Geschäftsmodelle: Ein neues Analysefeld für Controller?
Ein Business Partner ist zukunftsfähiger als ein Zahlenlieferant
Controller wollen Business Partner sein. Sie äußern diese Intention schon seit geraumer Zeit. Die Entwicklung der Zunft in diese Richtung dauert aber durchaus länger als gedacht. Nun kommt der Druck durch Digitalisierung dazu: Wenn auch noch nicht klar ist, was die Digitalisierung aus dem Controllerberuf machen wird. Alle Experten sind sich einig, dass ein Thema eine zentrale Rolle spielen wird, um die Zukunft der Controller zu entscheiden: ihre Geschäftskenntnisse. Ein Business Partner muss sich deutlich weniger Gedanken um seine Zukunft machen als ein Zahlenlieferant, der im wesentlichen Routinetätigkeiten ausführt.
Geschäftskenntnisse erwirbt man nicht aus der Hubschrauberperspektive
Schon früher war es für die in Erfolgsgrößen denkenden Controller nicht einfach, das Geschäft ihres Unternehmens zu verstehen. Produktionswissen erwarben viele von ihnen – quasi on the job – im Rahmen der Kostenstellenrechnung, insbesondere dann, wenn sie eine Plankostenrechnung betrieben. Vertriebswissen zu gewinnen war schon schwieriger, am besten dadurch, dort karrieremäßig einen Abstecher zu machen. Beschaffung und Logistik oder Forschung & Entwicklung standen zumeist nicht auf ihrer Agenda. Diese Bereiche wurden aus dem Blickwinkel einer ergebnisbezogenen Steuerung als nicht so wichtig angesehen.
Eine Gesamtperspektive auf das Geschäft war und ist für Controller dagegen von Beginn an gegeben. Sie koordinieren Jahr für Jahr die Teilpläne zu einem stimmigen Gesamtplan. Dabei nehmen sie aber eine finanzielle „Hubschrauberperspektive“ ein. Eine grundsätzliche Diskussion des Geschäfts ist damit selten verbunden. Die Controller, die das Geschäft wirklich verstanden haben, sind primär die, die im Rahmen ihrer Karriere in vielen unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens gearbeitet haben. Es gibt diese mittlerweile häufiger, aber die Schornsteinkarrieren in der Finanzfunktion dominieren noch bei weitem.
Digitalisierung von Geschäftsmodellen benötigt Controllingwissen…
Die heutigen turbulenten wirtschaftlichen Zeiten führen dazu, dass sich wesentliche Bedingungen des Geschäfts sehr schnell und häufig ändern. Dies betrifft nicht mehr nur einige Funktionen, sondern das Geschäft insgesamt. Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle. Amazon und Apple sind bekannte Beispiele dafür. Innovationen in der Art und Weise, Geschäfte zu machen, haben zu grundlegend neuen Lösungen für die Kunden geführt. Sie betreffen alle Stationen der Wertschöpfungskette. Hierfür hat sich der Begriff des Geschäftsmodells herauskristallisiert. Ein Geschäftsmodell lässt sich als eine vereinfachte Abbildung der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens bzw. einzelner Teilbereiche davon beschreiben, die nach dem häufig verwendeten St. Galler Business Model Navigator die Elemente Kunden (Wer?), Nutzenversprechung (Was?), Wertschöpfungskette (Wie?) und Ertragsmechanik (Wert?) umfasst.
…aber haben die Controller das nötige Geschäfts-Know-how?
Haben Sie sich mit dem Begriff des Geschäftsmodells schon einmal intensiver beschäftigt? Kennen Sie das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens? Hat es eines oder mehrere? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten. Abstraktionsfähigkeit ist ebenso gefordert wie das Verständnis, wie die unterschiedlichen Bestandteile eines Geschäftsmodells zusammenwirken. Nur so werden die Risiken des bisherigen Geschäftsmodells und Chancen für neue Geschäftsmodelle sichtbar. Dieses Feld ist nicht nur etwas für Strategen, sondern auch und gerade für Controller. Nur so können die knappen Mittel richtig eingesetzt werden, nur so werden kritische Engpässe sichtbar, nur so kann verhindert werden, dass neue Spieler im Markt bestehende Unternehmen verdrängen.
Wer als Controller die einzelnen Bausteine des bestehenden Geschäfts nicht kennt, hat keine Chance, Business Partner der Manager zu werden. Dieses Wissen reicht aber in Zukunft nicht mehr aus. Es bedarf zugleich einer sehr konzeptionellen Gesamtsicht auf das Geschäft. Die einzelnen Teile müssen verbunden werden. Bestehende Geschäftsmodelle gehören ständig auf den Prüfstand, neue sind zu entdecken und zu bewerten. Dies verhindert, Mittel zu lange im bewährten Vorgehen zu binden, Wandel rechtzeitig anzugehen, Handlungsspielraum zu schaffen und zu nutzen.
Ja, wieder wird eine Schippe auf die Anforderungen an Controller draufgelegt. Diesmal sind es die Fähigkeiten, strategisch und systemorientiert zu denken. Unbekannt sind diese Fähigkeiten den Controllern nicht. Sie werden aber immer wichtiger. Controller, die in Geschäftsmodellen denken können, machen sich für ihr Unternehmen unverzichtbar. Der Einsatz lohnt also.
Entnommen aus: Controller Magazin 5/2019
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