Leitsatz (amtlich)

Eine Aktiengesellschaft darf in der Handelsbilanz ihre Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft grundsätzlich wie eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bilanzieren und bewerten. Sie braucht dann Verluste der Personengesellschaft nur zu berücksichtigen, wenn der Wert der Beteiligung unter den Buchwert gesunken ist oder eine Verpflichtung zum Ausgleich besteht.

 

Normenkette

KStG § 19 Abs. 3, § 6 Abs. 1 S. 2; AktG §§ 151, 153-154

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, war in den Streitjahren 1968 und 1969 Kommanditistin einer Berliner KG (KG). Diese wies in den Streitjahren Verluste aus, die auf Sonderabschreibungen nach § 14 des Berlinhilfegesetzes vom 1. Oktober 1968 (BHG 1968) beruhten. Die Klägerin berücksichtigte die auf sie entfallenden Verlustanteile in ihrer Steuerbilanz, nicht dagegen in ihrer Handelsbilanz.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) übernahm die Verlustanteile auch in die Handelsbilanz der Klägerin mit folgenden Auswirkungen:

1. Der Bilanzgewinn der Klägerin und damit auch die berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen wurden vermindert.

2. Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters der Klägerin, der zugleich beherrschender Aktionär der Klägerin war, wurden nur zum Teil als Betriebsausgaben anerkannt. Der andere Teil wurde als verdeckte Gewinnausschüttung der Klägerin behandelt.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das FG, dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 1973 S. 470 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Verlustanteile der Klägerin aus der KG könnten in der Handelsbilanz der Klägerin nicht anders behandelt werden als in der Steuerbilanz der Klägerin. Dabei handle es sich nicht in erster Linie um eine Frage der Bewertung der Beteiligung der Klägerin an der KG, sondern um eine Frage der buchmäßigen Erfassung von Geschäftsvorfällen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der Verletzung der §§ 19 Abs. 3 KStG 149, 153 bis 156 des AktG gerügt wird. Im einzelnen führt die Klägerin aus: Steuerrechtlich sei die Beteiligung kein einheitliches Wirtschaftsgut, sondern lediglich der Anteil am Gewerbebetrieb der KG, der in der Steuerbilanz unter Bindung an die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung anzusetzen sei. Handelsrechtlich sei dagegen die Beteiligung an der KG als einheitliches und selbständiges Wirtschaftsgut zu beurteilen, das nach den aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften zu bilanzieren sei. Danach sei die Beteiligung mit den Anschaffungskosten, vermindert um Abschreibungen oder Wertberichtigungen anzusetzen. Abschreibungen kämen nur in Betracht, wenn der Wert der Beteiligung - z. B. durch Verluste der KG - gesunken sei.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das FA darf die berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen der Klägerin in den Streitjahren nicht kürzen und bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin keine verdeckten Gewinnausschüttungen an den stillen Gesellschafter hinzurechnen (§ 19 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).

1. Berücksichtigungsfähige Ausschüttungen

Berücksichtigungsfähige Ausschüttungen sind Gewinnausschüttungen, die aufgrund eines den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses vorgenommen werden (§ 19 Abs. 3 KStG). In dieser Vorschrift liegt, wie der BFH mehrfach entschieden hat, eine Verweisung auf das Handelsrecht. Zu prüfen ist daher, ob der die Ausschüttung bestimmende Gewinnverteilungsbeschluß gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht, d. h. handelsrechtlich weder nichtig noch nach Anfechtung für nichtig erklärt noch eine etwa gegebene Nichtigkeit geheilt worden ist (BFH-Urteil vom 18. November 1970 I R 88/69, BFHE 100, 400, BStBl II 1971, 73).

