Vorsicht bei vorzeitiger Übertragung des geerbten Eigenheims

Ein geerbtes Familienheim muss selbst genutzt werden und 10 Jahre im eigenen Besitz bleiben, um die Steuerbefreiung zu behalten.

Vorzeitige Übertragung einer geerbten Immobilie kann nachträglich Erbschaftsteuer auslösen

Wer die Immobilie vorzeitig überträgt, muss die darauf entfallende Erbschaftssteuer nachträglich zahlen. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Nutzung des Eigenheims bestehen bleibt.

Steuerfrei erben – das wünschen sich die meisten, die Immobilien oder andere Wertgegenstände vom Partner, den Eltern oder anderen Erblassern erwarten. Nicht umsonst lassen sich auch viele Menschen, die ein Vermögen weiterzugeben haben, bei der Testamentsgestaltung ausführlich beraten. So können sie sicherstellen, die möglichen Freibeträge optimal auszuschöpfen. Je nach Grad der Verwandtschaft liegen diese immerhin zwischen 100.000 EUR und 500.000 EUR. Wer das Familienheim erbt, profitiert sogar von einer besonderen Regelung: Nutzt er die Immobilie selbst über einen Zeitraum von zehn Jahren, bleibt dieses Erbe steuerfrei. Allerdings sind dafür ein paar Voraussetzungen zu erfüllen.

Ein Nießbrauchsvorbehalt rettet die Steuerbefreiung nicht

Wie streng die Vorgaben sind, musste eine Erbin erfahren, die von ihrem verstorbenen Ehemann den Miteigentumsanteil am Familienheim erbte. Dieses bisher gemeinsam genutzte Haus bewohnte sie nach dem Tod ihres Partners alleine. Ihr Finanzamt gewährte ihr entsprechend die Steuerbefreiung. Etwa eineinhalb Jahre später entschied sie, das Eigenheim unentgeltlich und unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs auf ihre Tochter zu übertragen. Daraufhin änderte das zuständige Finanzamt die Erbschaftsteuer-Festsetzung und nahm die Steuerbefreiung zurück. Auch das Finanzgericht Münster wertete im Anschluss die Eigentumsübertragung als steuerschädlich und wies die Klage der Frau ab.

Diese Entscheidung bestätigte jetzt auch der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil v. 11.7.2019, II R 38/16). Begründet wird die enge Auslegung mit dem Zweck, den der Gesetzgeber mit dieser Regelung verbindet. Dieser liegt darin, die Substanz des Immobilienvermögens innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft – oder wenn die Kinder erben, innerhalb der Familie – zu erhalten. Bei einer Übertragung des Eigentums vor Ablauf des 10-Jahres-Zeitraums wäre dies jedoch nicht gewährleistet.

Strenge Auslegung soll für Gleichbehandlung sorgen

Mit der strengen Auslegung der Regelung soll außerdem sichergestellt werden, dass ähnliche Sachverhalte nicht zu einer unterschiedlichen Besteuerung führen. Gewährt nämlich der Erblasser seinem Partner lebenslangen Nießbrauch in Form eines Vermächtnisses und setzt sein Kind als Erben ein, kommt keiner der beiden in den Genuss der Steuerbefreiung. Das Gleiche gilt, wenn das Erbe mit der Auflage an den überlebenden Ehegatten verbunden ist, das Eigentum unter Nutzungsvorbehalt auf ein Kind zu übertragen. Ebenso ist es, wenn der Nachlass in der Form geteilt wird, dass das Kind Eigentümer und der Ehepartner Nutzer ist.

In allen drei Beispielfällen wären Eigentümer und Nutzer unterschiedliche Personen. Genau auf die eigene Nutzung über den Zeitraum von 10 Jahren kommt es aber an. Eine Ausnahme davon bilden nur zwingende Gründe, die den Erben an der eigenen Nutzung zu Wohnzwecken hindern. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Umzug ins Pflegeheim notwendig würde. Welche weiteren zwingenden Gründe in Frage kommen könnten, ist bis heute nicht abschließend vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung geklärt. Ein beruflich bedingter Umzug zählt allerdings nicht dazu.

Praxis-Tipp: Was Erben außerdem beachten müssen, um die Steuerbefreiung nicht zu verlieren

Neben der Voraussetzung der eigenen Nutzung über einen Zeitraum von 10 Jahren, müssen Erben zusätzlich Folgendes beachten: Sie müssen die Immobilie unverzüglich nutzen. Konkret bedeutet unverzüglich „ohne schuldhaftes Verzögern“. Als angemessen betrachtet der BFH hier einen Zeitraum von 6 Monaten. Ist der Zeitraum länger, gewährt das Finanzamt die Steuerbefreiung nur, wenn der Erbe die Gründe für den verspäteten Einzug nicht zu vertreten hat. Die verantwortlichen Gründe muss er dem Finanzamt dann aber glaubhaft erklären können. Zusätzlich muss er belegen können, wann der Entschluss zur Selbstnutzung des ererbten Familienheims gefallen ist.

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