Die hieraus resultierende Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, weil einem Beamten im Falle der vollständigen Dienstunfähigkeit im Gegensatz zu nicht beamteten Mitarbeitern lebenszeitige Versorgungsansprüche zustünden. Daher sei die Lage eines Beamten insoweit mit der Lage eines nicht beamteten Mitarbeiters nicht vergleichbar.

Damit war die Klage des Beamten auch letztinstanzlich erfolglos.

(BVerwG, Urteil v.10.12.2015 , 2 C 46.13)

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