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BFH Urteil vom 19.12.1979 - II R 76/74

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Leitsatz (amtlich)

Die Gesellschaftsteuerbefreiung aus § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 erstreckt sich bei Einbringung des Unternehmens einer Personengesellschaft auch auf die Gegenstände, die Sonderbetriebsvermögen ihrer Gesellschafter bilden.

 

Normenkette

UmwStG 1969 § 29 S. 1 Nr. 2; KVStG 1959 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8

 

Tatbestand

Das Stammkapital der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde mit Gesellschafterbeschluß vom 22. August 1969 um 4 880 000 DM auf 30 010 000 DM im Wege der Sacheinlage erhöht. Zur Übernahme der neuen Stammeinlagen wurden folgende Gesellschafter zugelassen:

X-Verwaltung GmbH mit einem Geschäftsanteil von 245 000 DM, A. X. mit einem Geschäftsanteil von 1 236 000 DM, B. X. mit einem Geschäftsanteil von 1 545 000 DM, C. X. mit einem Geschäftsanteil von 309 000 DM und D. X. mit einem Geschäftsanteil von 1 545 000 DM.

Die Sacheinlagen wurden wie folgt geleistet:

Die Gesellschafter, die gleichzeitig die Gesellschafter einer unter der Firma Y. betriebenen KG waren, brachten das gesamte Vermögen dieses Unternehmens in die Klägerin ein. Der Wert dieses Vermögens wurde in Höhe von 3 380 000 DM auf die Sacheinlagen angerechnet. Die Gesellschafter A, B, C und D. X. leisteten die restlichen Einlagen von 1 500 000 DM in der Weise, daß sie ihre Anteile an folgenden Gesellschaften in die Klägerin einbrachten:

1. X GmbH, B,

2. Y Ltd., K,

3. W Ltd, K, und

4. U GmbH, W.

An den genannten Gesellschaften waren ausschließlich die vier Gesellschafter der Klägerin, jedoch jeweils in unterschiedlicher Höhe beteiligt.

Die Kapitalerhöhung wurde am 19. September 1969 in das Handelsregister eingetragen. Entgegen der Ansicht der Klägerin, daß der ganze Vorgang nach § 29 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform vom 14. August 1969 (UmwStG 1969) von der Gesellschaftsteuer befreit sei, setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Gesellschaftsteuer mit gemäß § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufigem Bescheid vom 2. November 1970 auf 155 900 DM fest. Im übrigen sah das FA die Voraussetzungen des § 29 UmwStG 1969 als gegeben an, wenn auch unter ausdrücklichem Vorbehalt anderweitiger Beurteilung aufgrund Betriebsprüfung.

Die nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage, mit der die Klägerin Herabsetzung der Gesellschaftsteuer auf 13 500 DM begehrt, hat das Finanzgericht Hamburg (FG) durch Urteil vom 25. April 1974 II 19/72 abgewiesen. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 490 (EFG 1974, 490) veröffentlicht.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt Verletzung von § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969. Das FA ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Ersterwerb der neu gebildeten Geschäftsanteile aufgrund Übernahme der Stammeinlagen unterlag nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes i. d. F. vom 24. Juli 1959 (KVStG 1959) der Gesellschaftsteuer. Ein derartiger Rechtserwerb ist jedoch nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 von der Gesellschaftsteuer befreit, wenn und soweit als Gegenleistung für den Erwerb der Gesellschaftsrechte das Vermögen eines Unternehmens als Ganzes, ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil auf die Kapitalgesellschaft übertragen wird.

Zwar erweist sich die Entscheidung des FG als zutreffend, wenn die Anteile an den Kapitalgesellschaften isoliert betrachtet werden, weil sie in der Hand jedes einzelnen einbringenden Gesellschafters keinen Teilbetrieb (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes - EStG - und § 17 Abs. 6 UmwStG 1969) bildeten. Die weitere Annahme des FG, auf die Frage, ob die Anteile zum notwendigen Betriebsvermögen der KG bzw. notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gehörten, komme es nicht an, ist jedoch ungerechtfertigt.

Die in § 29 Satz. 1 Nr. 2 UmwStG 1969 verwendeten Begriffe "Betrieb", "Teilbetrieb" und Mitunternehmeranteil sind aus dem Ertragsteuerrecht übernommen worden (vgl. § 17 UmwStG 1969). Damit aber gehören zu einem eingebrachten Mitunternehmeranteil auch diejenigen Gegenstände, die ertragsteuerrechtlich Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters sind. Wenn auch die Gesellschaftsteuerbefreiung unabhängig davon eintreten soll, ob die ertragsteuerrechtlichen Vergünstigungen nach dem Umwandlungssteuergesetz 1969 in Anspruch genommen werden können (vgl. Gesetzesbegründung Bundesrats-Drucksache 292/68 S. 19), so beeinträchtigt dieser Umstand nicht, daß das Umwandlungssteuergesetz 1969 an ertragsteuerrechtliche Begriffe anknüpft. Sowohl i. S. des Ertragsteuerrechtes als auch des Bewertungsrechtes gehört das jeweilige Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters zu seinem Mitunternehmeranteil (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Mai 1976 IV R 4/75, BFHE 119, 256, BStBl II 1976, 617, mit weiteren Nachweisen) bzw. zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 1978 III R 32/76, BFHE 125, 286, BStBl II 1978, 518, mit weiteren Nachweisen). Daraus folgt, daß Sonderbetriebsvermögen unter Inanspruchnahme der ertragsteuerrechtlichen Vergünstigung aus § 17 UmwStG 1969 (mit) in eine Kapitalgesellschaft eingebracht werden kann, wenn ein Mitunternehmeranteil eingebracht wird; nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen (vgl. Schreiben vom 20. Juli 1970, BStBl I 1970, 922, unter Abschn. II Nr. 6) ist die Einbringung derartiger Wirtschaftsgüter sogar Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Es ist deshalb folgerichtig, den Ersterwerb von Gesellschaftsrechten auch insoweit von der Gesellschaftsteuer nach § 29 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1969 auszunehmen, als die Gegenleistung in der Übertragung von Sonderbetriebsvermögen besteht (vgl. für die Grunderwerbsteuer Urteil des Senats vom 19. Oktober 1977 II R 123/76, BFHE 124, 83, BStBl II 1978, 199). Dabei muß außer acht gelassen werden, daß zivilrechtlich derartige Gegenstände von der Rechtszuständigkeit der Gesellschafter als Einzelpersonen in die der Kapitalgesellschaft überführt werden müssen.

Das FG hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Anteile an den Kapitalgesellschaften zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gehörten und im übrigen die Voraussetzungen des § 29 UmwStG 1969 gegeben sind. Die Sache ist dacher nicht spruchreif.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73430

BStBl II 1980, 216

BFHE 1980, 413

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