Umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

Der Betrieb einer Photovoltaikanlage wirft zahlreiche umsatzsteuerliche Fragestellungen auf, denen sich die Oberfinanzdirektion Karlsruhe mit Verfügung vom 19.2.2015 ausführlich widmet. Wir stellen die wichtigsten Grundsätze der Weisung dar.

Rund 1,5 Mio. Photovoltaikanlagen nutzen in Deutschland die Kraft der Sonne. Zwar ist der Zubau an neuen Anlagen in letzter Zeit wegen gesunkener Einspeisevergütungen erheblich rückläufig, für Privatleute und institutionelle Investoren sind die gesunkenen Anlagenpreise aber ein erneuter Anreiz, um noch in das Geschäft mit den erneuerbaren Energien einzusteigen.

Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe (OFD) beleuchtet mit Verfügung vom 19.2.2015 die umsatzsteuerliche Seite des Betriebs einer Photovoltaikanlage und äußert sich dabei unter anderem zur Unternehmereigenschaft des Anlagenbetreibers, zur Behandlung der Ausgangsumsätze, zur Unternehmensvermögenszuordnung, zum Vorsteuerabzug, sowie zu den Folgen eines Anlagenverkaufs und einer Dachvermietung. Folgende Punkte der Weisung sind besonders hervorzuheben:

Unternehmereigenschaft beim Anlagenbetreiber

Ein ansonsten nicht unternehmerisch tätiger Anlagenbetreiber geht einer nachhaltigen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG nach (= Erfüllung des Unternehmerbegriffs), wenn er den erzeugten Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz einspeist. Die Unternehmereigenschaft hängt im Fall regelmäßiger Stromeinspeisung nicht von der Höhe der erzielten Umsätze ab.

Auch wenn lediglich eine kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung erfolgt und der erzeugte Strom vom Anlagenbetreiber intern verbraucht wird, liegt eine unternehmerische Tätigkeit vor. Keine Einordnung als Unternehmer erfolgt hingegen bei Anlagenbetreibern, die nur gelegentlich Strom einspeisen.

Umsatzsteuer Photovoltaik: Ausgangsumsätze

Die entgeltliche Stromlieferung an den Netzbetreiber stellt den umsatzsteuerpflichtigen Umsatz dar, der dem 19 %-igen Regelsteuersatz unterliegt. Dabei muss beachtet werden, dass die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein Nettobetrag ist.

Eine Stromlieferung an den Netzbetreiber liegt auch vor, wenn der Betreiber den Strom dezentral verbraucht (Direktverbrauch) und einen Eigenverbrauchsbonus (nach § 33 Abs. 2 EEG i. d. F. bis zum 31.3.2012) erhält. Dieser Vorgang muss umsatzsteuerlich in zwei Lieferungen aufgespalten werden und zwar in eine Lieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und in eine Rücklieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber.

Als Entgelt für die Lieferung durch den Anlagenbetreiber ist sowohl die gezahlte Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a. F. als auch der Wert der Rücklieferung durch den Netzbetreiber anzusetzen; es liegt ein Tausch mit Baraufgabe vor.

Der Wert der Rücklieferung ergibt sich aus der Differenz zwischen der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG a. F. und der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a. F. Damit entspricht der Wert der Lieferung des Anlagenbetreibers beim Direktverbrauch der Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 EEG a. F.

Hinweis: Die Vergütung nach § 33 Abs. 2 EEG a. F. gilt nur noch für Bestandsanlagen, bei denen der Eigenverbrauchsbonus weiterhin gezahlt wird.

Bei Photovoltaikanlagen, die ab dem 1.4.2012 in Betrieb genommen worden sind (und die nicht unter eine Übergangsvorschrift fallen), wird der selbst verbrauchte Strom nicht mehr vergütet; der Eigenverbrauchsbonus nach § 33 Abs. 2 EEG a. F. wurde durch die EEG-Novelle gestrichen. Zudem ist zu beachten, dass die jährlich förderfähige Strommenge ab dem 1.1.2014 auf 90 % begrenzt wurde (Marktintegrationsmodell). Die OFD weist darauf hin, dass auch nach dem Wegfall des Eigenverbrauchsbonus bzw. im Rahmen des Marktintegrationsmodells eine ausschließlich unternehmerische Verwendung der Photovoltaikanlage vorliegt, wenn der selbst erzeugte Strom unmittelbar im eigenen Unternehmen verwendet, direkt vermarktet, dem Netzbetreiber zum Verkauf an der Börse angedient oder an einen Mieter geliefert wird.

Hinweis: Liefert der Anlagenbetreiber Strom an seinen Mieter, ist dies als unselbstständige Nebenleistung zum Vermietungsumsatz anzusehen und somit regelmäßig umsatzsteuerfrei. Ein Vorsteuerabzug ist dann insoweit ausgeschlossen (freiwilliger Verzicht auf Steuerbefreiung aber möglich).