Die Tatsache, daß die Klägerin in den Jahresbeschlüssen für die Streitjahre die Verlustzuweisungen der KG nicht berücksichtigt hat, führt nicht zur Nichtigkeit der Gewinnverteilungsbeschlüsse, die das FA - wäre sie gegeben gewesen - rechtzeitig vor der Heilung der Nichtigkeit geltend gemacht hätte (§ 256 Abs. 6, § 253 Abs. 1 Satz 2 AktG). Ein Gewinnverteilungsbeschluß ist nichtig, wenn der Jahresabschluß, auf dem er beruht, nichtig ist (§ 253 AktG). Ein Jahresabschluß ist - von anderen hier nicht zu prüfenden Fällen abgesehen - nichtig, wenn Posten überbewertet sind (§ 256 Abs. 5 Nr. 1 AktG). Das wäre hier der Fall, wenn die Klägerin die Verlustzuweisungen der KG bei der Bewertung ihrer Beteiligung an der KG hätte berücksichtigen müssen.

Dazu war sie jedoch nicht verpflichtet. Die Handelsbilanz und die Steuerbilanz können in der Bilanzierung und Bewertung der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personenhandelsgesellschaft verschiedene Wege gehen. Für die ertragsteuerrechtliche Gewinnermittlung hat der Posten Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft keine selbständige Bedeutung. Die gewerblichen Einkünfte der Kapitalgesellschaft in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der Personenhandelsgesellschaft (§ 15 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) sind durch einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der Personenhandelsgesellschaft zu ermitteln (§§ 215, 216 AO). Der festgestellte Gewinn oder Verlust ist dem Körperschaftsteuerbescheid der Kapitalgesellschaft zugrunde zu legen (§ 218 Abs. 2 AO). Daneben ist z. B. für eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert kein Raum (Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs vom 7. Dezember 1949 I 18/48, StuW 1950 Nr. 41).

Diese Rechtslage hat das FG zu Unrecht auf die Handelsbilanz übertragen. Handelsrechtlich ist die Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft eine Beteiligung i. S. des § 151 Abs. 1 Aktivseite II B Nr. 1 AktG (Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., Bd. 1, § 151 Tz. 90) und damit ein selbständiger und einheitlicher Vermögensgegenstand. Wenn auch die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, sind sie doch aufgrund der inneren Verbundenheit ihrer Gesellschafter in einer Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 719 BGB) und aufgrund ihrer Fähigkeit, nach außen als Einheit aufzutreten (§§ 124, 161 Abs. 2 HGB), den juristischen Personen angenähert. Daher ist die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personenhandelsgesellschaft nicht als gesamthänderisches Miteigentum an den einzelnen Vermögensgegenständen der Personenhandelsgesellschaft, sondern als Beteiligung auszuweisen (Adler-Düring-Schmaltz, a. a. O., § 151 Tz. 91).

Für die Bewertung dieser Beteiligung gelten die §§ 153, 154 AktG. Die Beteiligung ist mit den Anschaffungskosten vermindert um Abschreibungen oder Wertberichtigungen anzusetzen. Der Wertansatz kann sich erhöhen durch weitere Einlagen bei der Personenhandelsgesellschaft. Dazu können auch Gewinnanteile verwendet werden. Der Wertansatz der Beteiligung kann sich vermindern durch außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren Zeitwert (§ 154 Abs. 2 AktG). Verluste der Personenhandelsgesellschaft können solche Abschreibungen rechtfertigen. Ist das nicht der Fall, weil z. B. der Wert der Beteiligung trotz der Verluste nicht unter den Buchwert gesunken ist, bleiben die Verlustanteile ohne Auswirkung auf den Posten Beteiligung. Sie führen allerdings zum Ansatz einer Verbindlichkeit oder Rückstellung, wenn die Kapitalgesellschaft zum Ausgleich der Verluste verpflichtet ist.

Neben dieser Auffassung findet sich auch die Ansicht, der Posten Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft sei auch in der Handelsbilanz als Spiegelbild des Kapitalkontos mit allen Veränderungen durch Gewinn- und Verlustzuweisungen zu bilanzieren. Der Senat braucht nicht abschließend zu prüfen, ob auch diese Methode in ihrer reinen oder in einer abgeschwächten Form (vgl. Wirtschaftsprüfung 1975 S. 327) den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung und den besonderen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes entspricht (vgl. auch BFH-Urteil vom 28. Januar 1975 I R 106/73, BFHE 115, 271, BStBl II 1975, 516). Er hält jedenfalls auch die zuerst dargestellte Methode, die die Klägerin angewandt hat und die auch von Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff (Aktiengesetz, § 152 Tz. 17) und Saur-Althaus (Die Wirtschaftsprüfung 1971 S. 1) empfohlen wird, für zulässig.

