OFD Berlin, 25.6.2003, St 179 - S 2280 - 4/03

Zu der Frage, wie sich die Gewährung einer Grundsicherungsleistung nach dem ab 1.1.2003 in Kraft getretenen Grundsicherungsgesetz an ein volljähriges behindertes Kind auf dessen steuerliche Berücksichtigung auswirkt, ist folgende Auffassung zu vertreten:

Ziel der Grundsicherung, die Personen ab dem 65. Lebensjahr und volljährigen, dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen bei Bedürftigkeit zusteht, ist es, den Leistungsbeziehern eine eigenständige Sicherung ihres Lebensunterhalts zu ermöglichen. Dabei wird grundsätzlich – anders als im Sozialrecht – auf einen Unterhaltsrückgriff zu Lasten Unterhaltsverpflichteter verzichtet. Die Grundsicherungsleistung entspricht der Höhe nach der Hilfe zum Lebensunterhalt in der Sozialhilfe; sie wird maximal für die Dauer eines Jahres gewährt. Nach Ablauf dieses Jahres ist ein erneuter Antrag erforderlich.

Wird das Kind durch die Gewährung der Grundsicherungsleistungen insgesamt in die Lage versetzt, seinen Lebensunterhalt einschließlich seines behinderungsbedingten Mehrbedarfs selbst zu bestreiten, so sind die Eltern nicht mehr durch die notwendige Unterhaltsgewährung an das Kind belastet und bedürfen folglich keiner kindbezogenen steuerlichen Entlastung mehr. Zur Prüfung der Frage, ob das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sind die dem Kind zur Verfügung stehenden Mittel einschließlich der Grundsicherungsleistung seinem gesamten notwendigen Lebensbedarf, bestehend aus allgemeinem Lebensbedarf (Grundbedarf) und individuellem behinderungsbedingten Mehrbedarf, gegenüberzustellen (vgl. H 180d EStR).

Ist einem Antrag auf Grundsicherungsleistungen bereits entsprochen worden, kann durch Rücknahme des Antrags in Bezug auf die steuerliche Kindberücksichtigung nicht der vorherige Rechtszustand hergestellt werden; ein solcher nachträglicher Verzicht ändert nichts an der grundsätzlichen Befähigung des Kindes, sich selbst zu unterhalten.

In Fällen, in denen der Leistungsträger der Grundsicherung ausnahmsweise Rückgriff auf die Eltern nimmt, weil deren Gesamteinkommen mindestens 100.000 Euro beträgt, steht den Eltern der Abzug ihrer Aufwendungen im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG offen.

Auch die Fälle, in denen ein Sozialleistungsträger das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 EStG auf sich überleitet, sind nicht anders zu sehen. Eine Gleichbehandlung mit den unbeachtlichen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil im Bereich der Grundsicherung die Bedürftigkeit der Eltern gerade nicht unterstellt werden kann und das Kindergeld hier regelmäßig nicht allein der Familienförderung dient.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3

EStG § 33a Abs. 1

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