Unfallopfer muss keinen Mietwagen mit höherer SB akzeptieren

Kfz-Haftpflichtversicherer versuchen häufig, die Kosten des Unfallopfers zu drücken, indem sie auf besonders günstige Mietwagentarife verweisen. Auf derartige Angebote muss der Geschädigte nur eingehen, wenn sie tatsächlich vergleichbar sind.

Der Haftpflichtversicherer eines Unfallverursachers verweigerte die komplette Kostenübernahme für den Mietwagen, den das Unfallopfer während der Reparatur seines Fahrzeugs angemietet hatte. Argumentation der Versicherung: Es habe dem Unfallopfer ein wesentlich günstigeres Mietwagenangebot eines überregional tätigen Autovermieters zukommen lassen. Indem das Unfallopfer sich für einen teureren Anbieter entschied, habe es gegen seine Schadensminderungspflicht (§254 Abs. 2 S. 1 BGB) verstoßen.

Kein Verstoß gegen Wirtschaftlichkeitsgebot oder Schadensminderungspflicht

Dagegen wehrte sich das Unfallopfer mit Erfolg: Das Landgericht Köln entschied mit Urteil v. 14.12.2021 (11 S 104/19), dass der Geschädigte sich weder unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) noch der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) vom Versicherer auf die vorgeschlagene günstigere Anmietungsalternative habe verweisen lassen müssen.

Unfallopfer wählte Mietwagen mit niedrigerer Selbstbeteiligung

Ein wesentlicher Unterschied bei dem günstigeren Mietwagenangebot bestand in der Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung im Falle eines Unfalls. Bei dem von der Versicherung vorgeschlagenen günstigeren Angebot lag die mit 332 EUR deutlich höher als bei dem Angebot, für das sich das Unfallopfer entschieden hatte (150 EUR).

Mietwagenangebote mit unterschiedlicher Selbstbeteiligung nicht vergleichbar

Ähnlich wie beim Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit sei das vom gegnerischen Versicherer unterbreitete Angebot für das Unfallopfer nur dann relevant, wenn es mit realen Anmietmöglichkeiten vergleichbar sei. Im Falle einer unterschiedlich hohen Selbstbeteiligung sei dies nicht der Fall.

Selbstbeteiligung für das Unfallauto spielt keine Rolle

Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es in diesem Zusammenhang keine Rolle spiele, wie die Selbstbeteiligung des Geschädigten bei seinem eigenen Fahrzeug ausgestaltet sei. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen Vollkaskoschutz ohne oder mit verringerter Selbstbeteiligung bestehe grundsätzlich unabhängig davon, ob das Fahrzeug des Geschädigten in gleicher Weise versichert ist.

Miete begründet erhöhtes wirtschaftliches Risiko

Das Gericht begründete dies damit, dass der Geschädigte während der Mietzeit einem aufgedrängten erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt sei (vgl. OLG Köln, Urteil v. 20.05.2014, 15 U 16/14). Ein solches Risiko bestehe grundsätzlich etwa darin, mit dem angemieteten Mietwagen erneut in einen allein oder jedenfalls mitverschuldeten Schadensfall verwickelt zu werden. Bei der Nutzung eines eigenen Fahrzeugs habe es der Eigentümer nämlich weitgehend in der Hand, ob er sein Fahrzeug im Falle eines Schadens nur provisorisch reparieren lasse oder, falls möglich, das beschädigte Fahrzeug im unreparierten Zustand weiter nutze. Ein Mietwagenkunde müsse hingegen in aller Regel bei der Rückgabe des Fahrzeugs voll für eine fachgerechte Reparatur einstehen.


(LG Köln, Urteil v. 14.12.2021, 11 S 104/19)


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