Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung

Bei der Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) stehen die Arbeitsmittel im Fokus. Wesentliche Aspekte sind Eignung und ergonomische sowie alterns- und altersgerechte Gestaltung.

Neben Gefährdungen bei deren Verwendung müssen auch Arbeitsumgebung und Arbeitsgegenstände betrachtet werden.

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung?

Nach TRBS 1111 ist die Gefährdungsbeurteilung „die systematische Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen der Beschäftigten, die nach fachkundiger Einschätzung und vorliegender Erfahrung des Arbeitgebers bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftreten und berücksichtigt werden müssen“.

Bei der Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV stehen also die Arbeitsmittel im Fokus:

  • Werkzeuge,
  • Geräte,
  • Maschinen und Anlagen sowie
  • überwachungsbedürftige Anlagen.

Wichtige Aspekte sind dabei Gebrauchstauglichkeit bzw. Eignung, ergonomische sowie alterns- und altersgerechte Gestaltung, sicherheitsrelevante und ergonomische Bedingungen am Arbeitsplatz sowie physische und psychische Belastungen. Die Verwendung von Arbeitsmitteln umfasst alle Tätigkeiten, also u.a. Montieren, Installieren, Bedienen, An- oder Abschalten, Einstellen, Gebrauchen, Betreiben, Instandhalten, Reinigen, Prüfen, Umbauen, Erproben, Demontieren, Transportieren und Überwachen.

Gefährdungen, die sich durch das Arbeitsmittel selbst ergeben können, sind z.B. Lärm oder Explosionsgefährdung. Beurteilt werden müssen daneben auch

  • Arbeitsumgebung, z.B. Blendung, Staubentwicklung, Stofffreisetzung oder gefährliche Oberflächen sowie
  • Arbeitsgegenstände (im Zuge des Arbeitsablaufs unter Verwendung von Arbeitsmitteln transportierte, be- oder verarbeitete Objekte).

Auch vorhersehbare Betriebsstörungen und Notfallsituationen müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden. Ziel ist, nicht nur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten, die das Arbeitsmittel verwenden, sondern auch der Kollegen im Gefahrenbereich sowie von Besuchern, Kunden und Geschäftspartnern.

Wer darf eine Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV durchführen?

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Dokumentation ist der Arbeitgeber verantwortlich, er kann jedoch Aufgaben übertragen. Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden.

Fachkundig ist gem. § 2 Abs. 5 BetrSichV, in Abhängigkeit von der Aufgabe, wer eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte berufliche Tätigkeit nachweisen kann. Die Fachkenntnisse müssen durch Teilnahme an Schulungen auf aktuellem Stand gehalten werden. Zur Fachkunde gehören auch Kenntnisse der betrieblichen Gegebenheiten, z. B. Erfahrungen und Kenntnisse der Beschäftigten. Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt können den Arbeitgeber fachkundig beraten.

Für welche Arbeitsmittel muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?

Die Gefährdungsbeurteilung muss für alle im Betrieb verwendeten Arbeitsmittel durchgeführt werden, und zwar für alle voraussehbaren Tätigkeiten in allen Phasen der Verwendung. Dabei sind u.a. Gebrauchs- oder Betriebsanleitungen des Herstellers zu berücksichtigen.

Bei gleichartiger Verwendung von Arbeitsmitteln kann die Gefährdungsbeurteilung zusammengefasst werden. Dies ist auch für z. B. einen Werkzeugsatz im Werkzeugkasten sowie an der Werkbank oder die Standardausstattung eines Büroarbeitsplatzes zulässig und empfehlenswert.

Umfang und Methodik der Gefährdungsbeurteilung hängen v.a. von der Art des Arbeitsmittels, Arbeitsgegenständen und Arbeitsumgebung ab: So ist die Gefährdungsbeurteilung einer Fräsmaschine wesentlich komplexer und aufwändiger als die einer Leiter.

Hinweis: Eine Gefährdungsbeurteilung muss auch dann durchgeführt werden, wenn das Arbeitsmittel eine CE-Kennzeichnung trägt. Ggf. ist dann eine vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung von Arbeitsmitteln nach § 7 BetrSichV möglich und sind weitere Schutzmaßnahmen nach §§ 8 und 9 BetrSichV nicht erforderlich.

Wann muss die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?

Nach Betriebssicherheitsverordnung soll die Gefährdungsbeurteilung bereits vor Auswahl und Beschaffung von Arbeitsmitteln begonnen werden, sie muss jedoch vor der erstmaligen Verwendung durchgeführt und dokumentiert werden. Die EmpfBS 1113 liefert Empfehlungen zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, zu den Maßnahmen vor deren Verwendung gehört insbesondere die Gefährdungsbeurteilung.

Hinweis: Auch die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen muss vor der erstmaligen Verwendung eines Arbeitsmittels überprüft werden, falls nicht bereits Prüfungen nach § 14 oder § 15 BetrSichV durchgeführt wurden.

Welche Fristen gibt es?

Die Gefährdungsbeurteilung muss regelmäßig überprüft werden. Es sind jedoch keine Zeitintervalle vorgegeben, der Arbeitgeber legt Fristen selbst fest.

Konkrete Anlässe für eine Überprüfung können z. B. Hinweise von Beschäftigten, Sachschäden, Störungen, Änderung von Arbeitsverfahren oder des Standes der Technik sein. Die Überprüfung muss mit Datum dokumentiert werden.

Eine „unverzügliche“ Aktualisierung (§ 3 Abs. 7 BetrSichV) ist erforderlich, bei

  • Veränderungen von Arbeitsmitteln oder Arbeitsbedingungen,
  • neuen Informationen, z.B. Erkenntnissen aus Unfällen oder arbeitsmedizinischer Vorsorge,
  • nicht wirksamen oder nicht ausreichenden Schutzmaßnahmen.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen auch Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sowie Fristen der wiederkehrenden Prüfungen (§§ 14, 16 BetrSichV) ermittelt werden.

Wie muss die Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden?

Die Gefährdungsbeurteilung muss vor der erstmaligen Verwendung des Arbeitsmittels dokumentiert werden. Es gibt keine Anforderungen an die Form. Folgende Inhalte müssen jedoch mind. enthalten sein:

  • auftretende Gefährdungen,
  • erforderliche Schutzmaßnahmen,
  • Einhalten der Anforderungen der BetrSichV bei Abweichung von Regeln und Erkenntnissen,
  • Art und Umfang von Prüfungen und Fristen für wiederkehrende Prüfungen,
  • Ergebnis der Überprüfung, ob Maßnahmen wirksam sind.

Die Dokumentation kann u.a. auch Betriebsanleitungen, Betriebsanweisungen, Freigabeverfahren oder Explosionsschutzdokumente umfassen. Empfehlungen zur Dokumentation liefert Anhang 2 TRBS 1111. Die Dokumentation kann auch in elektronischer Form erfolgen. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, jedoch empfehlenswert.

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