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BFH Urteil vom 15.12.1971 - I R 5/69

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Leitsatz (amtlich)

1. Die Erhöhung oder Gewährung von Bezügen für in der Vergangenheit erbrachte Dienste eines Vorstandsmitgliedes, das kraft seines Aktienbesitzes allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen die AG zu beherrschen imstande ist, ist verdeckte Gewinnausschüttung, wenn Tatsachen vorliegen, die den Schluß rechtfertigen, daß diese Maßnahmen weniger Ausfluß eines Interessenausgleiches im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätze für die Bezüge des Vorstandsmitgliedes, als vielmehr durch die Interessen des die AG beherrschenden Aktionärs motiviert sind.

2. Es ist Sache der Aktiengesellschaft, die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, daß für die vertragliche Regelung einer nachträglichen Erhöhung oder Gewährung von Bezügen nicht die Machtstellung als Mehrheitsaktionär maßgebend war.

2. Das FA, auf das Verwaltungsaufgaben eines anderen FA aufgrund einer auf § 21 Abs. 2 FVG vom 6. September 1950 beruhenden Anordnung übergegangen sind, tritt in einem gegen dieses FA anhängigen Rechtsstreit, der sich auf den übergegangenen Aufgabenbereich bezieht, an dessen Stelle als Beklagter. Ein Fall der Klagänderung liegt nicht vor.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2; FGO § 63 Abs. 1, § 67; FVG vom 6. September 1950 § 21

 

Tatbestand

Während der Streitjahre waren an der Klägerin, einer AG, die Brüder Dr. R und O zu 36,57 % und zu 30,1 % beteiligt; beide waren alleinige Vorstandsmitglieder der AG. Die restlichen Aktien (33 1/3 v. H. des Grundkapitals) hielt eine italienische AG. Für das Stimmrecht der Aktionäre war ihre Beteiligung an der AG maßgebend.

Im Dezember 1961 hat der Aufsichtsrat der Klägerin beschlossen, das Gehalt der beiden Vorstandsmitglieder mit Wirkung ab 1. Januar 1961 auf 2 250 DM zu erhöhen. Für die Monate Januar bis November 1961 hat die Klägerin jedem der Vorstandsmitglieder eine Gehaltsnachzahlung in Höhe von 8 250 DM (11x 750 DM) gewährt. Im Dezember 1964 hat der Aufsichtsrat beschlossen, den beiden Vorstandsmitgliedern für erfolgreiche Tätigkeit im Geschäftsjahr 1963 je eine Tantieme von 10 000 DM zu gewähren. Beide Tantiemen sind als Aufwand des Geschäftsjahres 1964 behandelt worden.

Der Aufsichtsrat der Klägerin bestand aus drei Mitgliedern, dem Justitiar der Klägerin, einem Vertreter des italienischen Aktionärs und einem Arbeitnehmervertreter. Der Vorsitzende dieses Aufsichtsrates war Ende 1961 neu gewählt worden, weil der frühere Vorsitzende des Aufsichtsrats im Januar 1961 verstorben war.

Das FA war der Ansicht, die nachträglichen Gehaltszahlungen und die Gewährung der Tantiemen seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten und berichtigte die Körperschaftsteuerbescheide für 1961 und 1964.

Die vom FG zu gemeinschaftlicher Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen (§§ 45, 73 FGO) der AG hatten Erfolg. Das FG verneinte verdeckte Gewinnausschüttungen. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens ist an die Stelle des FA, das die angefochtenen Bescheide erlassen hat und im Verfahren vor dem FG beklagt war, das FA H als Beklagter getreten; dieses FA ist aufgrund der Verordnung über die Organisation der Landesfinanzbehörden (Oberfinanzdirektionen, Finanzämter) im Freistaat Bayern vom 29. Oktober 1966 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1967 S. 49) für die Bearbeitung der Steuerangelegenheiten der im Bezirk des FA, das die angefochtenen Steuerbescheide erlassen hatte, befindlichen Körperschaften zuständig geworden.