Das BFH-Urteil vom 30. September 1964 I 231, 232/62 U, (BFHE 81, 151, BStBl III 1965, 54), auf das sich das FG beruft, hat die Hereinnahme des Ertrags aus der Beteiligung einer GmbH an einer GmbH & Co. KG als "laufenden Geschäftsvorfall" bezeichnet. Diese Bemerkung betrifft jedoch die steuerrechtliche Zurechnung des Ertrags aus der Beteiligung und enthält keine Aussage über die Behandlung von Verlustzuweisungen in der Handelsbilanz.

Auf den Streitfall angewandt bedeuten diese Grundsätze, daß die Handelsbilanzen der Klägerin nicht deshalb unrichtig waren, weil die Verlustzuweisungen der KG nicht berücksichtigt wurden. Diese Verlustzuweisungen beruhten nach den Feststellungen des FG auf Sonderabschreibungen der KG nach § 14 BHG 1968. Diese haben ihre Ursache nicht in Wertminderungen bei Vermögensgegenständen der KG. Sie rechtfertigen daher auch nicht die Annahme einer Wertminderung der Beteiligung der Klägerin an der KG.

Bei dieser Rechtslage braucht der Senat nicht zu prüfen, ob steuerrechtliche Sonderabschreibungen voraussetzen, daß diese Abschreibungen auch in der Handelsbilanz vorgenommen und nicht durch spätere Zuschreibungen wieder rückgängig gemacht werden (vgl. Bordewin, Der Betriebs-Berater 1974 S. 1432). Denn nicht die Klägerin, sondern die KG hat die Sonderabschreibungen vorgenommen, die aufgeworfene Frage ist daher nicht für die Handelsbilanz der Klägerin, sondern für die Handelsbilanz der KG zu prüfen.

2. Verdeckte Gewinnausschüttungen

Aus den gleichen Gründen hat die Klägerin auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen an den stillen Gesellschafter dadurch vorgenommen, daß sie dessen Gewinnanteile nach ihren festgestellten und geprüften Handelsbilanzen berechnet hat. Denn diese Berechnung ist nach den Feststellungen des FG im Vertrag über die stille Beteiligung vereinbart. Die Vergütung der Gewinnanteile nach den festgestellten und geprüften Handelsbilanzen der Klägerin hatte somit ihre Ursache nicht in der Eigenschaft des stillen Gesellschafters als Aktionär der Klägerin und ist daher keine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG). Wenn es in dem Vertrag über die stille Beteiligung heißt. "Steuerlich zulässige Ergebnisminderungen sind vorzunehmen". so sieht der Senat in diesem Satz einen Hinweis auf § 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 155 Abs. 3 Nr. 2 AktG. Danach dürfen Abschreibungen auch vorgenommen werden, soweit sie steuerrechtlich zulässig sind. Das Aktiengesetz will damit den Gesellschaften die Inanspruchnahme der steuerrechtlichen Vergünstigungen durch Sonderabschreibungen ermöglichen. Im Streitfall hat jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht die Klägerin, sondern die KG die Sonderabschreibungen nach § 14 BHG 1968 in Anspruch genommen.

Ob der erwähnte Satz über die Pflicht zur Vornahme steuerrechtlich zulässiger Ergebnisminderungen darüber hinaus Bedeutung hat, braucht der Senat nicht abschließend zu prüfen. Ihm kann jedenfalls nicht der Sinn beigelegt werden, daß auch die steuerrechtliche Behandlung der Beteiligung der Klägerin an der KG, wie sie durch § 15 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG, §§ 215, 216, 218 AO geboten ist, für die Zwecke der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters in die Handelsbilanz der Klägerin zu übernehmen sei.

Da es dem BFH als Revisionsgericht verwehrt ist, tatsächliche Feststellungen zu treffen (§ 118 Abs. 2 FGO) geht die Sache zur Berechnung der Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung dieses Urteils an das FG zurück.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71689

BStBl II 1976, 73

BFHE 1976, 30

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