OLG: BU-Versicherungen und die Frage nach Vorerkrankungen

Sich vor den Folgen einer Berufsunfähigkeit mittels einer Versicherung abzusichern, ergibt durchaus Sinn. Der Schutz besteht aber nur dann, wenn bei Versicherungsabschluss die Fragen zu Vorerkrankungen auch korrekt beantwortet wurden.

Ein Grundschullehrer forderte von dem beklagten Versicherer Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Ende Mai 2020 stellte er den Leistungsantrag. Begründung: Er könne in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Lehrer wegen psychovegetativer Erschöpfung, einer Anpassungsstörung und einer depressiven Episode nicht mehr arbeiten.

30-tägige Erkrankung im Versicherungsantrag verschwiegen

Eine Psychotherapie und eine Rehabilitationsmaßnahme hatte er da schon durchlaufen. Die beklagte Versicherung prüfte den Fall. Aus den eingeholten Ärzteauskünften ergab sich, dass der Lehrer im Jahr 2010 einen Monat durchgehend krankgeschrieben war. Die ersten acht Tage wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung und danach wegen Rückenschmerzen.

Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht – Versicherung vom Vertrag zurückgetreten

Die beklagte Versicherung erklärte daraufhin den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 19 Abs. 2 VVG. Durch das Verschweigen der Krankheiten im Jahr 2010 habe der Mann seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt. Hätte er diese Umstände im Versicherungsantrag angegeben, wäre der Versicherungsschutz keinesfalls zu normalen Konditionen und gegebenenfalls sogar nicht übernommen worden, argumentierte die Versicherung.

Im Antrag auf die Versicherung, die am 1.2.2012 policiert worden war, hatte der Grundschullehrer unter anderem diese Fragen mit „nein“ beantwortet:

  • Frage 8: „Bestehen bei Ihnen derzeit dauerhafte Beeinträchtigungen, Erkrankungen oder Störungen der Psyche, z. B. Depressionen, Angstzustände, Essstörungen, Suizidversuche oder wurden Sie in den letzten zehn Jahren diesbezüglich beraten, untersucht oder behandelt?“
  • Frage 10: „Fanden in den letzten fünf Jahren Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Ärzte, sonstige Behandler oder im Krankenhaus statt? Wann? Weswegen..?“
  • Frage 11: Bestehen oder bestanden bei Ihnen in den letzten fünf Jahren Krankheiten, Gesundheits- oder Funktionsstörungen, Beeinträchtigungen, Beschwerden?

Der Lehrer argumentierte, Frage 8 sei von ihm richtig beantwortet worden, da sie so zu verstehen sei, ob dauerhafte psychische Beeinträchtigungen vorliegen. Frage 10 wiederum sei viel zu weit gefasst und überdies nicht falsch beantwortet worden, weil die Rückenbeschwerden ohne Befund geblieben und daher belanglos gewesen seien.

Oberlandesgericht: Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen war arglistige Täuschung

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden hatte der Mann damit keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass er die Versicherung arglistig getäuscht habe, indem er die Fragen 8, 10 und 11 im Versicherungsvertrag objektiv falsch beantwortet habe.

Die Frage 10 habe der Mann objektiv falsch beantwortet, denn er habe einfache Behandlungen unabhängig von ihrem Ergebnis nicht angegeben. Bei dieser Frage handele es sich auch nicht um eine unzulässige Globalfrage.

Keine unzulässige Globalfrage der Versicherung nach Gesundheitszustand

Ein gewisser Abstraktionsgrad bei den Fragen der Versicherung sei unvermeidlich, um die relevanten Gefahrenumstände zu erfragen.

Zudem sei die Falschbeantwortung der Frage 10 auch relevant, weil die vom Kläger verschwiegenen Umstände jedenfalls nicht von vornherein von ihm als belanglos einzustufen waren.

Fazit:

Die wirksame Anfechtung des Vertrags durch die Versicherung hat zur Folge, dass der Versicherungsvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist (§ 142 BGB). Der Kläger kann daher keine Rechte mehr aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag herleiten.

(OLG Dresden, Urteil v. 10.10.2023, 4 U 789/23)