Unternehmenskultur: Leitbilder erstellen

Viele Unternehmen haben sie, wenige leben sie: Leitbilder.  Das ist bekannt und wurde vor kurzem wieder einmal mit einer Studie belegt. Doch wie lässt sich das ändern? Und sind Leitbilder wirklich den ganzen Aufwand wert? Berater Arne Prieß gibt Antworten auf diese Fragen.

Haufe Online Redaktion: Unternehmensleitbilder werden oft nicht gelebt, hat eine Studie kürzlich belegt. Das ist keine neue Erkenntnis. Warum ändert sich das nicht?

Arne Prieß: Meines Erachtens ist es eigentlich ausreichend bekannten, dass Leitbilder von innen – also gemeinsam mit dem Mitarbeitern und insbesondere den Führungskräften – entstehen müssen. Denn nur dann passen sie zum Unternehmen. Trotzdem entscheiden sich häufig Geschäftsführer für den schnellen und vermeintlich billigen Weg, es im kleinen Top-Kreis oder im schlimmsten Falle selbst zu formulieren und dann Top Down zu verordnen. Für mich ist das ein Mysterium. Ich kenne Manager persönlich, die so vorgegangen sind, und würde diesen den gesunden Menschenverstand nicht absprechen wollen. Ich kann nur vermuten, dass sie unter einem sehr hohen betriebswirtschaftlichen Druck stehen. Darum streben Manager wohl danach, das Thema lieber schnell und kostengünstig mit einem Haken versehen zu können – nach dem Motto „Ja, haben wir auch!“.  So kommt es zu „Copy and Paste“-Entstehungsprozessen und anschließend zur Einführung im Bombenwurf, womit der Flop seinen Anfang nimmt. Das lässt sich anschließend nicht mehr heilen.

Haufe Online Redaktion: Wie können Unternehmen solch einem Flop vorbeugen?

Prieß: Zunächst einmal sollte die Erstellung eines Leitbilds nicht für sich stehen, sondern eingebettet sein in einen Gesamtstrategieprozess. Unternehmen wollen ja in der Regel strategisch nicht stehenbleiben, sondern neue Erfolge erkämpfen. Und die Unternehmenswerte der Gegenwart sind dann oft nicht die, die man für eine erfolgreiche Zukunft benötigt. Deshalb sollte das Unternehmensleitbild zukunftsfähige Soll-Werte benennen. Dies gelingt am besten, wenn die Erarbeitung des Leitbilds immanenter Teil des Unternehmensstrategieprozesses ist, denn nur so kann man Ist-Werte auf die Zukunftsfähigkeit prüfen. Dazu gehören außerdem ein interaktiver Erarbeitungsprozess und eine gute Kommunikation zum Prozess.

Haufe Online Redaktion: Und wie implementiert man das so entstandene Leitbild nachhaltig?

Prieß: Um den Effekt „Wir werfen bunte Bilder an der Wand“- zu vermeiden, muss man Stützprozesse schaffen, die langfristig eine wertekonformes Verhalten abfordern oder unterstützen. So muss zum Beispiel ein Wert wie Ergebnisorientierung in den Vergütungs-, Incentivierungs- und Personalentwicklungsprozessen verankert sein. Wenn alle das gleiche verdienen, während nicht alle die vereinbarten Ergebnisse liefern, ist es schwer für die betroffenen Mitarbeiter einen propagierten Wert zu erleben. Damit verlieren Leitbilder zusehends an Glaubhaftigkeit und werden zum Ärgernis oder reinem Wandschmuck.

Haufe Online Redaktion: Das ist ein ziemlich großer Aufwand. Ist es denn gerade für kleinere Unternehmen überhaupt nötig, ein Leitbild zu erstellen? Schließlich zeigen die Studienergebnisse, dass auch ohne gelebtes Leitbild die Zusammenarbeit respektvoll abläuft.

Prieß: Wenn der bestehende Umgang im Unternehmen dem Erfolg zuträglich ist, wäre ein Leitbild in der Tat nur ein zusätzliches Puzzleteil, das zur Vollständigkeit erarbeitet werden würde. Wie bereits gesagt wollen sich Unternehmen mit einem Leitbild aber auch strategisch weiterentwickeln. Darum hat der Nutzen eines Leitbilds meines Erachtens nichts mit der Unternehmensgröße zu tun. Für Mittelständler stellt sich eher die Frage, wie sie den Prozess angehen können, damit sie ihn sich leisten können. Meist verhindern die internen Ressourcen, die ein überbordend langer Erarbeitungsprozess bindet, das Starten eines solchen Vorhabens. Meines Erachtens werden in langen Erarbeitungsprozessen die Werte aber nicht werthaltiger, sondern häufig kaputt diskutiert. Ich empfehle deshalb ein knackig kurzes Verfahren, in dem zwar die genannten Erfolgsprinzipien berücksichtigt werden, der eigentliche Entstehungsakt aber in einem kreativen und interaktiven Ein-Tages-Workshop geschieht.

Arne Prieß ist Gründer und Gesellschafter der HR Contrast GmbH.

Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.


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