Mit der Revision macht das FA H geltend, das FG habe § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG unrichtig angewandt. Das FA meint, die von der Rechtsprechung des BFH im Hinblick auf Gesellschafter-Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung angewandten Grundsätze müßten auch für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften gelten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Urteil des FG ist gegen den richtigen Beklagten ergangen. Allerdings kann dem FG nicht gefolgt werden, daß der Wechsel in der Beklagtenstellung, dem die Klägerin zugestimmt hat, als zulässige Klagänderung anzusehen sei (FG Nürnberg, Beschluß IV 94-97/65 vom 9. August 1968, EFG 1968, 528; FG Hamburg, Urteil I 167/68 vom 21. Oktober 1968, EFG 1969, 85).

Die Klage war gemäß § 63 Abs. 1 FGO gegen das FA gerichtet, das die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide erlassen hat. Dieses FA war hierzu aufgrund § 21 FVG befugt. Seine Befugnis, Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer zu erfüllen, ist in dem Augenblick erloschen, in dem sein Aufgabenbereich - Bearbeitung der Steuerangelegenheiten der in seinem Bezirk befindlichen Körperschaften - aufgrund der auf § 21 Abs. 2 FVG beruhenden Verordnung über die Organisation der Landesfinanzbehörden im Freistaat Bayern auf das FA H - den späteren Beklagten und jetzigen Revisionskläger - übergegangen ist. Das ursprünglich beklagte FA hat seine Eigenschaft als Pflichtsubjekt des öffentlichen Rechts (vgl. hierzu Beschluß des BFH II R 55/66 u. a. vom 16. Dezember 1969, BFH 98, 314, 323, BStBl II 1970, 283, unter III 2 mit Nachweisen) in dem dargestellten Umfange in diesem Augenblick verloren. Andererseits ist im Zeitpunkt des Wechsels der Zuordnung der Pflicht zur Verwaltung der Körperschaftsteuer der Funktionsbereich des bisher zuständigen FA in dem dargestellten Umfange voll auf das FA H übergegangen (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht, 8. Aufl., § 41 IV). Dieses FA ist infolgedessen im Zeitpunkt des Wechsels in der Zuordnung auch in die Beklagtenrolle des FA eingetreten, das die angefochtenen Bescheide erlassen hat.

II. Die Klägerin hat ihren beiden Vorstandsmitgliedern, die als Aktionäre zusammen 2/3 der Aktien an der Klägerin gehalten haben, Vorteile gewährt. Sie hat im Dezember 1961 zusammen 16 500 DM Gehalt für die Monate Januar bis November nachgezahlt und im Jahre 1964 die im Dezember 1964 beschlossenen Tantiemen für 1963 gewährt; Tantiemen sind Teile des Arbeitsentgelts (Urteil des BFH IV 303/58 S vom 8. Februar 1962, BFH 75, 394 [397], BStBl III 1962, 412). Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG sind jedoch nicht erfüllt.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine Gesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung ihren Gesellschaftern Vorteile gewährt, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dritten Personen nicht gewähren würde (Urteile des BFH I R 188/67 vom 9. Juli 1969, BFH 96, 397, BStBl II 1969, 690; I R 123/67 vom 28. Januar 1970, BFH 98, 171, BStBl II 1970, 296; I R 12/67 vom 18. Februar 1970, BFH 98, 538, BStBl II 1970, 526; ständige Rechtsprechung).

1. In der Rechtsprechung des BFH sind nachträglich vereinbarte und gezahlte Arbeitsvergütungen, die eine in der Vergangenheit liegende Tätigkeit eines die Kapitalgesellschaft beherrschenden Gesellschafters abgelten sollen, bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen worden.

a) Diese Rechtsprechung beruht - ebenso wie die Rechtsprechung zu Rückstellungen wegen Ruhegeldzusagen - letztlich auf der Erwägung, daß in Angelegenheiten des Dienstverhältnisses des Geschäftsführers, die unmittelbar seine finanziellen Interessen berühren, ein echter Interessengegensatz zwischen ihm und der Gesellschaft nicht besteht, die Interessen vielmehr gleichgerichtet sind. Das Handeln der GmbH hängt auch in Angelegenheiten, die ihn betreffen, von seinem Willen als deren Organ und als sie allein oder mit anderen beherrschenden Gesellschaftern ab (vgl. Urteil des BFH I 188/61 S vom 26. Juni 1962, BFH 75, 366 [370], BStBl III 1962, 399; Beschluß des BVerfG 1 BvR 495/63 und 325/66 vom 11. Juli 1967, BVerfGE 22, 156 [161], HFR 1967, 465; Urteil des BGH II ZR 98/68 vom 19. April 1971, NJW 1971, 1355 unter III, 1. zur Einmann-GmbH).