Stromverwendung für nichtunternehmerische Zwecke

Strom wird für nichtunternehmerische Zwecke verwendet, wenn er dem privaten Stromverbrauch dient, unentgeltlich an Dritte abgegeben oder für nichtwirtschaftliche Zwecke im engeren Sinne (z. B. für den ideellen Vereinsbereich) genutzt wird. Nur wenn die Anlage teilweise für unternehmensfremde Zwecke bzw. zur unentgeltlichen Abgabe an Dritte verwendet wird, ist sie ein teilunternehmerisch genutzter Gegenstand, für den der Anlagenbetreiber ein Zuordnungswahlrecht hat. Ordnet der Betreiber seine Anlage insgesamt dem Unternehmen zu und wird der Strom teilweise unmittelbar für unternehmensfremde Zwecke verwendet, liegt diesbezüglich eine unentgeltliche Wertabgabe i. S. d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG vor. Bemessungsgrundlage für den Umsatz ist dann der (fiktive) Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes (§ 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG).

Hinweis: Sofern der Anlagenbetreiber von einem Energieversorger zusätzlichen Strom hinzukauft, kann er dessen Einkaufspreis als fiktiven Einkaufspreis ansetzen (= gleichartiger Gegenstand). Sofern der Betreiber seinen privaten Strombedarf allein über die Photovoltaikanlage deckt, muss er als fiktiven Einkaufspreis den Strompreis des Stromgrundversorgers heranziehen (Grundpreis darf anteilig eingerechnet werden).

Nutzt der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom teilweise für nichtwirtschaftliche Zwecke im engeren Sinne, kann er aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den laufenden Kosten der Anlage nur einen anteiligen Vorsteuerabzug geltend machen (für unternehmerische Verwendung). Die nichtwirtschaftliche Nutzung berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug und muss von ihm grundsätzlich nicht als unentgeltliche Wertabgabe versteuert werden.

Hinweis: Anhand zweier Beispiele verdeutlicht die OFD, welche Folgen es hat, wenn der Betreiber die Anlage in den Folgejahren in größerem Umfang als zu Beginn für nichtwirtschaftliche bzw. für unternehmerische Zwecke nutzt (Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe in Höhe des Zuwachses, Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG). 

Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Eine Photovoltaikanlage gehört in vollem Umfang zum Unternehmensvermögen, wenn der Betreiber für den gesamten Strom eine Einspeisevergütung nach § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 EEG a. F. erhält. Eine ausschließlich unternehmerische Nutzung liegt auch dann vor, wenn er einen Teil des Stroms für andere unternehmerische Zwecke liefert (z. B. an den Mieter).

Der Betreiber kann eine Anlage ganz oder teilweise seinem Unternehmen zuordnen (Zuordnungswahlrecht), wenn der erzeugte Strom zwar teilweise unmittelbar für unternehmensfremde Zwecke verwendet wird, er aber mindestens 10 % des erzeugten Stroms für unternehmerische Zwecke verwendet.

Hinweis: Die Zuordnungsentscheidung trifft der Betreiber, indem er die Vorsteuer aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Voranmeldungszeitraum des Leistungsbezugs abzieht (spätestens in der Umsatzsteuerjahreserklärung).

Beträgt die unternehmerische Nutzung weniger als 10 %, darf die Anlage nicht dem Unternehmensvermögen zugerechnet werden (Vorsteuerabzug insgesamt ausgeschlossen).

Photovoltaikanlage - steuerliche Behandlung: Grundregeln zum Vorsteuerabzug

Die OFD weist darauf hin, dass ein voller Vorsteuerabzug nur möglich ist, wenn der Käufer der Anlage entgeltlich Strom liefert. Sofern die Anlage an eine andere Person geliefert wurde, ist ein Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen. 

Sofern eine Bruchteilsgemeinschaft eine Photovoltaikanlage erwirbt und nur ein Gemeinschafter entgeltliche Stromlieferungen tätigt, kann er den Vorsteuerabzug nur anteilig in Höhe seines Anteils vornehmen (sofern die Gemeinschaft die Unternehmereigenschaft nicht aus anderen Gründen – z. B. durch Vermietung einer Wohnung – begründet hat).

Verwendet der Anlagenbetreiber den Strom unmittelbar für umsatzsteuerfreie Umsätze (z. B. für seine Arztpraxis oder steuerfreie Vermietungsumsätze), ist insoweit kein Vorsteuerabzug möglich (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Ein Vorsteuerabzug scheidet auch aus, wenn der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom unmittelbar für seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nutzt, für den die Durchschnittssatzbesteuerung gilt (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). Wird der Strom allerdings nur teilweise für „vorsteuerschädliche“ Umsätze verwendet, ist zumindest ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich (Aufteilung erforderlich).

Wird bei der Installation einer Photovoltaikanlage zugleich eine Batterie zur Speicherung des Stroms (Stromspeicher) angeschafft, sind beide Komponenten ein einheitliches Zuordnungsobjekt. Wird die Batterie erst nachträglich installiert, stellt sie ein eigenständiges Zuordnungsobjekt dar, für das ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn der gespeicherte Strom zu weniger als 10 % für unternehmerische Zwecke verbraucht wird.

