Versetzung auch ohne Betriebliches Eingliederungsmanagement

Für eine Versetzung kommt es allein darauf an, ob die Weisung des Arbeitgebers billigem Ermessen entspricht. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist keine formale Voraussetzung, hat nun das BAG entschieden – ohne jedoch den konkreten Fall final zu entscheiden.

Für Arbeitgeber kann es viele gute Gründe geben, einen Mitarbeiter zu versetzen. Innerhalb der Grenzen des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts darf er eine solche Versetzung grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers anordnen. Dabei sollte er aber unbedingt die Grenzen des Direktionsrechts beachten.

Versetzung: Arbeitgeber ordnet Wechselschicht an

Im vorliegenden Fall ging es um den Wechsel von Nacht- auf Wechselschicht. Eine solche Versetzung hielt der Arbeitgeber für sinnvoll, weil dadurch der – zuvor für längere Zeit erkrankte – Mitarbeiter gesundheitlich weniger belastet werden sollte.

Das BAG urteilte nun: Für eine wirksame Versetzung des Arbeitnehmers ist die vorherige Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) keine formelle Voraussetzung – auch wenn die Weisung im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Mitarbeiters steht und auch wenn der Arbeitgeber prinzipiell der gesetzlichen Pflicht unterliegt, bei länger erkrankten Beschäftigten ein BEM durchzuführen.

Arbeitsunfähigkeit: Rückkehrgespräch keine Maßnahme des BEM

Im konkreten Fall ist der Arbeitnehmer seit vielen Jahren als Maschinenbediener beim beklagten Arbeitgeber tätig. Zunächst arbeitete er in Wechselschicht (Frühschicht/Spätschicht), später fast ausschließlich in Nachtschicht. Zwei Jahre hintereinander war er jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt sowie aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme drei Monate arbeitsunfähig.

Nach einem sogenannten Krankenrückkehrgespräch wies der Arbeitgeber den Mitarbeiter an, seine Arbeit künftig in Wechselschicht zu erbringen. Das Gespräch selbst war jedoch vom Arbeitgeber weder als Maßnahme des BEM gedacht noch als solche ausgestaltet.

Versetzung: Unbillige Weisung oder notwendiger Gesundheitsschutz?

Im Gegensatz zur Weisung des Arbeitgebers bestand der Arbeitnehmer darauf, weiter in Nachtschicht zu arbeiten. Vor Gericht wehrte er sich gegen die Versetzung und argumentierte damit, dass die Weisung mangels vorangegangenem BEM unwirksam sei. Außerdem habe der Arbeitgeber sein Interesse an der Beibehaltung der Nachtschicht nicht hinreichend berücksichtigt. Deshalb entspreche die Weisung nicht billigem Ermessen im Sinne von § 106 GewO, § 315 BGB.

Der Arbeitgeber führte dagegen an, dass eine Dauernachtschicht gesundheitlich belastender als jede andere Arbeitszeit sei. Aus diesem Grund habe er prüfen dürfen, ob sich mit der Versetzung in die Wechselschicht der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers verbessere. Als weiteren Grund nannte der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer bei Fehlzeiten in der Wechselschicht leichter ersetzbar sei.

Versetzung: Betriebliches Eingliederungsmanagement keine Voraussetzung

Das Arbeitsgericht hatte die auf Beschäftigung in der Nachtschicht gerichtete Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hatte ihr dagegen stattgegeben. 

Nun war der Arbeitgeber mit seiner Revision vor dem BAG erfolgreich. Die obersten Arbeitsrichter urteilten, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung ist. Dies gelte auch dann, betonte das Gericht, wenn die Anordnung auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. 

Weisung: Versetzung muss billigem Ermessen entsprechen

Für die Wirksamkeit der Weisung sei vielmehr entscheidend, ob diese insgesamt billigem Ermessen im Sinne von § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB entspricht. Dabei müssten alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Zu diesen Umständen hatte die Vorinstanz, das LAG Baden-Württemberg, jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Daher gab es vom BAG kein abschließendes Urteil in der Sache, sondern eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

Hinweis: BAG, Urteil vom 18.10. 2017, Az. 10 AZR 47/17; Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2016, Az. 15 Sa 76/15


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