Vorzeitige Rückzahlung eines Immobilienkredits

Ein Immobiliendarlehen vorzeitig abzulösen, ist häufig sinnvoll und kann viel Geld sparen. Doch welche Kosten muss die Bank tatsächlich reduzieren und an welchen darf sie trotz einer geringeren Laufzeit des Darlehens festhalten? Der Europäische Gerichtshof sorgt für Klarheit.

Die bei Immobilienkreditverträgen einer Bank in Österreich verwendete Standardklausel zur vorzeitigen Rückzahlung des Kredits wurde von einer österreichischen Verbraucherzentrale beanstandet und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft.

Im Kern ging es darum, welche Kosten die Bank bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens durch den Kreditnehmer reduzieren muss.

Bank will nur laufzeitabhängige Kosten reduzieren

Die in dem Kreditvertrag verwendete Standardklausel sah vor, dass im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung die Zinsen und die laufzeitabhängigen Kosten verhältnismäßig zurückgezahlt werden, während „die laufzeitunabhängigen Bearbeitungsspesen nicht rückerstattet werden – auch nicht anteilig“.

Verbraucherzentrale fordert umfassende Kostenreduzierung beim Kreditvertrag

Die Verbraucherzentrale sah die Bank in der Pflicht, auch die laufzeitunabhängigen Kosten verhältnismäßig zu verringern. Dabei berief sie sich auf die Richtlinie 2014/17 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher. Gemäß dieser Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Verbraucher das Recht haben, ihre Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag vollständig oder teilweise vor Ablauf des Vertrags zu erfüllen. In solchen Fällen hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.

Europäischer Gerichtshof: Von der Bank verwendete Klausel ist nicht zu beanstanden

Der EuGH hat an der verwendeten Klausel nichts zu beanstanden. Das Recht zur Ermäßigung der Kosten eines Kreditvertrags bei vorzeitiger Rückzahlung ziele nicht darauf ab, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, in der er sich befände, wenn der Kreditvertrag für eine kürzere Laufzeit oder einen geringeren Betrag oder ganz allgemein zu anderen Bedingungen geschlossen worden wäre. Es ziele vielmehr darauf ab, den Vertrag an sich durch die vorzeitige Rückzahlung ändernde Umstände anzupassen.

Kreditnehmer hat keinen Anspruch auf Reduktion der Kosten für bereits erbrachte Leistungen

Dieses Recht könne nicht die Kosten umfassen, die dem Verbraucher unabhängig von der Vertragslaufzeit entweder zugunsten des Kreditgebers oder zugunsten Dritter für Leistungen auferlegt werden, die zum Zeitpunkt der Rückzahlung bereits vollständig erbracht worden sind.

Verbraucher müssen vor missbräuchlicher Auslegung durch Banken geschützt werden

Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass die Verbraucher vor Missbrauch geschützt werden müssen. Die nationalen Gerichte müssten deshalb dafür sorgen, dass die Kosten, die dem Verbraucher unabhängig von der Laufzeit auferlegt werden, nicht objektiv ein Entgelt des Kreditgebers für die vorübergehende Verwendung des Kapitals oder für Leistungen darstellten, die dem Verbraucher zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung noch erbracht werden müssten.

Der Kreditgeber müsse dann nachweisen, ob es sich bei den betreffenden Kosten um einmalige oder regelmäßige Kosten handele.

(EuGH, Urteil v. 09.02.2023, C-555/21)