HR-Prozesse sind wenig wertschöpfend und Personaler einfallslos: Diese Vorurteile konnte das Event "Wetten gegen den Fachkräftemangel" widerlegen. Fünf junge HRler stellten Konzepte aus Recruiting und Personalmarketing vor, wie HR mit guten Ideen und wenig Geld eine große Wirkung erzielen kann.

"Wetten gegen den Fachkräftemangel": Das war das Motto des diesjährigen HR-Networking-Event "Personalmarketing 2 Null & Friends", zu dem der Blogger und Berater Henner Knabenreich wieder Personaler und andere HR-Interessierte nach Wiesbaden eingeladen hatte. Das vorwiegend junge Publikum traf sich dort im "Heimathafen", einem hippen Café mit angegliedertem Co-Working-Space.

Henner Knabenreich Heimathafen Wiesbaden

Knabenreich hatte sich für sein Event etwas Besonderes einfallen lassen: Er präsentierte die "Wetten gegen den Fachkräftemangel" als HR-Version des Show-Klassikers "Wetten dass". Vorab hatten Personaler Wetten einreichen können, unter denen Knabenreich die spannendsten auswählte. Fünf Personaler traten dann Ende Mai in Wiesbaden bei "Wetten gegen den Fachkräftemangel" an und stellten ihre Wetten dem Publikum vor.

Recruiting ohne Budget

Gleich der erste Kandidat konnte das Publikum mit seiner Wette überzeugen: Marcel Rütten, Personalreferent bei der Kindernothilfe, "Personalmarketing-Innovator 2017" und Finalist beim "HR Next Generation Award 2016", hatte gewettet, dass er seine Zielgruppe ohne Budget rekrutieren kann.

Wie ihm das gelingt, konnte er mit einem eindrucksvollen Best-Practice-Beispiel belegen: Er hat bei der Kindernothilfe ein großes Alumni-Netzwerk mit ehemaligen Praktikanten aufgebaut. Wird eine Stelle vakant, sucht er dort passende Kandidaten – und kann sich sicher sein, dass deren Eignung und Cultural Fit für die Stelle stimmen. (Mehr zum Alumni-Netzwerk der Kindernothilfe lesen Sie hier.

Ein Interview mit Marcel Rütten über sein Cultural-Fit-Recruiting finden Sie hier.)

Marcel Rütten, Kindernothilfe

Dass er mit dieser Strategie richtig fährt, konnte Rütten auch mit Kennzahlen belegen: Die "Conversion Rate" – also das Verhältnis von Einstellungen zur Zahl der eingegangenen Bewerbungen – liege bei der Kindernothilfe bei 22 Prozent. Inzwischen sei jeder fünfte Mitarbeiter ein ehemaliger Praktikant, berichtete Rütten – und bewies damit, dass Personaler durchaus auch ohne Budget eine hohe Wertschöpfung erbringen und ihre HR-Prozesse mit guten Ideen effizient gestalten können.

Personalmarketing mit Agenturbildern

Weniger gut gestaltet waren hingegen die Karrierewebsites, die bei der zweiten Wette die Hauptrolle spielten: Maren Kaspers von Medimax und Melanie Berthold von Rewe wetteten, dass sie anhand von ausgewählten Agenturfotos erkennen können, welche Unternehmen sich damit im Internet schmücken.

Inspiriert hatte Kaspers und Berthold die Tatsache, dass viele Personaler bei der Bebilderung von Karrieresites nach wie vor lieber auf Fotos von Bildagenturen setzen als auf authentische Mitarbeiterfotos. Das kritisieren Personalmarketing-Experten wie Veranstalter Knabenreich regelmäßig: Will ein Arbeitgeber sich auf seiner Karrieresite als authentisch und unverwechselbar darstellen, so das Argument, müsse er dazu auch authentische, unverwechselbare Fotos nutzen.

Maren Kaspers, Rewe

Wie austauschbar diese Agenturbilder tatsächlich sein können, zeigte sich auch bei "Wetten gegen den Fachkräftemangel": Die Kandidatinnen mussten sich bei ihrer Live-Wette sehr anstrengen, das richtige Unternehmen zum Agenturbild zu erraten; an einem Bild scheiterten sie. Am Ende gelang ihn aber das fast Unmögliche und sie konnten ihre Wette ebenfalls gewinnen – und das als einziges Wett-Team des Abends, das seine Wette live vor dem Publikum vorführte.

Employer Branding über Tinder

Mehr Kreativität als die Schöpfer der vorher gezeigten Karriereseiten bewiesen im Anschluss die beiden Wettkandidaten Jan Hawliczek und Tobias Ortner von BBFT: Sie berichteten von ihrer Idee, die Dating-App Tinder im Personalmarketing einzusetzen. Sie erläuterten, wie sie dabei vorgegangen waren: Zunächst hatten sie sich zum Feldversuch selbst auf Tinder angemeldet und versucht herauszufinden, nach welchen Prinzipien der Algorithmus der App potenzielle Partner matcht. Als sie das verstanden hatten, legten Hawliczek und Ortner auf Tinder ein fiktives Profil an und versuchten mit lockeren Sprüchen Softwareentwickler auf sich aufmerksam zu machen. (Mehr über die Employer-Branding-Aktion auf Tinder lesen Sie hier. )

Jan Hawliczek, Tobias Ortner, Grüne 3

Über ihr Tinder-Experiment seien sie mit zahlreichen Entwicklern in Kontakt gekommen und hätten viele positive Rückmeldungen bekommen, resümierten die beiden Wettkandidaten. Rund 100 Bewerbungen seien dadurch hereingekommen – allerdings hätten sie keinen dieser Bewerber eingestellt, berichteten Hawliczek und Ortner. Die Zuschauer sahen es ihnen nach, zeigten sich von der kreativen Aktion begeistert – und kürten die Beiden zu den Wettkönigen des Abends.

Personaler singen Karaoke

Wie beim Vorbild "Wetten dass" durfte abschließend auch die Auflösung der Saalwette nicht fehlen: Showmaster Knabenreich hatte zu Beginn gewettet, dass er es schaffen würde, 15 Personaler aus dem Publikum auf die Bühne zu bekommen, die bereit waren, mit der Showband Karaoke zu singen.

Auch diese Wette wurde gewonnen – und die Personaler im Publikum erbrachten damit einen weiteren Beweis dafür, dass HR alles andere als langweilig und einfallslos ist.

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