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BFH Urteil vom 27.10.1993 - XI R 69/90 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Bereithaltung von Räumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden

 

Leitsatz (NV)

1. Im Unterschied zu einer auf Dauer angelegten und für einen dauernden Aufenthalt bestimmten Überlassung von Räumen ist eine Vermietung auf eine kurzfristige Beherbergung gerichtet, wenn sie nach der Absicht des Vermieters nicht länger als 6 Monate dauern soll.

2. Die Beurteilung dieser Absicht kann nur unter Heranziehung aller in Betracht zu ziehenden wesentlichen (objektiven) Anhaltspunkte getroffen werden.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermietete Zimmer an Obdachlose, zumeist auf unbestimmte Zeit. Die Sozialämter erklärten die Kostenübernahme. In jedem der relativ großen Wohnräume lebten durchschnittlich drei Personen. Die Mieter brachten im allgemeinen nur ihre persönliche Habe mit. Einige Mieter blieben nach Auslaufen der Sozialhilfe als Selbstzahler bei der Klägerin wohnen. Die Aufenthaltsdauer der einzelnen Mieter betrug zum Teil nur einige Wochen, zum Teil aber auch weit mehr als sechs Monate.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte die gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 beantragte Steuerfreiheit mit der Begründung, die Klägerin halte ihre Räume nur zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereit. Außerdem sei die Vermietung von Betten in Mehrbettzimmern keine Vermietung im Rechtssinne.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt:

Für die Abgrenzung zwischen einer längerfristigen Vermietung und einer kurzfristigen Beherbergung komme es auf die Absicht des Unternehmers an, die Räume entweder nur oder auch zur vorübergehenden Beherbergung Fremder bereitzuhalten oder die Räume längerfristig zu vermieten. Nach dem - u.a. durch Vernehmung einer Sachbearbeiterin des Sozialamts - ermittelten Sachverhalt, insbesondere bei der Art der Mieter (Obdachlosigkeit wegen Ehescheidung oder Arbeitslosigkeit), dem Motiv des Sozialamts (Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß) und der relativ großzügigen Belegung der Zimmer, habe die Klägerin eine längerfristige Vermietung beabsichtigt. Auf die tatsächliche Aufenthaltsdauer komme es nicht an. Die Entscheidung beruhe auf den Besonderheiten dieses Falls.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1980. Das FG habe nicht geprüft, ob die subjektiv erklärte Absicht der Klägerin mit den objektiven Gegebenheiten des Betriebs in Einklang zu bringen sei. Aus den objektiv festgestellten Gegegebenheiten (Unterbringung in Mehrbettzimmern; Abrechnung nach Tagessätzen; tatsächliche Anzahl von kurzfristigen Vermietungen, nach der Klageschrift in Höhe von unstreitig ca. 50 v.H.; Beherbergung von unterschiedlichen Personengruppen, z.B. Arbeitssuchende aus dem Bundesgebiet, bei denen eine kurzfristige Unterbringung eher die Regel als die Ausnahme gewesen sei - so die Klageschrift -; Organisation des Eingangs- und Verwaltungsbereichs durch einen fest angestellten Hausmeister) lasse sich eindeutig ableiten, daß die Klägerin sämtliche Räume wahlweise zur kurzfristigen Vermietung und nicht kurzfristigen Beherbergung habe bereithalten wollen und bereitgehalten habe.

Die Klägerin führt demgegenüber aus:

1. Eine fehlerhafte Anwendung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1980 liege nicht vor. Das FG weiche nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab. Vielmehr sei das FG der vom BFH in der Aussetzungssache vertretenen Rechtsauffassung gefolgt. Der BFH habe aber die Aussage der Sachbearbeiterin des Sozialamts nicht berücksichtigen können.

2. An der grundsätzlichen Absicht der Klägerin, die Räume langfristig zu vermieten, änderten auch nichts die vom FA in der Revisionsschrift vorgetragenen Gründe. Die vom FA angesprochene Abrechnung in Tagessätzen entspreche den internen Abrechnungsregeln des Sozialamtes, denen die Klägerin selbstredend entgegen gekommen sei. Der vom FA angeführte Vomhundertsatz (annähernd 50 v.H.) hinsichtlich der Mieter, die sich unter sechs Monaten in den klägerischen Räumen aufgehalten hätten, beziehe sich auf eine Aufstellung zum Stichtag 28. Februar 1985. Ein einziger Stichtag könne keine zutreffenden Aufschlüsse über die durchschnittliche Verweildauer geben. Nach Erfahrung der Klägerin habe die Verweildauer im Durchschnitt mehr als sechs Monate betragen, der Durchschnitt der Mieter sei sogar ein bis zwei Jahre geblieben. Die Absicht der Klägerin lasse sich auch daran erkennen, daß Mietverträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden seien. Die Beschäftigung eines Hausmeisters spreche nicht gegen die Absicht langfristiger Vermietung.

