Falschparkerin muss Abschleppkosten nicht bezahlen

Das Verwaltungsgericht hat die seit 1980 in Berlin geltende Gebührenordnung, welche die Übernahme der Abschleppkosten regelt, für rechtswidrig erklärt. Das Umsetzen eines PKW stelle keine Benutzung einer öffentlichen Einrichtung dar, so das Gericht in seiner Begründung.

Im September 2010 wurde das Fahrzeug der Klägerin auf Betreiben des Ordnungsamtes von einem privaten Abschleppunternehmen umgesetzt, da sie dieses in einem Halteverbot in Berlin-Pankow abgestellt hatte. Zuvor wurde von den Beamten eine Halterabfrage durchgeführt, welche ergeben hatte, dass die Klägerin nicht in dem Stadtteil wohne. Bei ihrer Anhörung erklärte sie, dass sie aufgrund einer Fuß-OP nicht in der Lage gewesen sei, ein Fahrzeug zu führen. Sowohl bei der Entlassung aus dem Krankenhaus als auch 2 Tage vor dem Abschleppen seien keine Halteverbotsschilder am Abstellort aufgestellt gewesen. Die Klägerin erhielt einen Bescheid, in welchem Sie zur Zahlung von 138 EUR aufgefordert wurde. Als Rechtsgrundlage wurde die Gebührenordnung für die Benutzung polizeilicher Einrichtungen (§ 1 PolBenGebO) angeführt.

Verordnung verstößt gegen höherrangiges Recht

Erstmals hatte nun das VG Berlin die 33 Jahre geltende Verordnung gekippt und gab der Klage der Fahrzeughalterin statt, da die Rechtsverordnung mit höherrangigem Recht unvereinbar sei. Zwar ermächtige das Gesetz über Gebühren und Beiträge (GebBeitrG) den Senat zum Erlass von Gebühren- und Beitragsordnungen. Das GebBeitrG erfasse jedoch nur solche Benutzungsgebühren, welche als Gegenleistung für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen erhoben werden.

Polizeiliche Leitstelle steht Allgemeinheit nicht zur Verfügung

Bei dem Umsetzen eines verkehrswidrig geparkten PKW werde weder eine öffentliche Einrichtung tätig noch benutze der Fahrzeughalter eine öffentliche Einrichtung. Unter den Begriff der öffentlichen Einrichtung verstehe man eine der Allgemeinheit zugängliche, der Daseinsfürsorge zurechenbare Einrichtung (z. B. Schwimmbäder). Die Polizei handle hier nicht im Bereich der Daseinsvorsorge, sondern werde ordnungsrechtlich tätig. Des Weiteren setzte das „Benutzen“ einer öffentlichen Einrichtung eine willensgetragene Inanspruchnahme voraus, an welcher es hier fehle. Ein Freifahrtschein für das Falschparken kann in dem Urteil aber nicht gesehen werden. Ob die Halterin die Kosten ggf.  auf anderer Grundlage tragen muss, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hatte die 14. Kammer der Verwaltungsgerichts die Berufung zugelassen.

(VG Berlin, Urteil v. 19.06.2013, VG 14 K 34.13)

Schlagworte zum Thema:  Berlin