b) Die Geschäftsführer der GmbH werden entweder im Gesellschaftsvertrag (§ 6 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) oder (§ 45 Abs. 2 GmbHG) durch Gesellschafterbeschluß (§ 46 Nr. 5 GmbHG) bestimmt; die Gesellschafter-Versammlung kann auch die Höhe der Bezüge des Geschäftsführers regeln. Beschränkungen hinsichtlich der Zeit, für die ein Geschäftsführer bestellt werden kann, sieht das GmbHG nicht vor. Der jederzeit mögliche Widerruf der Bestellung (§ 38 Abs. 1 GmbHG) durch die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) oder ein anderes Gesellschaftsorgan (§ 45 GmbHG) kann durch den Gesellschaftsvertrag eingeschränkt werden. Die Gesellschafterversammlung beschließt auch über Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6 GmbHG). Bei Gesellschafterbeschlüssen, für die grundsätzlich einfache Mehrheit ausreicht, ist der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Regel stimmberechtigt (§ 47 Abs. 4 GmbHG); dies gilt selbst dann, wenn sich der Beschluß auf den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer bezieht, soweit es sich nicht um wichtige Gründe handelt (Entscheidungen des RGZ 124, 371 [380]; 138, 98; vgl. auch Urteil des BGH II ZR 127/69 vom 12. Juli 1971, BB 1971, 1025). Da die Gesellschaft durch die Geschäftsführer vertreten wird (§ 35 Abs. 1 GmbHG), kann der einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer, der die Gesellschaft beherrscht, seine Bezüge nach Belieben vertraglich regeln. Nach dem Urteil des BGH II ZR 98/68 (a. a. O.), zu dem hier im einzelnen nicht Stellung zu nehmen ist, kann dies selbst der "Einmann-Gesellschafter" ohne Beschränkung durch § 181 BGB; allerdings sind nach diesem Urteil unter Umständen an die Erkennbarkeit und den Nachweis eines Insichgeschäftes besonders strenge Anforderungen zu stellen.

c) Diese Besonderheit im Verhältnis zu anderen Kapitalgesellschaften, bei denen die Beteiligung mehrerer - nicht familiär verbundener - Gesellschafter naturgemäß zu Interessengegensätzen führt, die es ausschließen, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Beziehungen gegenüber der Gesellschaft nach Belieben regeln kann, rechtfertigt es, für Zwecke des Körperschaftsteuerrechts die besondere Struktur derartiger Gesellschaften zu berücksichtigen und sie im Hinblick auf die Einkommensermittlung mit anderen Maßstäben zu messen, als Gesellschaften, bei denen die Willensbildung durch Interessengegensätze beeinflußt ist. Die Gesellschaft, deren Geschäftsführer die auf sein Dienstverhältnis bezüglichen finanziellen Verhältnisse kraft seiner Herrschaftsmacht seinen Interessen gemäß geregelt oder eine Regelung unterlassen hat, muß diese Gestaltung gegen sich gelten lassen. Eine Änderung, die eine Minderung des der Besteuerung der GmbH zugrunde zu legenden Gewinnes bewirken soll, darf sich nicht auf die Vergangenheit beziehen, wenn eine willkürliche Gewinnbeeinflussung vermieden werden soll, die nicht auf einem auf Interessenausgleich gerichteten Vertrag, wie er zwischen voneinander unabhängigen Dritten ausgehandelt zu werden pflegt, sondern auf einem Vertrag beruht, der in erster Linie durch die Interessen des Gesellschafters bestimmt und von diesem als Geschäftsführer für sich selbst als Bediensteter und für die GmbH als deren Organ abgeschlossen ist. Andererseits hat die Rechtsprechung keinen Anstoß an der sogenannten Rückwirkung genommen, wenn der geschäftsführende Gesellschafter die Gesellschaft weder kapitalmäßig beherrschte noch aus anderen Gründen einem herrschenden Gesellschafter gleichzustellen war (Urteile des BFH I R 91/66 vom 8. Januar 1969, BFH 91, 215, BStBl II 1969, 347; I R 172/69 vom 17. Februar 1971, BFH 102, 47, BStBl II 1971, 463).

