Arbeitsunfall im Homeoffice - was ist zu beachten?

Seit 2021 ist es nun amtlich: Auch der Unfall im Homeoffice kann nach der Neuregelung durch § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII ein Arbeitsunfall sein. Aber auch hier gilt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt: Die Frage ist nämlich, wann ein Unfall im Homeoffice auch ein Arbeitsunfall sein kann und was dabei zu beachten ist.

Begriffswirrwarr: Was ist eigentlich „Homeoffice“?

Zu unterscheiden ist die Arbeit im Homeoffice, mobile Arbeit und Telearbeit. Während Telearbeitsplätze streng reguliert sind (§ 2 Abs. 7 ArbStättV), ist der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice erst seit Juni 2021 gesetzlich geklärt. Der Gesetzgeber spricht dabei nicht ausdrücklich von „Homeoffice“, sondern von einer "Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort". Dieser ausdrücklich erwähnte „andere Ort“ gewährleistet den Schutz bei sog. mobiler Arbeit, also der Arbeit von einem beliebig auszuwählenden Arbeitsplatz (z.B. Hotelzimmer, Ferienappartement, Biergarten, Café, Zugabteil usw.).

Kein Homeoffice-Schutz ohne Vereinbarung!

Unfallversicherungsschutz im Homeoffice ist nur möglich, wenn es diesbezüglich eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. Diese kann natürlich formlos erfolgen, sollte aber schon aus Gründen der beiderseitigen Absicherung schriftlich vorliegen, z.B. als Zusatz zum Arbeitsvertrag.

Nimmt der Arbeitnehmer hin und wieder z.B. Akten mit nach Hause, um diese noch durchzusehen, ist ein Unfall dabei nur dann ein Arbeitsunfall, wenn der Arbeitgeber davon weiß und das auch billigt.

Das gilt selbstverständlich auch für das mobile Arbeiten, also z.B. das Aktenlesen im Zug.

Der Arbeitsunfall im Homeoffice - welche Tätigkeiten sind versichert?

§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sagt ganz allgemein, dass ein Arbeitsunfall ein Unfall eines Versicherten (hier eines Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) infolge der versicherten Tätigkeit ist. Ob der Unfall im Rahmen einer versicherten Tätigkeit geschehen ist, bestimmt sich nach der sog. „objektivierten Handlungstendenz“, also danach, ob der Mitarbeiter bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte. Diese Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werden. Einfach gesagt: Erfolgte die Tätigkeit während des Unfalls im unmittelbaren Betriebsinteresse (= Arbeitsunfall) oder im eigenwirtschaftlichen Interesse (= kein Arbeitsunfall)?

Im Homeoffice ist damit also auch jede Tätigkeit versichert, die dem betrieblichen Zweck dient, also z.B. ein Sturz auf der Kellertreppe auf dem Weg zum häuslichen Arbeitsplatz, um dort den Dienstlaptop für ein dienstliches Telefonat anzuschließen (BSG, Urteil vom 27.11.2018, Az. B 2 U 28/17 R). Läuft ein Mitarbeiter im Homeoffice dagegen zur Haustür, um die private Post entgegen zu nehmen und stürzt dabei, liegt kein Arbeitsunfall vor.

Sind diese Tätigkeiten klar abgrenzbar, macht das keine Probleme. Bei gemischten Tätigkeiten ist ausschließlich der dem Betrieb dienliche Teil der Tätigkeit versichert.

Beispiel: Der Arbeitnehmer im Homeoffice nimmt an einer dienstlichen Telefonkonferenz teil und trainiert gleichzeitig auf dem Hometrainer. Verletzt er sich bei der Ausübung des Sports, liegt kein Arbeitsunfall vor, wird er durch eine technische Störung des Headsets (z.B. schriller Pfeifton durch Übersteuern) verletzt, liegt ein Arbeitsunfall vor.

Gerade bei mobiler Arbeit ist sehr genau abzugrenzen, wozu die gerade ausgeübte Tätigkeit gehört.

Versicherte Wege im Homeoffice

Wege im Homeoffice sind als Betriebswege versichert, wenn sie eine Handlungstendenz haben, die betrieblich ausgerichtet ist.

Beispiel: Der Versicherte stürzt auf dem Weg in das Nebenzimmer, auf dem er sich befindet, um vom dort stehenden Drucker einen Ausdruck zu holen, den er für seine - betriebliche - Tätigkeit anfertigen musste.

Als Betriebsweg gilt auch der erste Weg aus dem privaten Bereich (z.B. dem Bett) an den im Haus befindlichen Arbeitsplatz (so zuletzt das BSG, Urteil vom 8.12.2021, Az. B 2 U 4/21 R).

Insoweit sind auch alle anderen „Betriebswege“ unfallversichert, wie z.B. der Weg zur Nahrungsaufnahme oder auf die Toilette. Die Nahrungsaufnahme selbst und der Besuch der Toilette sind keine versicherten Tätigkeiten.

Wegeunfälle nach § 8 Abs. 2 SGB VII gibt es im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Homeoffice nicht. Eine Ausnahme bildet § 8 Abs. 2 Nr. 2a SGB VII, wonach „das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird“ ein versicherter Weg ist. Wird also das Kind vom Homeoffice aus in die Kita begleitet oder dort wieder abgeholt, gilt der bislang nur im Betrieb tätigen Arbeitnehmern vorbehaltene Schutz nun auch hier.

Ob das Weglassen des „anderen Ortes“ in der Nr. 2a gleichbedeutend damit ist, dass dieser Schutz nicht für solche Umwege gilt, wenn mobile Arbeit betroffen ist, nur ein redaktioneller Fehler ist, wird die Rechtsprechung zu klären haben.

Meldung des Arbeitsunfalls

Kommt es im Homeoffice oder anlässlich mobiler Arbeit zu einem Unfall, ist dieser sofort dem Arbeitgeber zu melden (am besten in Schriftform). Da der Arbeitgeber die häuslichen Umstände meistens nicht kennen wird, empfiehlt sich eine ausführliche Schilderung des Hergangs, ggfs. sogar mit Bildern. Auch Zeugen, die den Vorfall ggfs. miterlebt haben, sind sofort zu benennen.

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