Zusammenfassung
- Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Entscheidungen getroffen werden. Um nicht überrollt zu werden, sollte der Controller die Initiative bei der Ausgestaltung intelligenter Systeme ergreifen. Dazu ist es aber notwendig, die Grundlagen dieses äußerst heterogenen Phänomens und das Potenzial für die eigenen Prozesse zu erkennen.
- Während einfache Entscheidungen und Handlungen zunehmend automatisiert werden, erfordern komplexere Entscheidungen eine interaktive Art der Unterstützung.
- Machine Learning zur Erkennung von Auffälligkeiten sowie Aufsetzen von Prognosen und Handlungsempfehlungen ist noch etwas für Experten. Nicht selten ist hierzu Programmierung notwendig.
- Auch die etablierten Werkzeuge zur Unternehmenssteuerung (u. a. Planungs- und Reporting-Lösung) weisen noch eine hohe Komplexität auf. Im Rahmen des Cognitive Computing lässt sich diese Komplexität verbergen, sodass Fachexpertise und maschinelle Unterstützung näher zusammenrücken.
- Wenn "Self-Controlling" und Datenwissenschaftler stärker in den Vordergrund rücken, verändert sich die Rolle des Controllers. Als Integrator muss er die verschiedenen Bestrebungen koordinieren.
1 Unterstützung durch Künstliche Intelligenz
Das Thema der künstlichen Intelligenz steht seit geraumer Zeit (mal wieder) hoch im Kurs. Die Möglichkeiten einer weitgehenden Automation menschlicher Tätigkeiten und Entscheidungen beflügeln natürlich auch Controller. Sich wiederholender Tätigkeiten wie Datenaufbereitung und Berichtserstellung und -verteilung können gut automatisiert werden, wobei es schon lange nicht mehr nur um Makroprogramme zur Steuerung einfache Tätigkeiten geht. Es geht um mehr: Ein "intelligenter" Algorithmus sollte eigenständige Aufgaben erledigen, die üblicherweise menschliche Intelligenz erfordern, idealerweise sogar komplexe Entscheidungen selbst treffen, beispielsweise eine optimale Preis- oder Rabattgestaltung oder Kapazitätsanpassungsmaßnahmen eigenständig vornehmen.
Leicht kommt man ins Schwärmen, ob der Möglichkeiten, die sich für das Controlling ergeben könnten. Mühselige Datenaufbereitung, häufig wiederholendes Forecasting, der jährliche Planungsmarathon, Abweichungsanalysen, analytische Kostenplanung, Risikomanagement, alles steht auf dem Prüfstand und könnte partiell oder vollständig automatisiert werden.
Allerdings ist das eine die Visionen, dass andere die Wirklichkeit. Man denkt, gleich dem autonomen Fahren gilt es, nur noch das Unternehmensziel festzulegen, alles andere soll die Maschine erledigen ("autonomes Planen und Steuern"). Ein Algorithmus plant die Mittel, die Maßnahmen und setzt diese auch um.
Ein wichtiger Zwischenschritt zur Automatisierung wird dabei gedanklich übersprungen, nämlich die intelligente Unterstützung menschlichen Handelns und Entscheidens. Solche Assistenzsysteme sind aus dem täglichen Leben kaum wegzudenken: das Navigationssystem ist beispielsweise so eine fast unverzichtbare Hilfe beim Autofahren geworden. Es hilft, den schnellsten Weg zum Ziel unter Zuhilfenahme sensorische Informationen zu finden: hierzu wird die Verkehrsdichte durch die Geschwindigkeit der Systemteilnehmer kontinuierlich gemessen. Zudem erfolgt mittlerweile eine erleichterte Bedienung durch Assistenzsysteme. So ist beispielsweise Google Maps schon recht fehlertolerant bei der Eingabe des Ziels.
In dieser Art ist auch eine Assistenzfunktion im Controlling vorstellbar: Ein "intelligenter" Assistent in Form eines Chatbots steht bereit, um den Controller und seinen Kunden, den Manager, qualifiziert bei seinen Aufgaben zu unterstützen. So könnten beispielsweise hilfreiche Vorschläge zur Gestaltung von Maßnahmen zur Zielerreichung unterbreitet werden. Nun ist die betriebswirtschaftliche Steuerung ungleich komplizierter als das Autofahren, um solche Ansätze einfach und standardisiert erstellen zu können. Auf der anderen Seite zeigen Werkzeuge wie Thoughtspot im Reporting, dass die Unterstützung bei Spezialaufgaben deutlich verbessert werden kann.
In diesem Beitrag wird aufgezeigt, wie eine solche Veränderung der Arbeitsweise aussehen kann und zum Teil auch schon praktiziert wird.
2 Aktuelle Entwicklungsmöglichkeiten
Die Idee der künstlichen Intelligenz fasziniert die Informatik seit den 1950er Jahren, sie hat sich aber nicht durchgesetzt. Nun stellt sich die Frage, warum es diesmal funktionieren sollte. Warum sind die Ansätze, solche schwierigen analytischen Herausforderungen zu lösen, heute besser in der Lage dazu? Einige Gründe:
- Die enorme Zunahme an verfügbaren Daten ermöglicht den Einbezug unterschiedlichster relevanter Quellen. Die technische Datenbeschaffung ist häufig kein großes Thema mehr. Eine große Menge an Sensordaten lassen neue Einblicke in bislang kaum betrachtete Zusammenhänge zu. Beispielsweise ist der Einbezug von Wetterdaten für einen Absatz-Forecast keine besondere Herausforderung mehr. Auch interne Prozessdaten sind einfach nutzbar. Aus der Sicht des Controllers können beispielsweise Sensordaten aus einem Eye Tracking und anderen Benutzer-Loggings hilfreiche Informationen über das Benutzerverhalten ...