2. Die der Rechtsprechung zu Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung und sie beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern zugrunde liegende Rechtsauffassung kann nicht ohne weiteres auf Rechtsbeziehungen zwischen Aktiengesellschaften und solchen Vorstandsmitgliedern übertragen werden, die zugleich als Aktionäre die Aktiengesellschaft beherrschen oder aus anderen Gründen einem herrschenden Gesellschafter gleichzustellen sind. Dies verbieten die im Hinblick auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Organe der GmbH einerseits und der AG andererseits bestehenden Strukturunterschiede zwischen diesen Gesellschaftstypen. Dies gilt gleichermaßen für das im Streitfall maßgebende AktG 1937 wie für das AktG 1965.

a) Die Vorstandsmitglieder einer AG werden durch den für die AG obligatorischen (§§ 23, 86 AktG 1937, §§ 30, 95 AktG 1965; anders § 52 GmbHG) Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre bestellt. Die wiederholte Bestellung ist zulässig (§ 75 Abs. 1 AktG 1937, § 84 Abs. 1 AktG 1965). Der Aufsichtsrat kann die Bestellung widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (Abs. 3 der genannten Vorschriften). Der Aufsichtsrat, der nur für beschränkte Zeit bestellt werden kann (§ 87 Abs. 1 und 3 AktG 1937, §§ 30 Abs. 3, 102 AktG 1965), vertritt die AG beim Abschluß der Anstellungsverträge mit den Vorstandsmitgliedern (§ 97 AktG 1937, § 112 AktG 1965); er unterliegt jedoch hinsichtlich der Bemessung der Bezüge des Vorstandes (§ 78 AktG 1937, § 87 AktG 1965) gewissen Bindungen.

Allerdings hat auch der die AG allein oder mit ihm nahestehenden Personen zusammen beherrschende Aktionär die Möglichkeit, ihm genehme und seinen Wünschen geneigte Personen zu Aufsichtsratsmitgliedern zu bestellen bzw. zu wählen (§§ 23 Abs. 1 Satz 1, 87, 88 AktG 1937, §§ 30, 101 AktG 1965), damit er als Vorstandsmitglied - auch wiederholt - bestellt wird und seine Bezüge entsprechend seinen Vorstellungen festgesetzt werden. Diese Möglichkeit ist aber dadurch beschränkt, daß z. B. nach § 76 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen muß, und daß der herrschende Aktionär nicht selten Personen in den Aufsichtsrat wählen wird, um in erster Linie deren besondere Erfahrungen und Beziehungen zu nutzen. Selbst wenn man aber davon ausgeht, der die AG allein oder mit ihm nahestehenden Personen beherrschende Aktionär könne die Zusammensetzung und die Mehrheitsverhältnisse im Aufsichtsrat zu seinen Gunsten in einer Weise beeinflussen, daß er seine Wünsche im Hinblick auf die Ordnung seiner Bezüge als Vorstandsmitglied stets durchsetzen kann, ist die Sachlage bei der AG mit der bei einer GmbH nicht ohne weiteres vergleichbar. Die im Falle einer vom Willen des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers abhängigen GmbH typischerweise bestehende Gefahr des Mißbrauchs freier Gestaltungsmöglichkeiten zum Zwecke der Gewinnmanipulierung (BVerfGE 22, 161) ist bei der AG geringer, weil die Vorstandsmitglieder, im Gegensatz zum Gesellschafter-Geschäftsführer, ihre Interessen nicht zugleich als Bedienstete und als Mehrheitsaktionäre regeln können. Die AG handelt bei der Bemessung der Bezüge des Vorstands im Rahmen der §§ 77, 78 AktG 1937, §§ 86, 87 AktG 1965 und bei der rechtsgeschäftlichen Regelung dieser Bezüge (§ 97 AktG 1937, § 112 AktG 1965) durch den Aufsichtsrat; für dessen Mitglieder gelten hinsichtlich ihrer Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit § 84 AktG 1937 bzw. § 93 AktG 1965 entsprechend (§ 99 AktG 1937, § 116 AktG 1965; vgl. auch § 101 AktG 1937, § 117 AktG 1965).