Vorsteuerabzug für Baumaßnahmen

Ist für den Einbau einer Photovoltaikanlage eine Dachsanierung erforderlich, war für bis zum 31.12.2010 bezogene Leistungen pauschal ein 50 %-iger Vorsteuerabzug möglich (USt-Kartei v. 28.1.2009 zu § 2 Abs. 1 UStG, S 7104 Karte 2). Für diesen Teil hatte die Finanzverwaltung im Schätzungswege angenommen, dass die Sanierung in Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage stand. Nach neuerer BFH-Rechtsprechung muss sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung des gesamten Bauwerks richten; es kommt dabei auf die Verwendung der inneren Nutzfläche und der Dachflächen an. Als sachgerechten Aufteilungsmaßstab können Betreiber das Verhältnis der (fiktiven) Vermietungsumsätze heranziehen. Bei der Verhältnisrechnung können sie für die Vermietung der Dachfläche eine Jahresmiete von maximal 3 EUR pro Quadratmeter ansetzen. Beträgt die unternehmerische Nutzung des Gebäudes nach der Berechnung weniger als 10 %, ist ein Vorsteuerabzug insgesamt ausgeschlossen. Bei mindestens 10 %-iger unternehmerischer Nutzung darf der Betreiber das Bauwerk insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die Vorsteuer abziehen (soweit kein Ausschluss nach § 15 Abs. 1b UStG vorliegt).

Hinweis: Ein kompletter Vorsteuerabzug ist bei Sanierungsmaßnahmen eröffnet, die aus statischen Gründen für den Bau der Photovoltaikanlage erforderlich sind (z. B. Dachverstärkung, Errichtung von Stützbalken).

Vorsteuerberichtigung

Der Berichtigungszeitraum des § 15a UStG beträgt für Aufdachanlagen grundsätzlich 5 Jahre, für dachintegrierte Anlagen 10 Jahre. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann erforderlich werden, wenn Nutzungsänderungen, wie z. B. der steuerfreie Verkauf einer dachintegrierten Anlage oder der Übergang zur Kleinunternehmerregelung, eintreten.

Verkauf der Anlage

Sofern der Betreiber seine Anlage veräußert, liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn der Erwerber das Unternehmen fortführt (Eintritt in bestehenden Stromeinspeisungsvertrag).

Liegt keine begünstigte Geschäftsveräußerung vor und veräußert der Betreiber nur die Photovoltaikanlage (ohne Grundstück), ist ein umsatzsteuerpflichtiger Umsatz anzunehmen. Sofern die Anlage zusammen mit dem Grundstück veräußert wird, muss zwischen Aufdachanlagen und dachintegrierten Anlagen unterschieden werden:

  • Aufdachanlagen: Der Verkauf einer Aufdachanlage fällt nicht unter die Umsatzsteuerbefreiung für grunderwerbsteuerbare Umsätze (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG); Steuerschuldner der entstehenden Umsatzsteuer ist der Verkäufer.
  • Dachintegrierte Anlagen: Wird eine dachintegrierte Anlage zusammen mit dem Grundstück veräußert, ist das auf sie entfallende Entgelt ein Bestandteil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (= Gebäudebestandteil), sodass die Veräußerung insgesamt umsatzsteuerfrei erfolgen kann.

Dachvermietung

Wer eine Dachfläche an den Betreiber einer Photovoltaikanlage vermietet, geht einer steuerfreien Grundstücksvermietung nach (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG). Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist allerdings möglich.

Dachsanierung bei Dachvermietung

Sofern der Mieter der Dachfläche die Kosten einer Dachsanierung trägt, ist diese Kostenübernahme eine Gegenleistung für die Überlassung der Dachfläche (tauschähnlicher Umsatz). Die Folgen stellen sich wie folgt dar:

  • Auf Seiten des Anlagenbetreibers: Der Betreiber der Anlage kann regelmäßig den vollen Vorsteuerabzug aus den Kosten der Sanierung beanspruchen. Allerdings liegt zugleich auch eine sofortige Weiterlieferung der Dachsanierung an den Grundstückseigentümer vor; die Umsatzsteuer hierauf entsteht im Fall der Sollversteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Werklieferung ausgeführt wurde. Im Ergebnis heben sich Vorsteuer und Umsatzsteuer also auf.
  • Auf Seiten des Vermieters: Da die Überlassung der Dachfläche grundsätzlich ein steuerfreier Vermietungsumsatz ist, kann der Vermieter keinen Vorsteuerabzug aus der Weiterlieferung der Dachsanierung an ihn vornehmen. Sofern er allerdings auf die Steuerfreiheit verzichtet (Option nach § 9 UStG), ist die erhaltene Werklieferung bei Fertigstellung eine Anzahlung für die Dachverpachtung, die im Zeitpunkt der Weiterlieferung versteuert werden muss. Zugleich kann der Vermieter aber den Vorsteuerabzug aus der Lieferung der Dachsanierung beanspruchen, sofern die Umsatzsteuer in einer Rechnung ordnungsgemäß ausgewiesen ist.

OFD Karlsruhe, Verfügung v. 19.2.2015, S 7104

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