Haftung bei Entwendung der Kreditkarte

Die Rechtslage zur Haftung bei der Entwendung von Kredit- und EC-Karten ist unübersichtlich. Ob der Kreditkarteninhaber in die Röhre schaut, hängt vor allem von seinem persönlichen Verhalten und von der Beweislast ab.

Die Kundin eines Supermarktes bewahrte die ihr und ihrem Ehemann gehörende EC-Karte in einem Geldbeutel in ihrer Handtasche auf. An der Kasse bemerkte sie, dass sie bestohlen worden war. Sie meldete den Verlust sofort telefonisch und ließ die EC-Karte sperren. Dies konnte aber nicht verhindern, dass ein Unbekannter bereits über  1.000 EUR mittels der Karte unter Verwendung der richtigen PIN abgehoben hatte. Die kontoführende Bank wollte den Verlust nicht ersetzen. Sie behauptete, die Kundin habe die Karte mit der PIN zusammen aufbewahrt. Das AG gab der Bank Recht und ließ das Ehepaar auf seinem Schaden sitzen.

Beweis des ersten Anscheins spricht gegen die Kundin

Entscheidend für das  AG  war der Umstand, dass die Abhebung durch den Unbekannten sehr kurze Zeit nach dem Diebstahl unter Verwendung der richtigen PIN erfolgt war. Nach Auffassung  des AG sprach dies dafür, dass die Klägerin  entweder ihre PIN zusammen mit der  Karte aufbewahrt oder diese sogar  auf der Karte notiert hatte (was nicht selten ist). Es sei nicht ersichtlich, wie der Dieb sonst so schnell an die richtige PIN gekommen sein sollte. Auch eine vorherige Ausspähung  sei unwahrscheinlich, denn die EC-Karte sei ca. 1 Jahr vor dem Diebstahl nicht genutzt worden, wie also hätte ein Dieb die PIN ausspähen sollen.

Anschein muss widerlegt werden

Unter  diesen Umständen hätte die Klägerin nach Auffassung des AG konkrete Umstände darlegen und unter Beweis stellen müssen, die einen anderen Geschehensablauf plausibel gemacht und den gegen die Klägerin sprechenden Beweis des ersten Anscheins widerlegt hätten. Die pauschale Behauptung, das Sicherheitssystem der Bank  sei unzureichend, sei zur Widerlegung des für die Klägerin ungünstigen  Anscheins nicht geeignet.

BGH-Rechtsprechung

Die Entscheidung des AG entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 5.10.2004, XI ZR 210/03), der allerdings auch eine Berücksichtigung des sich verändernden Verhaltens von Trickbetrügern verlangt. So sei insbesondere im Falle des „Skimmings“ - das ist das Kopieren von  Kreditkarten -, der Beweis des ersten Anscheins nicht gültig, da es sich nicht um einen typischen Geschehensablauf handle (BGH, Urteil v. 29.11.2011, XI ZR 370/11). In diesen Fällen müsse die Bank beweisen, dass die Originalkarte eingesetzt worden sei, um dem  Anscheinsbeweis wieder zur Geltung zu verhelfen. Im Ergebnis sind zur Beurteilung der Einstandspflicht der Bank also immer die gesamten Begleitumstände einschließlich des Verhaltens der Geschädigten zu bewerten.

(AG München, Urteil v. 28.9.2011, 233 C 3757/11)

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