Bei Recht kompakt, Ihrem wöchentlichen Rechtsbriefing, fassen wir die wichtigsten Entscheidungen des BGH der letzten Woche zusammen. Darüber hinaus informieren wir Sie über aktuelle Themen und geben Ihnen einen Ausblick auf die Beiträge, die Sie diese Woche auf unserem Rechtsportal erwarten.

Billigfluggesellschaften müssen Steuern, Gebühren und Entgelte erstatten

In einem aktuellen Urteil hat der BGH entschieden, dass Billigfluggesellschaften Steuern, Gebühren und Entgelte erstatten müssen, wenn ein Flug nicht angetreten wird. Dabei wies das Gericht die Argumente der Fluggesellschaften zurück, die Flugpreise seien unter Berücksichtigung von Nebenleistungen wie Getränkeverkauf und Mietwagenvermittlung kalkuliert.

Der Fall wurde von einem Fluggast eingeleitet, der einen Flug von Memmingen nach Kreta gebucht, aber nicht angetreten hatte. Er hatte seinen Erstattungsanspruch an ein Legal-Tech-Unternehmen abgetreten, das die Erstattung von 18,41 EUR an Steuern, Gebühren und Entgelten erfolgreich durchsetzte (BGH-Urteil v. 1.8.2023, X ZR 118/22).

Klage auf Zustimmung des WEG-Verwalters

Der BGH hat entschieden, dass bei Verweigerung der Zustimmung zum Verkauf einer Wohnung durch den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht mehr der Verwalter, sondern die Gemeinschaft zu verklagen ist. Dieses Urteil folgt der WEG-Reform, die am 1. 12.2020 in Kraft getreten ist und das Verhältnis zwischen Verwalter und WEG neu regelt. Der Verwalter ist lediglich Organ der Gemeinschaft und nicht mehr als Treuhänder oder mittelbarer Vertreter der Eigentümer anzusehen. Diese Regelung gilt auch für Teilungserklärungen, die vor 2020 abgegeben wurden. Für Klagen auf Zustimmung zum Verkauf einer Wohnung beträgt der Streitwert weiterhin grundsätzlich 20 % des Verkaufspreises (BGH-Urteil v. 21.7.2023, V ZR 90/22).

Ewiges Widerspruchsrecht eingeschränkt: Kein Widerspruch nach 19 Jahren möglich

Mit Urteil vom 19.7.2023 hat der BGH entschieden, dass eine Versicherte trotz fehlerhafter Widerspruchsbelehrung nach 19 Jahren kein Widerspruchsrecht gegen einen Lebensversicherungsvertrag geltend machen kann. Grund dafür ist, dass sie ihre Ansprüche aus der Versicherung noch am Tag des Abschlusses zur Sicherung eines Baudarlehens an eine Bank abgetreten hatte. Nach Ansicht des BGH durfte die Versicherung daher auf den Bestand des Vertrages vertrauen. Dieses Urteil zeigt, dass das Recht auf Widerspruch nach Treu und Glauben Einschränkungen unterliegen kann, wenn ein Einzelfall besondere Umstände aufweist (BGH-Urteil v. 19.7.2023, IV ZR 268/21).

Eine vollständige Auflistung aller Leitsatzentscheidungen des BGH der vergangenen Woche finden Sie jeden Montag bei uns.

Kommende Beiträge auf unserem Rechtsportal

Rechtsanwältin Johanna Tormählen wird das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25.4.2023 besprechen. In diesem hat das Gericht erneut zu AGB-rechtlich vereinbarten Rückzahlung von Fortbildungskosten entschieden (BAG-Urteil v. 25.4.2023, 9 AZR 187/22).

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin haben Mieter ein berechtigtes Interesse daran, einen Teil ihrer Mietfläche an Geflüchtete unterzuvermieten. Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist uneinheitlich. Das Amtsgericht München hat anders entschieden. Wir werden diese Entscheidung am Donnerstag besprechen (LG Berlin, Urteil v. 6.6.2023, 65 S 39/23).

Der BGH hat sich nach einem knappen Jahr zum zweiten Mal mit den Voraussetzungen der Hemmung der Verjährungsfrist durch Zustellung eines Mahnbescheides auseinandergesetzt und seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Auf unserem Rechtsportal finden Sie heute eine Besprechung dieser Entscheidung (BGH, Urteil v. 7.6.2023, VII ZR 594/21 und Urteil v. 14.7.2022, VII ZR 255/21).