3. Der vom FG festgestellte Sachverhalt werde vom FA nicht angezweifelt und sei als bewiesen anzusehen. Die Klägerin habe langfristig vermieten wollen, was insbesondere auch aus der Einrichtung der Zimmer hervorgehe (festes Bett, Nachttisch, Kleiderschrank, Stühle, Tische). Doppelstockbetten seien nicht vorhanden gewesen. Auf diese Einrichtung und auf die Nichtvornahme von Umquartierungen habe das Sozialamt besonderen Wert gelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1980 ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Nicht befreit ist nach Satz 2 dieser Vorschrift hingegen die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Im Unterschied zu einer auf Dauer angelegten und für einen dauernden Aufenthalt bestimmten Überlassung von Räumen ist eine Vermietung auf eine kurzfristige Beherbergung gerichtet, wenn sie nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als 6 Monate dauern soll. Diese Zeitgrenze hat der V.Senat für die Vermietung von Abstellplätzen aufgestellt (vgl. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1991 V R 95/89, BFHE 166, 191, BStBl II 1992, 209, V R 46/88, BFHE 167, 200, BStBl II 1992, 368; vgl. ferner List, in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 12 Bemerkung 61; Abschn. 45 der Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 1992). Sie gilt nach Auffassung des Senats in gleicher Weise für die Beurteilung, ob die Räume zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehalten werden. Dabei kommt es nicht auf die tatsächliche Dauer der Vermietung an, sondern auf die aus den äußeren Umständen ableitbare Absicht des Vermieters (BFH-Urteile vom 20. April 1988 X R 5/82, BFHE 153, 451, BStBl II 1988, 795, und vom 13. September 1988 V R 46/83, BFHE 154, 280, BStBl II 1988, 1021). Bietet ein Unternehmer sämtliche Räume wahlweise zur lang- oder kurzfristigen Vermietung an, so besteht Steuerpflicht hinsichtlich sämtlicher Umsätze. Hält er hingegen nur einzelne bestimmte Räume zur kurzfristigen Vermietung bereit, so ist nur die Vermietung dieser Räume steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1989 V R 88/86, BFH/NV 1990, 810). Einer Vermietung von Räumen steht nicht entgegen, daß diese von mehreren Personen bewohnt werden. Entscheidend ist nur, daß der Bewohner einen bestimmten Raum (ggf. zusammen mit weiteren Personen) unter Ausschluß anderer benutzen darf.

2. Im Streitfall reicht der vom FG seiner Beurteilung zugrunde gelegte Sachverhalt nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob die Klägerin die Räume (auch) zur kurzfristigen Beherbergung bereit hielt. Das FG hat in erster Linie auf die Aussage der Sachbearbeiterin des Sozialamtes sowie die verbal geäußerte Absicht des Gesellschafters der Klägerin abgestellt. Die Aussage der Sachbearbeiterin läßt aber nicht erkennen, daß ihr die rechtliche Bedeutung des Merkmals der kurzfristigen Beherbergung, insbesondere der Sechsmonatszeitraum, bekannt war. Darüber hinaus hätte das FG aber auch weitere objektive Anhaltspunkte in die Beurteilung einfließen lassen müssen, wie z.B. die generelle Art des Unternehmens der Klägerin, den Gesamtumfang der Tätigkeit, die tatsächliche Dauer der Vermietungen (als eines aus einer Vielzahl von Indizien), den genauen Inhalt der Mietverträge, die Abrechnungsmodalitäten, andere in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärungen (z.B. Erklärungen gegenüber Behörden in Zusammenhang mit möglicher Zweckentfremdung von Wohnraum) oder auch der Schriftverkehr mit dem Sozialamt. Nur auf der Grundlage eines umfassend ermittelten Sachverhalts läßt sich die Absicht des Vermieters einwandfrei feststellen.

 

Fundstellen

BFH/NV 1994, 744

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