71 Prozent der Deutschen sehen Mehrwert in E-Government

71 Prozent der Deutschen sehen einen Vorteil darin, Behördendienste digital abzuwickeln – das ist eines der zentralen Ergebnisse des eGovernment MONITOR 2023. Die Studie zeigt aber auch: 42 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind mit dem derzeitigen Angebot nicht zufrieden.

Der eGovernment MONITOR 2023 ist eine Studie der Initiative D21 und der Technischen Universität München unter Schirmherrschaft der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, durchgeführt von Kantar.

Vorteile digitaler Verwaltung nutzen

Die Herausforderungen der digitalen Verwaltung sind zahlreich, aber überwindbar, so das Fazit der Studie. Die Vorzüge liegen auf der Hand: Nutzerfreundliche und medienbruchfreie digitale Verwaltungsleistungen werden zunehmend von der Bevölkerung eingefordert, würden das Verwaltungspersonal deutlich entlasten und könnten sogar die Folgen des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst abmildern.

Der Präsident der Initiative D21, Marc Reinhardt, fordert einen einheitlichen Online-Zugang zu Behördernleistungen:

Die Verwaltung stellt für die Bürger*innen die direkte Schnittstelle zum Staat dar – sie erwarten einen digitalen und reibungslosen Kontakt, der so einfach und durchgängig ist, wie sie es aus anderen Bereichen ihres Alltags kennen. Verwaltungsinterne Zuständigkeiten und organisatorische Gründe spielen für die Bürger*innen keine Rolle – sie wollen möglichst unkompliziert ihre Angelegenheiten erledigen. Speziell die Interaktion in bestimmten Lebenslagen ist immer noch zu komplex und damit sinkt das Zutrauen in die Leistungsfähigkeit des Staats. ‚Once Only‘ für die Daten, gebündelte, komfortable Anträge und proaktive Verwaltungsangebote, die sie in ihren Lebenssituationen unterstützen, sind ein Schlüssel, um das Vertrauen wieder zu stärken.

Mehr digitale Verwaltungsleistungen verfügbar

Insgesamt steigt die Nutzungszahl für digitale Verwaltungsleistungen auch 2023 weiter an auf nun 56 Prozent. Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte ein zentrales Bürgerkonto an:

Zukünftig können digitale Anträge deutschlandweit über die BundID als zentrales Bürgerkonto gestellt werden. Für Unternehmen wird es in Zukunft nur noch digitale Anträge geben. Spätestens 2024 werden zum Beispiel die Kfz- oder Führerschein-Anmeldung, die Ummeldung, die Eheschließung, die Baugenehmigung und das Elterngeld deutschlandweit digital beantragt werden können. Doch die Studienergebnisse zeigen auch deutlich, an welchen Stellen wir schneller und besser werden müssen, damit die Verwaltung in unserem Land auf allen Ebenen bürgernäher und digitaler handelt.

Mehrheit der Bevölkerung für den Einsatz von KI

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist ein hochaktuelles Thema, da die Bundesregierung gerade mit ihrer neuen Datenstrategie beschlossen hat, die Datenqualität und deren Bereitstellung signifikant zu verbessern – das ebnet auch den Weg für qualitativ hochwertige KI-Anwendungen in der öffentlichen Verwaltung.

Laut eGovernment MONITOR wäre die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Einsatz von KI in der Verwaltung einverstanden; allerdings lehnen auch 21 Prozent den Einsatz kategorisch ab. Am wichtigsten wäre den Befragten, dass grundsätzliche Entscheidungen weiterhin von Menschen getroffen werden.

Eine Anwendung künstlicher Intelligenz, die bereits im Einsatz ist, sind Chatbots: 63 Prozent kennen diese in der digitalen Verwaltung und die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland könnte sich sogar vorstellen, in Zukunft über sie mit der öffentlichen Verwaltung zu kommunizieren.

Online-Ausweis weiterhin kaum genutzt

Die sichere Möglichkeit zur digitalen Identifikation ist eine Grundlage für zahlreiche Verwaltungsleistungen. Doch bislang konnte sich der Online-Ausweis als staatliche Lösung seit seiner Einführung vor 13 Jahren nicht durchsetzen: Zwar stieg die Nutzung des Online-Ausweises im Vergleich zum Vorjahr auf 14 Prozent an (plus vier Prozentpunkte), bewegt sich aber weiter auf niedrigem Niveau. So bleibt in vielen Fällen weiterhin der persönliche Gang zum Amt notwendig.

Nur 30 Prozent der deutschen Bürgerinnen und Bürger geben an, dass die Online-Funktion bei ihnen einsatzbereit ist. Während bei der Hälfte der Personalausweisbesitzer die Online-Funktion nach eigener Angabe nicht einsatzbereit ist, kennt jeder Fünfte den Status nicht. Der häufigste Grund: Die Bürgerinnen und Bürger sehen den Nutzen nicht, es fehlt ihnen an Anwendungsmöglichkeiten. Den Online-Ausweis als Identifikationsmöglichkeit nutzen wollen dabei die meisten.

Mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich eine einheitliche Identifikationsmöglichkeit statt vieler verschiedener Optionen – 53 Prozent davon bevorzugen dafür den Online-Ausweis.

Digitale Nutzungslücke in Deutschland mit 35 Prozent vergleichsweise groß

Mit der digitalen Nutzungslücke definiert der eGovernment MONITOR eine wirkungsorientierte Kennzahl, die misst, wie viele zwar einen Bedarf an einer bestimmten Leistung haben, diesen aber noch analog abwickeln, statt den digitalen Weg zu wählen. Die Kennzahl zeigt also, welcher Anteil noch nicht digital erreicht wird und warum.

Prof. Dr. Helmut Krcmar von der Technischen Universität Münster betonte, dass die Nutzungslücke dringend verkleinert werden müsse:

Die Nutzungslücke ist mit 35 Prozent in Deutschland, 31 Prozent in der Schweiz und 27 Prozent in Österreich weiterhin viel zu groß. Die digitale Nutzungslücke zu schließen, sollte für Entscheider*innen höchste Priorität haben, da sich nur so die dringend notwendigen Effizienzeffekte realisieren lassen.

Die Gründe liegen zum einen in der immer noch geringen Bekanntheit einiger digitalen Leistungen: 61 Prozent nennen dies als Barriere für die Nutzung von E-Government. Zum anderen fehlt es den Menschen allerdings vor allem auch am routinierten Umgang mit digitaler Verwaltung: Der am häufigsten genannte Grund für die bewusste Nutzung des analogen Weges ist die Gewohnheit, Dinge auf dem Amt zu erledigen.

Digitale Einkommenssteuererklärung könnte als Vorbild dienen

Bei der Zufriedenheit mit den bestehenden E-Government-Angeboten bildet Deutschland mit 58 Prozent das Schlusslicht im D-A-CH-Gebiet, in Österreich sind es 75 Prozent, in der Schweiz 78 Prozent. Der größte Grund zur Unzufriedenheit: das unvollständige Angebot an Leistungen.

Dass effiziente und zugängliche digitale Angebote gut angenommen werden, beweist die Einkommenssteuererklärung: Mit 83 Prozent in Deutschland und jeweils 92 Prozent in Österreich und der Schweiz liegt der Anteil an zufriedenen Nutzer höher als bei fast allen anderen betrachteten Leistungen und könnte eine Vorbildfunktion einnehmen.

Die komplette Studie mit Grafiken finden Sie hier.

Initiative D21