Leiharbeit: Auskunftspflichten konkret verhandeln

Die neuen Tarifverträge für Branchenzuschläge (TVBZ) gelten in sieben Branchen und bedeuten wieder einmal einen tiefen Einschnitt für die Zeitarbeitsbranche. Worauf Entleiher achten müssen, erklärt Dr. Thomas Lambrich, Partner bei Noerr.

Haufe Online-Redaktion: Herr Lambrich, grundsätzlich gelten die Branchenzuschläge ja für Verleiher. Inwiefern den betreffen sie auch die Betriebe der Entleiher?

Dr. Thomas Lambrich: Die TVBZ wurden von den Arbeitgeberverbänden BAP und iGZ abgeschlossen und gelten für deren Mitgliedsunternehmen. Anspruch auf die Branchenzuschläge haben die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften. Die Zahlungspflicht betrifft ausschließlich den Verleiher, ihre Anwendbarkeit hängt aber von der Branchenzugehörigkeit des Entleihers ab. Unerheblich ist, ob Letzterer selbst an tarifliche Regelungen gebunden ist.

Möglichkeiten, die Anwendbarkeit der Tarifverträge zu beeinflussen, bestehen somit auf Entleiherseite nicht. Dies wäre nur durch Maßnahmen möglich, um aus dem fachlichen Anwendungsbereich der Regelung herauszuwandern. Das ist Theorie. Da Zeitarbeitsunternehmen die höhere Vergütung bei ihrer Angebotskalkulation an die Entleiher mutmaßlich weitergeben werden, können diese höheren Kosten faktisch nicht entrinnen.

Haufe Online-Redaktion: Die neuen Regeln sehen vor, dass Verleiher das Entgelt der Leiharbeiter deckeln können, bei 90 Prozent des Gehalts eines vergleichbaren Stammmitarbeiters. Müssen Entleiher nun ihre Vergütungssysteme offenlegen?

Lambrich: Kraft Gesetzes sind Entleiher bislang schon verpflichtet, dem Verleiher das Entgelt von vergleichbaren Stammarbeitnehmern mitzuteilen. Dies gilt dann nicht, wenn für den Verleiher entgegen dem Equal-Pay-Gebot aufgrund eines Tarifvertrags wirksame abweichende Vergütungsregeln eingreifen. Die TVBZ schreiben nun generell vor, dass der Kundenbetrieb das regelmäßig gezahlte Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers nachzuweisen habe. Unmittelbar an die Entleiher kann sich diese Pflicht nicht richten, da sie ja nicht an die TVBZ gebunden sind. Verleiher werden versuchen, die Auskunftspflicht im Überlassungsvertrag zu regeln. Auf dessen Gestaltung können Entleiher Einfluss nehmen.

Haufe Online-Redaktion: Drohen hier den Entleihern Schadenersatzforderungen?

Lambrich: In den TVBZ ist auch vorgeschrieben, dass im Überlassungsvertrag die Branchenzugehörigkeit festzuhalten ist. Wird diese auf Grund falscher Angaben des Entleihers im Vertrag unzutreffend wiedergegeben, kann dem Verleiher ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht zustehen. Gleiches gilt bei falschen Angaben hinsichtlich des Stundenentgelts vergleichbarer Arbeitnehmer. Entleiher sollten vom Verleiher vorformulierte Vertragsentwürfe genau prüfen und die Formulierung von Reichweite und Folgen der Auskunftspflichten konkret verhandeln. Denkbar sind ein Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung, falls das durchsetzbar ist. Es wird sich jedoch eine übliche Vertragspraxis bilden.

 

Dr. Thomas Lambrich ist Rechtsanwalt und Partner bei Beiten Burkhardt.

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