b) Der handelsrechtlich begründete Strukturunterschied zwischen GmbH und AG spricht dagegen, die nachträgliche Erhöhung oder Gewährung von Bezügen für in der Vergangenheit geleistete Dienste des eine GmbH beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers und des Vorstandsmitgliedes, das vermöge seines Aktienbesitzes allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen eine AG zu beherrschen imstande ist, für den Bereich des Rechts der Ertragsteuern schlechthin gleich zu behandeln. Doch schließt diese Strukturverschiedenheit - darin ist dem Beklagten beizutreten - nicht die Möglichkeit aus, daß die nachträgliche Erhöhung oder Gewährung von Bezügen einseitig den Interessen des Vorstandsmitgliedes dient, das Mehrheitsaktionär ist, und nicht durch Vorstellungen motiviert ist, die auf einen Interessenausgleich im Hinblick auf das Dienstverhältnis zwischen der AG und dem Vorstandsmitglied gerichtet sind. Unter diesen Umständen kann die Berufung auf die handelsrechtlichen Strukturunterschiede zwischen GmbH und AG im Falle eines Vorstandsmitgliedes, das Mehrheitsaktionär ist, allein nicht ausreichen, um eine verdeckte Gewinnausschüttung in Fällen der vorliegenden Art zu verneinen. Angesichts der durch die dargestellte Möglichkeit begründeten Zweifel (§ 171 Abs. 1 AO) ist es Sache der AG, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Sachverhaltsaufklärung durch die Behörde (§ 204 AO) die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, daß für die vertragliche Regelung einer nachträglichen Erhöhung oder Gewährung von Bezügen an das Vorstandsmitglied nicht die Machtstellung als Mehrheitsaktionär maßgebend war.

3. Die Erhöhung oder Gewährung von Bezügen für in der Vergangenheit erbrachte Dienste eines Vorstandsmitgliedes, das kraft seines Aktienbesitzes allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen die AG zu beherrschen imstande ist, ist verdeckte Gewinnausschüttung, wenn Tatsachen vorliegen, die den Schluß rechtfertigen, daß diese Maßnahmen weniger Ausfluß eines Interessenausgleiches im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätze für die Bezüge des Vorstandsmitgliedes, als vielmehr durch die Interessen des die AG beherrschenden Aktionärs motiviert sind.

Im Streitfall sind solche Tatsachen nicht festgestellt, vom FA - das die Grundsätze der Rechtsprechung zur GmbH auf die AG übertragen wissen will - auch nicht behauptet worden. Der Aufsichtsrat der Klägerin, der im Laufe des Jahres 1961 durch Tod seines Vorsitzers beschlußunfähig (§ 86 Abs. 1 Satz 1 AktG 1937, § 95 Satz 1 AktG 1965) geworden war, bestand zur Zeit der Beschlußfassungen über die Erhöhung der Bezüge im Dezember 1961 und die Gewährung einer Tantieme für die Tätigkeit im Jahre 1963 im Laufe des Monats Dezember 1964 aus drei Mitgliedern, dem Justitiar der Klägerin als Vorsitzer, einem im Interesse des italienischen Aktionärs gewählten Mitglied und einem Arbeitnehmervertreter. Diese Zusammensetzung spricht prima facie gegen die Annahme, daß die beiden Vorstandsmitglieder ihre Stellung als Aktionär benutzt hätten, sich die umstrittenen Bezüge zu verschaffen, über deren Angemessenheit kein Streit besteht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413090

BStBl II 1972, 438

BFHE 1972, 524

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