Zusammenfassung

 
Überblick

Die Heimarbeit ist ökonomisch angesiedelt zwischen der Selbstständigkeit eines Gewerbetreibenden bzw. Freiberuflers und der weisungsgebundenen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers. Für Heimarbeiter, Hausgewerbetreibende und Gleichgestellte ist charakteristisch, dass sie als Selbstständige tätig sind und nicht im Betrieb des Auftraggebers tätig werden, ihre Leistung nicht in persönlicher Abhängigkeit erbringen und nicht dessen Direktionsrecht unterliegen. Es handelt sich um arbeitnehmerähnliche Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit eines besonderen Schutzes bedürfen. Das Heimarbeitsgesetz (HAG) enthält spezielle Vorschriften zum Arbeits-, Gefahren-, Entgelt- und Kündigungsschutz dieser Beschäftigtengruppe. Darüber hinaus sind zahlreiche arbeitsrechtliche Normen auf die Heimarbeit entsprechend anwendbar. Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt wird Gestaltungen von Beschäftigungsverhältnissen als Heimarbeit zukünftig in wachsendem Maße fördern (als "mobile office", "Crowdworking" o. ä.). In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erkennen, dass die Heimarbeit nicht auf einfache, insbesondere gewerbliche Tätigkeiten beschränkt ist.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen zur Heimarbeit gibt es in Deutschland seit über 100 Jahren. Zentrale Schutzvorschriften für die in Heimarbeit Beschäftigten enthält das Heimarbeitsgesetz.[1] Das Gesetz enthält wichtige Begriffsbestimmungen, umfangreiche Informations- und Dokumentationspflichten der Personen, die Heimarbeit ausgeben, sowie Vorschriften zum Schutz der Heimarbeit Leistenden. Ergänzende Bestimmungen enthält die Erste Rechtsverordnung zur Durchführung des Heimarbeitsgesetzes.[2] Die Schutzvorschriften des HAG sind zwingendes Gesetzesrecht und können nicht zulasten der in Heimarbeit Beschäftigten abbedungen werden.[3] Soweit arbeitsrechtliche Gesetze auch auf in Heimarbeit Beschäftigte anwendbar sind, enthalten sie hierzu eine ausdrückliche Bestimmung, z. B. § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG, § 5 Nr. 6 EntgTranspG, §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 12 BUrlG, §§ 1 Abs. 1, 10 EFZG, §§ 1 Abs. 2 Nr. 6, 2 Abs. 3 Satz 2 MuSchG, §§ 20, 18 BEEG, § 7 Abs. 1 Nr. 3 PflegZG, § 210 SGB IX, § 1 Abs. 1 JArbSchG, § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG.

[1] Heimarbeitsgesetz (HAG) v. 14.3.1951, BGBl. 1951 I S. 191, zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 16.9.2022, BGBl. I S. 1454.
[2] 1. RVO zur DV des HeimarbeitsG (HAGDV 1) v. 9.8.1951, BGBl. 1951 I S. 511, in der Fassung der Bekanntmachung v. 27.1.1976, BGBl. 1976 I S. 221, zuletzt geändert durch Art. 435 der Verordnung vom 31.10.2006, BGBl. I, S. 2407.

1 Allgemeine Vorschriften/Begriffsbestimmungen

Zu den in Heimarbeit Beschäftigten zählen Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende.

Heimarbeiter ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 HAG, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigene Wohnung oder selbstgewählte Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet[1], jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem Auftrag gebenden Gewerbetreibenden überlässt: Der Heimarbeiter trägt kein Absatzrisiko im Hinblick auf die wirtschaftliche Verwertung seiner Arbeitsergebnisse.[2] Ein Heimarbeitsverhältnis liegt nur vor, wenn ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Anders als bei der persönlichen Abhängigkeit der Arbeitnehmer knüpft das Schutzkonzept des HAG an die wirtschaftliche Abhängigkeit der Heimarbeiter und Hausgewerbetreibenden vom Unternehmer an. Vor diesem Hintergrund bedürfen Heimarbeitnehmer und Hausgewerbetreibende ebenfalls eines besonderen rechtlichen und sozialen Schutzes. Dies rechtfertigt die weitgehende Gleichstellung mit den Arbeitnehmern und ihre Qualifizierung als arbeitnehmerähnliche Personen.[3] Die Beurteilung der wirtschaftlichen Abhängigkeit hängt von der Zahl der fremden Hilfskräfte,[4] der Abhängigkeit von einem oder mehreren Auftraggebern, der Möglichkeit des unmittelbaren Zugangs zum Absatzmarkt, der Höhe und der Art der Eigeninvestitionen sowie des Umsatzes ab.

In (negativer) Abgrenzung zum Arbeitnehmerbegriff (vgl. § 611a Abs. 1 BGB) sind Heimarbeiter persönlich selbstständig, keinem umfassenden Weisungsrecht des Auftraggebers i. S. d. § 106 GewO unterworfen, nicht in dessen Arbeitsorganisation eingebunden und somit bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsmodalitäten weitgehend frei.[5]

Für die rechtliche Einordnung als Heimarbeiter entscheidend ist nicht die formelle Bezeichnung der Vertragsparteien, sondern der Inhalt und die praktische Durchführung des Rechtsverhältnisses im Einzelfall.[6] Erforderlich ist in jedem Fall eine auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage sowie der Auftrag eines Gewerbetreibenden oder Zwischenmeisters.[7]

Die Abgrenzung zur Tele(heim)arbeit bzw. zu Homeoffice-Arbeitsplätzen und freien Mitarbeitern, die ihre Tätigkeit im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen erbringen, ist fließend. Grundsätzlich können auch sämtliche Formen freier ...

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